Großhandel

BMG: Passkontrolle für Retouren

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Berlin -

Derzeit sind Arzneimittel noch nicht individuell gekennzeichnet. Die EU-Vorgabe, dass Großhändler nur die Packungen zurücknehmen dürfen, die sie auch ausgeliefert haben, kann sich daher bislang nur auf die Anzahl der Präparate beziehen. Anders sieht es aus, wenn die Packungen durch Projekte wie Securpharm identifizierbar werden. Dann bekommt jedes Medikament eine eigene „Identität“ – und darf aus Sicht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) tatsächlich nur noch dort retourniert werden, wo es auch gekauft wurde.

Entscheidend ist das Inkrafttreten des delegierten Rechtsakts der EU-Kommission zu den Sicherheitsmerkmalen bei Arzneimitteln. Die EU-Fälschungsrichtlinie soll Mitte dieses Jahres um eine Verifizierungspflicht für Arzneimittel erweitert werden. Spätestens drei Jahre nach Veröffentlichung – also 2018 – müssen die Sicherheitsmerkmale im Markt umgesetzt sein. Danach müssen Arzneimittelpackungen ein individuelles Erkennungsmerkmal tragen, also eine Seriennummer.

Die Regelung gilt für alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel. Ausgenommen davon sind Präparate, für die kein Fälschungsrisiko festgestellt wurde und die auf einer „White list“ geführt werden. Andersherum müssen OTC-Präparate keine Sicherheitsmerkmale tragen, außer für sie wurde ein Fälschungsrisiko festgestellt und sie stehen auf einer „Black list“. Omeprazol ist so ein Beispiel, das seit dem Fälschungsskandal als unsicher eingestuft wird – auch wenn damals die verschreibungspflichtige Variante betroffen war.

Die Vorgabe wird derzeit in dem Projekt Securpharm erprobt. Beteiligt sind die Apotheken über die ABDA, die Großhändler über den Phagro und die Industrie über BAH, BPI, Pro Generika und den VFA. Kernpunkte des Modells sind der Data-Matrix-Code und eine „End-to-end“-Verifizierung. In einem ersten Schritt sollen nationale Lösungen erarbeitet werden, die anschließend zu einem europäischen Netzwerk verknüpft werden.

In dem bei Securpharm eingesetzten „Pharmacode“ sind die PZN, Charge und Verfallsdatum und eine randomisierte Seriennummer hinterlegt. Beim Hersteller wird die Seriennummer gespeichert und in der Apotheke bei der Abgabe ausgelesen. In diesem Moment wird das Präparat auch aus der Datenbank ausgebucht. Optional kann auch der Großhandel einzelne Packungen verifizieren, aber ohne sie auszubuchen.

Ein weiterer Schritt gegen Arzneimittelfälschungen ist die neue Vorgabe in der EU-Richtlinie zur Guten Distributionspraxis (GDP): Demnach dürfen Großhändler ihre Bestände an Arzneimitteln nur von Herstellern oder anderen Großhändlern beziehen. Aus Apotheken dürfen Großhändler daher auch nur die Arzneimittel zurücknehmen, die sie zuvor ausgeliefert haben.

Fraglich ist allerdings noch, wie diese Vorgabe zu interpretieren ist. Phagro-Vorstandsmitglied Lothar Jenne befürchtet, dass Großhändler künftig tatsächlich nur dieselben Packungen zurücknehmen dürfen, die sie geliefert haben. Das sei aber kaum möglich, da die Packungen nicht gekennzeichnet und daher anonym seien – der Apotheker wisse im Zweifelsfall also gar nicht, ob er eine bestimmte Packung bei dem einen oder dem anderen Großhändler bezogen habe. „Das stellt Apotheker und Großhändler vor ein unlösbares Problem.“

Dr. Dieter Starke, Leiter der Expertenfachgruppe Großhandel/Arzneimittelvertrieb der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG), gab zunächst Entwarnung: „Es gibt derzeit keine Möglichkeit, die Einzelpackung zu identifizieren – es geht also um die Bilanz“, erklärt er.

Anders sieht es aber offenbar aus, wenn die Packungen ab 2018 identifizierbar sind. Das BMG erklärt: „Um das Risiko von Arzneimittelfälschungen in der legalen Lieferkette zu reduzieren, bezieht sich der Begriff ‚Rücknahme‘ auf die Arzneimittel, die vorher von dem gleichen Großhandel bezogen wurden und somit zurückgegeben werden können.“ Damit werde ausgeschlossen, dass andere Arzneimittelpackungen auf diesem Wege in die legale Vertriebskette eingeschleust würden.

Eine Dokumentationspflicht der Chargenbezeichnungen ist laut BMG bei der Lieferung an Apotheken derzeit nur für bestimmte Arzneimittel vorgesehen, etwa Blutzubereitungen, Sera aus menschlichem Blut und Zubereitungen aus anderen Stoffen menschlicher Herkunft. „Nach Erlass des delegierten Rechtsakts der Kommission zu Sicherheitsmerkmalen bei Arzneimitteln wird dies für alle Arzneimittel gelten, die die Sicherheitsmerkmale tragen müssen“, so das BMG.

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