Mit einem Beitrag über angebliche Abzocke bei der Abgabe von FFP2-Masken sorgte „Bild“ zum Jahreswechsel für Verärgerung bei den Apothekenteams: „Apotheker packt aus: So lässt sich mit Masken Geld scheffeln“, lautete der Titel des Beitrags. Die Redakteure um den als „Sparfochs“ bekannten Autor Frank Ochse bleiben am Ball: Eine Apothekerin aus Chemnitz wurde aufgefordert, Stellung zu nehmen. Sie spielte den Ball zurück.
In dem Beitrag wurde der Vorwurf erhoben, dass in Apotheken anstelle von FFP2-Masken mitunter „minderwertige KN95-Masken“ abgegeben würden. Am Ende des Beitrags wurden die Leser aufgefordert, ihre Erfahrungen einzusenden. Wenige Tage nach der Veröffentlichung erhielt Annette Ruge von der Adelsberg-Apotheke in Chemnitz am Sonntagmittag eine Mail von einem Bild-Redakteur.
Man habe sehr viele Reaktionen von Risikopatienten erhalten, die in Apotheken Gratismasken bezogen hätten, schrieb der Journalist und fügte erklärend hinzu: „Leider verteilen sehr viele Apotheken auch die deutlich günstigeren KN95-Masken, die laut Bundesgesundheitsministerium gar nicht herausgegeben werden dürfen. Auf den KN95-Masken steht KN95 statt FFP2.“
Und weiter hieß es: „Ein Leser hat in Ihrer Apotheke die Erfahrung gemacht, dass er von Ihnen eine KN95-Maske erhalten hat. Jetzt besteht Verunsicherung. Die E-Mail liegt uns vor. Dazu unsere Fragen: Wie viele KN95-Masken haben Sie bisher verteilt? Warum geben Sie diese Masken heraus, obwohl es gegen die Verordnung ist?“ Die Apotheke wurde um Rückmeldung bis Montag 14 Uhr gebeten.
Ruge war bedient. 7000 Masken hatten sie und ihre Kollegen im Dezember ausgegeben – darunter tatsächlich auch 1000 KN95-Masken, die sie von einem ortsansässigen Händler am 15. Dezember hatte abholen können. Ein Zertifikat zur Konformität seitens der Dekra lag genauso vor wie die Erlaubnis der zuständigen Marktüberwachungsbehörde. Und nun sollte sie sich bei „Bild“ für ihren Einsatz rechtfertigen?
Nachdem sie sich gesammelt hatte, antwortete sie trotzdem noch am selben Abend – nicht ohne sich gleich erst einmal zu bedanken, dass man ihr mit der Anfrage den Sonntag ruiniert habe. „Bevor ich meine wertvolle Zeit investiere, Ihnen den Sachverhalt bzw. die Rechtslage zur Abgabe von KN95-Masken im Rahmen der Phase 1 gemäß § 7 der Coronavirus-Schutzmaskenverordnung zu erläutern, bitte ich um eine entsprechende Legitimation als Journalist Ihrerseits. Bitte erklären Sie mir außerdem, woraus Sie ableiten, dass mit der Abgabe von konformitätsbewerteten (DEKRA) KN95- „CPA Atemschutzmasken“, für welche eine Bescheinigung der Marktüberwachungsbehörde gem. § 9 Absatz 3 MedBVSV vorliegt, ein Verstoß gegen oben angeführte VO besteht.“
Explizit wies Ruge auf § 2 Absatz 3 sowie die Anlage hin, die „zum Verständnis meiner evtl. Stellungnahme unverzichtbar“ seien. „Außerdem: MedBVSV Die ausführliche Bezeichnung dieser Verordnung recherchieren Sie bitte selbst.“ Und ganz zum Schluss bat sie darum, Kontakt zum Leser beziehungsweise der Leserin herzustellen: „Gern kläre ich dazu unter Vorlage der Zertifikate persönlich auf.“
Schon mehrfach hat sich Bild mit dem Thema auseinander gesetzt. Eine Überschrift lautete: „Rentner in Sorge: Verteilen Apotheker minderwertige Gratis-Masken?“ Dann legte das Blatt nach: „Gratis-Mundschutz aus Apotheke: Darum gibt es weiter Masken-Murks aus China!“ Im aktuellen Beitrag kam ein anonymer Apotheker aus Süddeutschland zu Wort: „Er sagt: Mindestens 30 Prozent meiner Kollegen haben auch bei Gratis-Masken vom Staat das Dollar-Zeichen in den Augen. Und er packt aus, wie man sich eine goldene Nase verdienen kann.“
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