Großhandel

Retouren: Die Anzahl entscheidet

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Berlin -

Großhändler dürfen aus Apotheken nur die Arzneimittel zurücknehmen, die sie auch ausgeliefert haben. Diese Vorgabe aus der EU wird inzwischen von den Aufsichtsbehörden umgesetzt und sorgt für reichlich Ärger unter den Großhändlern. Dabei kommt es aber offenbar nicht – wie vom Großhandel befürchtet – auf die konkrete Packung an, sondern auf die Bilanz.

In der EU-Richtlinie zur Guten Distributionspraxis (GDP) ist geregelt, dass Großhändler ihre Bestände an Arzneimitteln nur von Herstellern oder anderen Großhändlern beziehen dürfen. Aus Apotheken dürfen Großhändler daher auch nur die Arzneimittel zurücknehmen, die sie zuvor ausgeliefert haben.

Phagro-Vorstandsmitglied Lothar Jenne sieht die Vorgabe aus der EU kritisch. Er befürchtet, dass Großhändler künftig tatsächlich nur dieselben Packungen zurücknehmen dürften, die sie geliefert haben. Das sei aber kaum möglich, da die Packungen nicht gekennzeichnet und daher anonym seien – der Apotheker wisse im Zweifelsfall also gar nicht, ob er eine bestimmte Packung bei dem einen oder dem anderen Großhändler bezogen habe.

„Das stellt Apotheker und Großhändler vor ein unlösbares Problem“, so Jenne. Zwar variiere die Auslegung von Bundesland zu Bundesland und von Inspektor zu Inspektor. Das Problem sei aber bereits in verschiedenen Teilen Deutschlands aufgetaucht.

Zum Beispiel in Brandenburg: Dort hat das zuständige Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) der Noweda-Niederlassung in Mittenwalde bereits eine Ordnungsverfügung angedroht.

Einem Sprecher des Brandenburgischen Gesundheitsministeriums zufolge war dem LUGV bei Inspektionen verschiedener Pharmagroßhändler im vergangenen Jahr bekannt geworden, dass diese Arzneimittel von Apotheken bezogen, ohne diese zuvor ausgeliefert zu haben. Dabei handele es sich sowohl um Arzneimittel, die von einem anderen Großhändler stammten, als auch um Medikamente, die direkt beim Hersteller eingekauft und weiterveräußert wurden.

Aus Sicht des LUGV sind allerdings beide Vorgehensweisen nicht statthaft, wenn die Apotheke nicht über eine Großhandelserlaubnis verfügt. Zur Absicherung hat sich die Behörde an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gewandt, das im Januar ein Schreiben an alle Landesbehörden verschickte. Darin habe das BMG die rechtliche Auslegung des LUGV vollumfänglich bestätigt, so der Sprecher des brandenburgischen Ministeriums.

In seiner Stellungnahme führe das BMG aus, „dass die nur sehr eingeschränkt eingeräumten Möglichkeiten der Rücknahme vor dem Hintergrund zu sehen sind, dass hierdurch das Risiko von Arzneimittelfälschungen in der legalen Lieferkette reduziert werden soll“.

Daher solle ein Großhändler nur die von ihm zuvor ausgelieferten Arzneimittel auch wieder zurücknehmen können. Auf diese Weise könne im schlimmsten Fall maximal die gleiche Anzahl an zuvor von dem Großhandel ausgelieferten Arzneimittelpackungen in die legale Vertriebskette eingeschleust werden.

Auch Dr. Dieter Starke, Leiter der Expertenfachgruppe Großhandel/Arzneimittelvertrieb der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG), bestätigt, dass nicht die einzelne Packung, sondern die Anzahl entscheidend ist: „Es gibt derzeit keine Möglichkeit, die Einzelpackung zu identifizieren – es geht also um die Bilanz“, erklärt Starke. Tatsächlich dürften Großhändler oder Apotheken die Packungen gar nicht markieren: „Das wäre ein Kennzeichnungsvorgang, das darf auf keinen Fall passieren.“

Ziel der Regelung sei es auch, zu verhindern, dass Apotheken ohne Großhandelserlaubnis einen eigenen Großhandel aufbauten. Es habe bereits einige wenige Fälle gegeben, in denen Apotheken aus der Rückgabe von Packungen an andere Großhändler einen Handel gemacht hätten. „Im Regelfall werden aber nur einzelne Packungen zurückgegeben“, betont Starke.

Anders sieht die Sache womöglich aus, wenn die einzelnen Packungen durch Verifizierungssysteme wie Securpharm identifiziert werden können. Dabei generiert der Hersteller eine randomisierte Seriennummer, die in einem Datenbanksystem der pharmazeutischen Industrie gespeichert wird. Auf diese Weise sollen Fälschung in größerer Stückzahl ausgeschlossen werden. Ein Rückverfolgbarkeit soll es zwar nicht geben; der Großhandel könnte den Code aber beim Warenausgang protokollieren und bei Retouren abgleichen.

Aus Sicht der Noweda ist die Einschränkung von Retouren nicht akzeptabel. Das würde bedeuten, dass die Rückgabe nur noch mit Kopien von Lieferunterlagen oder der Angabe von Rechnungsnummern möglich sei. Die Genossenschaft legt die Vorgaben dahingehen aus, dass auch Arzneimittel zurückgenommen werden dürfen, die von einem anderen Großhandel an die Apotheke geliefert wurden. Daher will sich die Noweda – wenn erforderlich – auch gerichtlich gegen die behördliche Verfügung zur Wehr setzen.

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