Gürtelrose erfordert eine frühzeitige und effiziente Therapie, um Folgeschäden abzuwenden beziehungsweise zu lindern. Dabei kommt häufig Zostex mit dem Wirkstoff Brivudin zum Einsatz. Momentan ist das Virostatikum gut verfügbar, jedoch mit einer horrenden Aufzahlung belegt. Die Krux: Keine der vier möglichen preiswerteren Alternativen ist aktuell beim Großhandel lieferbar. Patient:innen werden daher mit 70 Euro zur Kasse gebeten.
Dorothea Metzner, Inhaberin der Askanier-Apotheke in Hamburg, erlebte kürzlich einen solchen Fall: „Es war bereits Abend, als ein Patient mit einer Zostex-Verordnung zu uns in die Apotheke kam.“ Die Apothekerin bemerkte beim Einlesen des Rezeptes, dass der junge Mann eine Aufzahlung von 70 Euro leisten musste: „Ich habe nach den Alternativpräparaten geschaut. Für die Krankenkasse des Patienten gab es insgesamt vier Rabattpartner mit deutlich günstigeren Zuzahlungen.“ Das Problem: „Es war zu diesem Zeitpunkt keine der preiswerteren Alternativen verfügbar“, so die Apothekerin.
Abgeben können hätte sie beispielsweise Zostergalen 125 mg Tabletten: „Diese sind mit einer um 56 Euro geringeren Aufzahlung von 14 Euro belegt – aber nicht verfügbar.“ Der Hersteller beteuert zwar, vollumfänglich lieferfähig zu sein. Doch beim Großhandel ist auch aktuell keine Ware zu bekommen.
Außerdem wurde bei Metzner Brivudin von Aristo angezeigt, ebenfalls defekt. „Hier hätte der Patient noch knapp 30 Euro zugezahlt“, so die Inhaberin.
Weil am Abend der verschreibende Arzt nicht mehr erreichbar war, versuchte die Inhaberin sich noch anderweitig zu kümmern: „Ich habe mehrere Apotheken in der näheren Umgebung abtelefoniert. Niemand hatte Zostex – weder am Lager, noch konnte es durch die Kolleg:innen bestellt werden. Auch mit Alternativen sah es schlecht aus.“ Selbst die Eigeninitiative des Patienten brachte keinen Erfolg: „Er war zwischendurch draußen und telefonierte wohl auch auf der Suche nach preisgünstigeren Alternativen“, so die Apothekerin.
Neben Brivudin gebe es zwar noch den Wirkstoff Aciclovir, dieser habe jedoch die deutlich schlechtere Compliance: „Betroffene müssen Aciclovir etwa alle 4,5 Stunden regelmäßig einnehmen, auch nachts. Das erschwert in vielen Fällen eine konsequente Therapie“, so die Apothekerin. Bei Arzneimitteln wie Zostex habe es der oder die Erkrankte deutlich bequemer: „Einmal täglich eine Tablette einzunehmen, ist sehr gut umsetzbar.“
Die permanente Sparerei mache sie traurig: „Es wird runtergespart, dass die Festbeträge so weit sinken, dass die Herstellung unwirtschaftlich wird. Folglich ziehen viele Pharmaunternehmen ihre Produkte vom Markt zurück, wenn die Festbeträge unter den Herstellungsbeträgen liegen. Das ist auch im Fall Zostex das Problem.“
Weil der Leidensdruck durch die Gürtelrose-Erkrankung entsprechend groß war, nahm der Patient die hohe Zuzahlung schließlich in Kauf: „Er hatte keine Alternative, es musste zeitnah eine Therapie erfolgen. Er tat mir richtig leid. Ich habe ihm geraten, die Quittung bei seiner Krankenkasse einzureichen und auf Erstattung zu hoffen. Ob das funktioniert, kann ich nicht bestätigen“, so Metzner.
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