Einzelimport

Grippeimpfstoff: Apotheker sollen draufzahlen

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Berlin -

Aufruhr in Bayern: Grippeimpfstoffe sind vielerorts Mangelware, doch als ob der Ärger darüber ohnehin nicht groß genug ist, sollen Arbeit und Risiko der Apotheken nicht entsprechend entlohnt werden. Apotheken sollen auf etwa acht Euro verzichten – pro Impfdosis. Immerhin wird auf eine Genehmigung zur Kostenübernahme verzichtet.

Die Suche nach Grippeimpfstoffen kommt der Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleich. Wohl dem, der Glück hat und noch eine Impfdosis über einen Import ergattern konnte. Denn auch der Ausruf des Versorgungsmangels durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) konnte den Engpass bislang nicht beheben: Weil nach § 79 Arzneimittelgesetz (AMG) kein Impfstoff zu bekommen ist, versuchen Apotheker per Einzelimport nach § 73 Absatz 3 an Ware zu kommen. Einer Apotheke in Bayern ist dies gelungen. 400 Einzeldosen Fluarix Tetra von GlaxoSmithKline aus Österreich wurden geliefert, das ist das Pendant zu Influsplit Tetra. Nun gilt es, jede Impfdosis einzeln zu dokumentieren und bei der Kasse abzurechnen, denn der Sprechstundenbedarf darf nicht bedient werden. Schließlich ist der Einzelimport nur gestattet, wenn es sich um eine Bestellung für eine Einzelperson handelt.

Abgerechnet wird zulasten der einzelnen Kostenträger. Dabei sind die einzelnen Verträge und Vorgaben zu beachten. Meist muss vorab eine Genehmigung zur Kostenübernahme gestellt werden. Der Apothekerverband (BAV) hat mit einzelnen Kassen – der AOK, IKK Classic und SVLFG – vorübergehend eine Regelung getroffen, dass Apotheken den Einzelimport ohne vorherige Genehmigung abrechen dürfen, allerdings gilt dies nur für einen Betrag von maximal 30 Euro inklusive Mehrwertsteuer je Dosis. Zu wenig, denn dies entspricht nicht der Berechnung nach Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV): Apotheken-Einkaufspreis (AEK) + 3 Prozent + 8,35 Euro + 0,16 Euro. Auf diesen errechneten Verkaufspreis werden 19 Prozent Mehrwertsteuer aufgeschlagen.

Der AEK für die Impfdosen aus Österreich beträgt 23,97 Euro. Gemäß AMPreisV ergibt sich ein Abrechnungspreis von 39,50 Euro. Rechnet die Apotheke die erlaubten 30 Euro ab, blieben lediglich 1,47 Euro hängen. Auch für die Beschaffungskosten gibt es eine Regelung – diese dürfe anteilig berechnet werden. Der BAV hält sich mit einer Stellungnahme zurück: „Ganz grundsätzlich sind gerade Informationen zu Abrechnungsmodalitäten eine originäre Serviceleistung des Verbandes für seine Mitglieder.“ Dennoch bestätigt der BAV die Ausnahmeregelung. Die Apotheken sollen den AEK auf der Vorderseite der Verordnung vermerken und das Sonderkennzeichen 09999117 angeben. Gleichzeitig schreibt der BAV: „Die Taxation erfolgt nach Arzneimittelpreisverordnung.“

Zwar ist die genehmigungsfreie Abgabe der Impfdosen für die Apotheken eine Erleichterung, dennoch ist die Regelung aus monetärer Sicht nicht akzeptabel. „Wir haben nicht nur die Arbeit, sondern tragen auch das Risiko. Denn die Produkthaftung für die importierten Impfstoffe liegt bei der Apotheke“, schimpft eine Apothekerin.

Will die Apotheke den Preis, der ihr nach AMPreisV zusteht, abrechnen, bleibt nur der Versuch über einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Kasse. Allerdings muss dieser formal vom Versicherten gestellt werden. Im Arzneimittelversorgungsvertrag ist festgehalten: „Produkte gemäß § 73 Abs. 3 AMG sind nur dann zu Lasten der jeweiligen Krankenkasse abrechnungsfähig, wenn der Versicherte der Apotheke eine entsprechende Genehmigung der Krankenkasse vorlegt.“

Auch der BAV verweist auf diese Möglichkeit: „Das heißt im Umkehrschluss jedoch nicht zwingend, dass ein Einzelimport, der über dieser Preisgrenze liegt, nicht auch bewilligt wird. Er muss nur formell beantragt werden. Unter dieser Preisgrenze erspart es Apothekern jedoch die Mühe des Aufwandes. Die Kostenträger ziehen diese Schwelle, um einen Überblick über anfallende Kosten zu haben.“

Einfacher ist es in den neuen Bundesländern. Die Abgabe von Einzelimporten zu Lasten der AOK Plus ist laut den Lieferverträgen für Sachsen und Thüringen genehmigungsfrei. Apotheker müssen jedoch mindestens zwei Kostenvoranschläge einholen und die Ware wirtschaftlich beziehen. Das Sächsische Oberlandesgericht (OLG) hatte im vergangenen Jahr in einem anderen Fall entschieden, dass die Kassen den tatsächlichen Preis eines Einzelimports bezahlen müssen. Für die AOK Plus kann es teuer werden, denn zusätzlich können auch Beschaffungskosten bis zu 8,93 Euro brutto genehmigungsfrei abgerechnet werden. Auf der Vorderseite der Verordnung sind außerdem Einkaufspreis und Bezugsland zu dokumentieren.

Der BAV gibt auch über die Preisberechnung des „Massenimports“ nach Allgemeinvergütung Auskunft. Apotheken in Bayern dürfen „im Falle des Eintreffens einer größeren Menge an Grippeimpfstoffen, für die eine Gestattung des Herstellers/Importeurs vorliegt, eine Abrechnung über den Sprechstundenbedarf, d. h. AEK plus 1 Euro pro Impfdosis plus Mehrwertsteuer mit dem Sonderkennzeichen 09999005“ abrechnen. Der BAV stellt dabei in Aussicht: „Wir werden Sie bei Vorliegen dieses Umstandes gesondert informieren.“

Vor etwa zwei Wochen hatte der BAV angekündigt, es stünden etwa 20.000 Impfdosen aus Frankreich in Aussicht, die den Freistaat in einigen Wochen erreichen sollen. Jetzt rudert der BAV zurück. Die prognostizierte Zahl könne nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erreicht werden. „Aus dieser Erfahrung heraus wollen wir auch keine Spekulationen über mögliche, weitere Lieferungen anstellen. Zumal wir als BAV nicht in die Logistik- und Handelskette eingebunden sind.“

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