Großhandel

Noweda kauft Bon-Daten von Apotheken

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Berlin -

Die Noweda ist an den Abverkaufsdaten ihrer Kunden interessiert. Die Apotheken sollen einer Tochterfirma des Großhändlers alle Bondaten, den Wareneingang und Retourenbestand sowie Lagerbestandsdaten schicken. Damit will die Noweda nach eigenen Angaben ihre Lieferfähigkeit erhöhen. Als Gegenleistung erhalten die Apotheken Informationen über ihre Mitbewerber.

Rund zwei Drittel der Apotheken nutzen bereits das internetbasierte Bestellverfahren MSV3. Das hat erhebliche Vorteile gegenüber Bestellungen über die Telefonleitung und dem alten Datenübertragungsstandard MSV2. Für die Großhändler bringe MSV3 jedoch einen großen Nachteil mit sich, beklagt die Noweda: Die Anfrage in der Bestandsanzeige löse für Artikel ohne Bestand keine Bestellung mehr aus. Für den Großhändler bleibt die Nachfrage damit unsichtbar. Betroffen sind insbesondere seltene Artikel und Neuerscheinungen.

Dieser Zustand ist laut Noweda mit der eigenen „Vollsortimenter-Strategie“ nicht zu vereinbaren. Und deshalb sollen die Mitglieder und Kunden jetzt bei der Optimierung der Lager helfen und ihre Abverkaufsdaten freigeben. Mit dem Vertrag ermächtigt der Apotheker sein Softwarehaus, die Daten der Warenwirtschaft an die Noweda-Tochter zu übermitteln – und zwar täglich. Nur die Kundendaten werden nicht freigegeben.

Um das Ganze datenschutzrechtlich sauber zu trennen, bekommt nicht die Noweda selbst die Daten, sondern das Tochterunternehmen Noweda ApothekenBeratung. Die Genossenschaft hatte sich vor einigen Jahren mit dem Unternehmensberater Simon Bücher aus Troisdorf zusammengetan, der sich seitdem um Marketingthemen kümmert. Der Großhändler verspricht, dass die Tochterfirma als eigenständiges Unternehmen agiert und die Daten „in höchstem Maße vertraulich“ behandelt: „Die Daten werden anonymisiert und auf Niederlassungsebene aggregiert.“ Mit dem Softwarehaus des Apothekers vereinbart die Noweda-Tochter ein Sicherheitskonzept.

Die Noweda will nach eigenen Angaben mithilfe der Daten das eigene Sortiment besser am Bedarf der Kunden ausrichten. Trotzdem weckt es natürlich bei Apothekern Misstrauen, wenn der eigene Großhändler plötzlich alle Kassenzahlen sowie Lager- und Retourendaten wissen möchte und sich darüber täglich mit dem EDV-Anbieter austauscht.

Der Wert solcher Informationen für einen Großhändler liegen auf der Hand: Sie gewähren einen deutlich genaueren Marktüberblick. Mit Einzeldaten aus der Apotheke ließe sich mittels gezielter Rabattangebote zudem das Bestellverhalten des Apothekers steuern, um zusätzliche Umsätze in die eigene Niederlassung zu lotsen. Das Datensammeln gehört daher für alle Großhändler zum Tagesgeschäft – die Noweda bildet hier keine Ausnahme.

Die Genossenschaft verspricht im Auftrag zur Datenweiterleitung, dass die Informationen „ausschließlich zum Zweck der Auswertung genutzt, verarbeitet und gespeichert werden“. Die Daten sollen dann so verändert werden, dass sie der Apotheke oder einer natürlichen Person nicht mehr zugeordnet werden können. Aus diesen anonymisierten und aggregierten Daten werden „Statistiken und vergleichbare Auswertungen“ erstellt. Die Noweda-Tochter wird mit dem Vertrag und nach Zustimmung des Apothekers berechtigt, die anonymisierten Daten „für eigene Zwecke zu nutzen und diese Daten an Dritte weiterzugeben“.

Davon sollen auch die Apotheker profitieren: Als Gegenleistung für die Datenweitergabe erhalten sie monatlich einen „Benchmarkung-Bericht“ der eigenen Region. Der enthält die Höchst-, Durchschnitts- und Tiefstpreise zu den jeweils Top 100 Artikeln aus der Sicht- und Freiwahl. „So können Sie künftig jeden Monat einschätzen, wie Ihre Preise zu diesen 200 Artikeln im Wettbewerbsvergleich stehen“, schreibt Noweda-Chef Wilfried Hollmann an die Kunden. Im Vergleich mit Gegenleistungen anderer Datensammler wie IMS Health ist das eine eher bescheidene Vergütung.

Man muss zunächst unterstellen, dass sich die Noweda an die einschlägigen Datenschutzbestimmungen hält, auch wenn über Datenverarbeitungsverträge einiges möglich ist. Frappierend ist aber, dass es das Tochterunternehmen schon einmal auf dieselben Daten aus der Apotheke abgesehen hatte: 2014 wurde in Broschüren der ApothekenBeratung ein Preiskalkulationsmodell beworben. Gegenstand waren eine Standort- und Sortimentsanalyse als Grundlage für Preisempfehlungen. Damit sollen die Apotheken ihren Ertrag steigern können.

Einwilligungserklärung und der Auftrag zur Datenweiterleitung von damals entsprechen weitestgehend den aktuellen Formularen. Auch für das Preismanagement verlangte die Noweda die Bondaten der Apotheker sowie Wareneingangs- und Bestandsdaten. In den Geschäftsbedingungen gab es aber einen klaren Bezug zum Großhandelsgeschäft. Die Noweda hatte das Recht auf außerordentliche Kündigung, wenn die Apotheken ihren Einkaufsumsatz drei Monate hintereinander auf unter 10.000 Euro senkt. Besonders verbreitet ist das Preismanagement-Tool bis heute nicht.

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