Influenza

Grippeimpfstoffe abverkauft

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Berlin -

Jetzt gegen Grippe impfen! Der Aufruf von Experten – vor allem in Richtung der Risikogruppen – könnte in Kürze von Lieferengpässen durchkreuzt werden. Einige Hersteller melden bereits, ausverkauft zu sein, andere liegen mit der Auslieferung der noch verfügbaren Impfdosen in den letzten Zügen. Nachkommen wird nichts, denn die Produktionen stehen still.

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Das Verbot der Rabattverträge, das juristische Gezerre um den Apothekervertrag der AOK Nordost sowie lange unklare Preise haben für Zurückhaltung bei der Vorbestellung der saisonalen Grippeimpfstoffe gesorgt. Das Risiko, auf den Impfdosen sitzen zu bleiben, wollte schließlich niemand übernehmen. Dazu kam das Warten erst auf die Ständige Impfstoffkommission (STIKO), dann auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Als klar war, dass die quadrivalente Vakzine zum Leistungskatalog der Kassen gehört, blieb den Herstellern nur wenig Vorlauf für die Produktion.

Nun muss der Mangel verwaltet werden, denn einen Monat nach Beginn der Impfung sind die Grippeimpfstoffe 2018/19 bereits ausverkauft. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat bislang für 15,3 Millionen Impfdosen die Chargenfreigabe erteilt, die die Hersteller bereits ausgeliefert haben oder gerade ausliefern. Sanofi (Vaxigrip Tetra), GlaxoSmithKline (Influsplit Tetra) und AstraZeneca (Fluenz Tetra) haben gegenüber der Behörde mitgeteilt, ihre Lagerbestände abverkauft zu haben. Diese befinden sich irgendwo zwischen Großhandel, Apotheke und Arztpraxen – oder wurden bereits verimpft. Von Mylan (Influvac Tetra) gibt es dazu beim PEI noch keine Meldung.

Theoretisch könnten noch Chargen zur Freigabe eingereicht werden, denn dies muss von den Unternehmen nicht zuvor angemeldet werden. Doch die Hersteller sagen ab: Bei Mylan ist die Produktion nach Angaben der Hotline beendet. Geliefert werden kann also nur „solange der Vorrat reicht“. Der Konzern, der noch in der vergangenen Saison dominierender Rabattpartner war, stellt auch in dieser Saison den Großteil der quadrivalenten Vakzine zur Verfügung. Bei der Planung hatte man sich in Hannover an den eingegangenen Vorbestellungen orientiert. Aktuell können noch Bestellungen der Packungsgröße zu zehn Stück mit Kanüle bedient werden.

GSK hat nach Angaben einer Sprecherin 3,8 Millionen Impfdosen für den deutschen Markt produziert und komplett abverkauft. „Und das bereits seit letzter Woche.“ Alle Reservierungen und Vorbestellungen sowie die Lagerware seien zeitnah an die regionalen Großhandelsniederlassungen ausgeliefert worden.

Sanofi ist in den Packungsgrößen 1 Stück, zehn Stück und 20 Stück ohne Kanüle bereits „out of stock“. Laut einer Sprecherin befinden sich derzeit noch 600.000 Impfdosen zu zehn Stück mit Kanüle in der Auslieferung, dabei werde keine Region bevorzugt. Die Produktion für den deutschen Markt ist abgeschlossen. Auch AstraZeneca sagt ab: „In der Saison 2018/19 beim Hersteller abverkauft“, heißt es auf der Website des PEI.

„Aktuell befinden wir uns auf dem Freigabeniveau der Saison 2016/17 – in der vergangenen Saison gab es etwas mehr“, teilt das PEI mit. Die zu erwartenden Lieferengpässe könnten negative Folgen für die Impfbereitschaft haben: Denn während in verschiedenen Regionen Impfkampagnen gestartet wurden, fehlt die erforderliche Vakzine.

Eine von Sanofi in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass sich tatsächlich 63 Prozent mehr Menschen als im letzten Jahr impfen lassen wollen. Das gilt insbesondere für diejenigen Gruppe, für die die Impfung empfohlen wird: 2017 ließen sich 46 Prozent der Befragten aus der Altersgruppe 60+ gegen Grippe impfen – mehr als in allen anderen Altersklassen. In diesem Winter wollen sich 58 Prozent dieser Personengruppe impfen lassen. Bei den chronisch Kranken steigt die Zahl der Impfwilligen von 41 auf 61 Prozent, beim medizinischen Personal verdoppelt sie sich fast von 32 auf 60 Prozent. „Bei Menschen mit häufigem Personenkontakt steigt die Impfabsicht auf 54 Prozent an. In dieser Gruppe haben sich im Vorjahr nur 29 Prozent gegen Grippe impfen lassen“, so das Ergebnis.

Hinzukommen in dieser Saison zwei weitere Faktoren. Zum einen war die Grippesaison 2017/18 sehr heftig, was zu einer erhöhten Impfbereitschaft in der aktuellen Saison sorgt. Zum anderen hat die Aufnahme des quadrivalenten Impfstoffs in die STIKO-Empfehlung das Thema in die Öffentlichkeit gebracht. Der „Tetra-für-alle-Effekt“ sei bei den Patienten angekommen, heißt es von GSK.

Die Saison stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Schon die Auslieferung lief problematisch: Die Situation sei chaotisch wie nie, sagt ein Großhändler. „Die Lage ist erheblich angespannter als in den Jahren zuvor.“ Die Kommunikation der Hersteller sei nicht verlässlich, Ware werde angekündigt und treffe entweder verspätet oder gar nicht ein. „Tröpfchenweise“ würden Impfstoffe als Lagerware geliefert, die durch die Vorbestellungen sofort wieder weg sei. Durch das Überweisergeschäft bleibe die Arbeit bei den Großhändlern hängen. Als Grund für das Chaos sieht der Großhändler „Versäumnisse der Industrie“.

Bundesweit melden sich seit einigen Wochen immer wieder Apotheker zu Wort, denen Impfstoff fehlt. Gelegentlich kommt dann Ware, sodass die Praxen doch noch beliefert werden können. Offizielle Stellen geben sich noch optimistisch: „Tatsächlich wurde in dieser Saison noch nicht so viel Grippeimpfstoff ausgeliefert wie im Vergleichszeitraum der vergangenen Jahren. Wir gehen aber davon aus, dass in den kommenden Wochen mehr Impfstoff ausgeliefert wird“, teilt etwa die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen mit. Regionale Unterschiede werden auch aus Baden-Württemberg gemeldet. Im Großen und Ganzen seien die Apotheken jedoch gut versorgt. Auch in mehreren Regionen Niedersachsens sowie in Rheinland-Pfalz fehlte es – zumindest zeitweise – am saisonalen Impfstoff.

Wie die Impfsaison tatsächlich läuft, kann derzeit noch niemand sagen. „Wir haben aktuell auch den Eindruck, dass es in bestimmten Regionen weniger Impfstoffe gibt als in anderen“, teilt das PEI mit. Aus diesem Grund bietet die Behörde auf ihrer Website ein Meldeformular an, über das lokale Häufungen erfasst werden sollen. Apotheker, Ärzte und Kliniken werden gebeten, das Formular zu nutzen.

Auf Apotheker und Ärzte könnten wegen der erwarteten Lieferprobleme zusätzliche Herausforderungen zukommen. Sind die Vorräte von GSK und Sanofi erschöpft, können Kinder nicht mehr geimpft werden – denn die Vakzine von Mylan ist erst ab 18 Jahren zugelassen. Auch die Abgabe von Einzelimpfdosen könnte zum Problem werden, denn laut Herstellern werden nur noch Packungen zu zehn Stück ausgeliefert. Das Auseinzeln ist den Apotheken untersagt; möglich wäre die Belieferung von Rezepten für Patienten, die nicht zu den Risikogruppen zählen, nur, wenn die Kassen eine rechtliche Grundlage schaffen würden. Wer denkt, auf den trivalenten Impfstoff ausweichen zu können, wird enttäuscht: Denn diese Impfstoffe wurden für die aktuelle Saison gar nicht produziert.

Die Hersteller sehen den Fehler nicht bei sich: „Durch die Vereinbarung der Fixpreis-Modelle zwischen Krankenkassen und Apothekerverbänden beziehungsweise deren Dienstleistungsgesellschaften, verbunden mit restriktiven Auflagen bei Vorreservierungen von Grippeimpfstoffen, sind die Verantwortlichen bewusst das Risiko einer Unterversorgung eingegangen“, heißt es von GSK. „Genau diese Situation scheint jetzt einzutreten: Der Exklusivlieferant der Fixpreisverträge kann seiner Lieferverpflichtung nur verspätet nachkommen.“

Der Konzern setzt sich nach Aussagen einer Sprecherin seit nunmehr fünf Jahren dafür ein, die Versorgung der Bevölkerung mit tetravalenten Grippeimpfstoffen bestmöglich zu sichern. „So hat sich GSK nicht nur einzigartig an der Abschaffung der Impfstoffausschreibungen im Rahmen des AMVSG engagiert, sondern auch frühzeitig auf die Risiken der Fixpreismodelle hingewiesen. Um nicht in den kommenden Jahren schon wiederholt vor einer derartigen Mangelsituation zu stehen, ist es unerlässlich, dass die Anbietervielfalt gefördert und Verordnungseinschränkungen außerhalb medizinischer Gründe eine Abfuhr erteilt wird.“

Seid ihr schon versorgt oder wartet ihr noch auf die Ware? Jetzt mitdiskutieren im LABOR von APOTHEKE ADHOC.

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