BMG plant keine Reserve

Grippeimpfstoffe: Droht der doppelte Engpass?

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Berlin -

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will in diesem Jahr keine nationale Reserve an Grippeimpfstoffen bestellen – und dies, obwohl laut Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Praxen bislang zu wenig Dosen bestellt haben und die Hersteller weniger Dosen auf Vorrat produzieren müssen. Die Frist wurden von den Firmen noch einmal um einen Monat verlängert.

„Die Beschaffung einer nationalen Reserve ist für die Grippesaison 2022/2023 derzeit nicht vorgesehen“, so ein BMG-Sprecher auf Nachfrage. Hintergrund könnte sein, dass die zusätzlichen Dosen in der vergangenen Saison nicht gebraucht wurden: „Nach Informationen von den pharmazeutischen Unternehmern wurden nicht alle Impfstoffe der BMG-Reserve abgerufen.“

Damit zeichnet sich ab, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) von der zusätzlichen Beschaffung durch den Bund Abstand nimmt, die sein Vorgänger Jens Spahn (CDU) eingeführt hatte. Aus Angst vor einer doppelten Infektionswelle aus Corona und Influenza hatte Spahn im Frühjahr 2020 erstmals eine sogenannte nationale Reserve vorbestellt. Doch die zusätzlich beschafften sechs Millionen Dosen wurden zu spät ausgeliefert, sodass sie am Ende in den Apotheken liegen blieben und diese eine Erstattung erhielten.

Im vergangenen Jahr hatte das BMG erneut knapp sieben Millionen Dosen zusätzlich bestellt. Zusammen mit der Reserve der Hersteller von 30 Prozent ergibt sich eine Gesamtmenge von knapp 34 Millionen Dosen, die freigegeben wurden. Nicht bekannt ist aber, wie viele Dosen auch verimpft wurden. Auch das BMG hat dazu noch keine Angaben: „Daten von zu den zu Lasten der GKV abgerechneten Impfungen sind für die Saison 2021/2022 noch nicht verfügbar.“

Warten auf Retouren

Wie viele Dosen aus der nationalen Reserve noch übrig sind, ob also womöglich wieder über eine Erstattung für die Apotheken verhandelt werden muss, kann der Sprecher ebenfalls noch nicht sagen: „Derzeit liegen dem BMG keine Zahlen über die übrig gebliebenen Impfstoffe der nationalen Reserve 2021/2022 vor, da Retouren noch bis Ende Juni 2022 zu erwarten sind.“

Laut den Herstellern ist erkennbar, dass die Vorbestellungen der Grippeimpfstoffe für die Grippesaison 2022/23 unter dem Niveau des Vorjahres liegen und später bei den Unternehmen eingehen. „Dies betrifft alle Unternehmen im deutschen Grippemarkt. Daher ist es schwer abschätzbar, wie hoch die endgültige Vorbestellmenge sein wird“, so eine Sprecherin von Seqirus. Der Hersteller hat daher die Vorbestellfrist ein drittes Mal verlängert bis Ende April verlängert. Dies gilt für den zellkulturbasierten, tetravalenten Grippeimpfstoff Flucelvax Tetra, zugelassen ab zwei Jahren, genauso wie für den adjuvantierten, tetravalenten Grippeimpfstoff Fluad Tetra, speziell entwickelt für Personen ab 65 Jahren, und den eibasierte, tetravalente Grippeimpfstoff Afluria Tetra. „Mit der verlängerten Bestellfrist möchte Seqirus gewährleisten, dass in der kommenden Grippesaison, die Bevölkerung bestmöglich geschützt werden kann.“

Auch GlaxoSmithKline (GSK) nimmt noch Aufträge bis Ende April entgegen, Sanofi nimmt nach dem Ablauf der Bestellfrist am 31. März noch Bestellungen, die zeitnah eingehen, an. Wie viele Dosen bislang bestellt wurden, will aus wettbewerbsrechtlichen Gründen keiner der Hersteller verraten.

PEI schlägt Alarm

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hatte aufgrund der geringen Bestellzahlen Alarm geschlagen und vor einem Engpass im Herbst gewarnt. Bei der Abfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) unter den Arztpraxen im Januar und dem Abgleich mit den Planungen der Hersteller habe sich eine Diskrepanz ergeben. Daher habe man erneut zur Bestellung aufgerufen.

In den letzten beiden Jahren waren die Zahlen deutlich in die Höhe geschnellt: Wurden vor Beginn der Corona-Pandemie pro Jahr zwischen 15 und 20 Millionen Dosen freigegeben, waren es 2020/21 rund 26 Millionen Dosen und 2021/22 sogar knapp 34 Millionen Dosen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Hersteller in diesem Jahr nur eine zusätzliche Reserve von 10 Prozent vorrätig halten müssen – in den Jahren 2020 und 2021 waren es noch 30 Prozent.

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