Die Großhändler haben im neuen Jahr viel vor: Sie wollen weiter an der Rabattschraube drehen und den Apothekern das Skonto kürzen oder ganz streichen. Zur Begründung der anrollenden Kürzungswelle wird gerne ein Gesetz bemüht, das es noch gar nicht gibt: das Antikorruptionsgesetz. Der Entwurf soll erst im Januar vorgestellt werden. Ob die Einkaufskonditionen der Apotheker überhaupt davon berührt sind, ist zum jetzigen Zeitpunkt daher vollkommen offen.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will sein Anti-Korruptionsgesetz im Januar vorstellen. Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD darauf verständigt, einen eigenen Straftatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen zu schaffen – subsumiert unter den bestehenden § 299 des Sozialgesetzbuches (StGB).
Laut den bisherigen Überlegungen aus den Bundesländern Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern sollen Verstöße gegen den neuen § 299a entsprechend bestraft werden – also mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, fünf in besonders schweren Fällen. Noch ist nichts verabschiedet, aber man kann davon ausgehen, dass es in diese Richtung gehen wird.
Schon einige Schritte voraus in diese Richtung sind einige Vertreter der Großhändler. Immer wieder wurde vom Außendienst der Versuch unternommen, Apothekern ihre Konditionen mit Verweis auf das Antikorruptionsgesetz zu kürzen. Mussten die Apotheker in den Verhandlungen bislang nur dazu stehen, dass sie zuerst auf ihre eigene Wirtschaftlichkeit schauen und dann auf die ihres Lieferanten, ging es plötzlich darum, den Außendienstler vermeintlich zu einer Straftat anzustiften – und sich selbst ebenfalls strafbar zu machen.
Niemand weiß, wie viele Apotheker sich davon schon haben beeindrucken lassen. Dass der Druck mit dem Näherrücken des Antikorruptionsgesetzes kleiner wird, ist aber nicht zu erwarten. Die argumentative Gemengelage ist für den Außendienst jedenfalls bequemer geworden.
Rechtlich ist die Lage keineswegs so klar wie vielfach dargestellt. Denn Wettbewerbsverstöße fallen beispielsweise nicht unter den heutigen Korruptionstatbestand. Dazu muss eine konkrete Unrechtsvereinbarung belegbar sein. Am Ende kommt es darauf an, wo der Gesetzgeber – und im zweiten Schritt die Gerichte – im neuen Sonderparagraphen für das Gesundheitswesen die Schnittmenge sehen zwischen „nur“ rechtwidrigen Vorgaben und Korruption.
In Sachen Skonti gibt es für beide Seiten Argumente: Für eine strenge Auslegung spricht, dass die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sehr rigide durchgesetzt wird. Umgehungsversuche wurden zumindest auf der Ebene der Endverbraucher untersagt – Rx-Boni in Apotheken sind nach der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte und einer zusätzliche Klarstellung durch den Gesetzgeber in jeder Form verboten.
Vor diesem Hintergrund könnten auch Skonti als unzulässige Preisvorteile gewertet werden. Hier gibt es wiederum zwei Positionen: Der Arzneimittelrechtexperte Dr. Elmar Mand etwa hält Skonti für unberechtigt, denen keine angemessen Gegenleistung gegenübersteht. „Unechte Skonti“ müssten aus seiner Sicht den Rabatten zugerechnet werden und diese Summe dürfte wiederum nicht den gesetzlich zulässigen Höchstrabatt überschreiten.
Sein Kollege Peter von Czettritz geht noch einen Schritt weiter: Für das Skonto habe der Gesetzgeber keine Ausnahme vorgesehen. Demnach dürfen Skonto und Rabatt zusammen nie über den Höchstzuschlag hinausgehen.
Auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber Skonti ausgeklammert, sofern das Verhältnis zwischen Hersteller und Großhändler berührt ist. Konsequenterweise müssten handelsübliche Skonti demnach auch auf der nächsten Handelsstufe erlaubt sein – also zwischen Großhändler und Apotheker.
Parallel gibt es einen juristischen Angriff auf das Skonto: Die Wettbewerbszentrale hat den Großhändler AEP wegen dessen Rabattmodell abgemahnt – ebenfalls mit Blick auf die Preisbindung. Der Großhandelsverband Phagro dementiert, hinter der Abmahnung zu stehen.
„Ungerechtfertigte Zuwendungen sollen künftig zum Straftatbestand werden. Das ist ein scharfes Schwert“, erklärt ein Großhandelschef, der namentlich nicht genannt werden will, den Vorstoß. „Da ist es wichtig, dass die Grenze vorher geklärt wird. Keiner der Verantwortlichen kann es sich leisten, seine Mitarbeiter, sich selbst und sein Unternehmen diesem Risiko auszusetzen.“
Den Großhändlern zufolge wurden Skonti über Jahre hinweg quasi als zusätzliche Rabatte aufgebaut und eingerechnet, gerade im OTC-Bereich und bei Reimporten. „Das ist kein großhandelsspezifisches Problem.“
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