Shitstorm

Glaeske und Grams: Hevert mahnt Homöopathie-Kritiker ab

, Uhr
Berlin -

Das Familienunternehmen Hevert-Arzneimittel geht juristisch gegen Homöopathie-Kritiker vor. „Seit Monaten beobachten wir mit Sorge, wie in Deutschland in den sozialen Medien, aber auch in der Presse und im Fernsehen gegen die Homöopathie gehetzt wird“, teilt der Nußbaumer Hersteller mit. Professor Dr. Gerd Glaeske und Dr. Natalie Grams wurden bereits abgemahnt.

Die Homöopathie-Kritikerin Grams veröffentlichte am Freitag bei Facebook einen Auszug aus einer Unterlassungserklärung von Hevert. Darin wird sie aufgefordert, nicht mehr in der Öffentlichkeit zu behaupten, homöopathische Arzneimittel gingen in ihrer Wirksamkeit „nicht über den Placebo-Effekt hinaus“. Diese Aussage wurde demnach Anfang Mai in einem Interview mit der Zeitung „Die Rheinpfalz“ in dem Artikel „Eine Quasi-Religion“ abgedruckt. Ihr Wortlaut: „Machen wir es kurz: Wirken Homöopathika? – Nicht über den Placebo-Effekt hinaus.“

Hevert wies Grams demnach daraufhin, im Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs eine Strafe von 5100 Euro an den Hersteller zahlen zu müssen. Die Unterlassungserklärung sei „selbstverständlich nicht“ unterschrieben worden, sagt Grams. Dazu bestehe kein Anlass. „Weder habe ich Hevert jemals direkt genannt, noch werde ich es mir nehmen lassen, den Stand der Wissenschaft zu transportieren.“

Die Forderung von Hevert sei so pauschal, dass man das von niemandem fordern könne. „Sonst kann man ja auch fordern, ich möge es unterlassen zu sagen, dass der Wind nicht mehr weht.“ Die Abmahnung sei „ein ungeheuerlicher Vorgang“, sagt Grams. Auf der Facebook-Seite von Grams reagierten Nutzer in knapp 400 Kommentaren auf ihren Eintrag mit der Einleitung: „Was sagen wir, wenn die Homöopathie-Pharma versucht, uns mundtot zu machen? Not today.“ Auch Professor Dr. Gerd Glaeske wurde wegen seinen Äußerungen zur Wirksamkeit von Homöopathie bereits von Hevert abgemahnt.

Hevert hat bei Facebook reagiert und erklärte sich gestern: Alle Studien, welche die Wirksamkeit der Homöopathie bewiesen, würden ignoriert oder schlecht geredet, heißt es. „Mit Sorge sieht Hevert, dass in anderen Ländern wie England erst Lobbygruppen mit Diskreditierungen und danach die Politik mit gesetzlichen Einschränkungen gegen Homöopathie vorgehen.“ Damit dies nicht auch in Deutschland, dem Mutterland der Homöopathie, geschehe, gehe man auf juristischem Weg gegen ungerechtfertigte Diskreditierungen von Homöopathie durch Lobbygruppen vor, die auch dem Unternehmen Hevert schaden könnten.

Der Hersteller verweist in dem Eintrag auf Studien und kritisiert die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP). Grams sitzt in deren Wissenschaftsrat. Der Verein „orchestriert“ laut Hevert Homöopathie-Kritiker, positioniert sich pro Glyphosat sowie gegen Bio-Landbau und unterstützt „einen Feldzug gegen Ärzte für Naturheilverfahren und Heilpraktiker, welche neben Apotheken sehr wichtige Kundengruppen für uns darstellen“. Hevert zufolge ist nicht bekannt, wer die Fäden im Hintergrund zieht oder die Geldgeber sind. Man glaube jedoch, dass es „mächtige Einflussgruppen mit eindeutig wirtschaftlichen Interessen sind, welche erfolgreich viele unwissende und gutgläubige Menschen für ihre negative Propaganda einsetzen“.

Auf die negativen Kommentare und Beschimpfungen wie „Scharlatane wurden früher gehängt“, „Pharmamafia“ oder „Zauberkügelchenfabrikant“ reagiert der Hersteller: Als Familienunternehmen mit über 60-jähriger Geschichte und „tadellosem Leumund“ habe man keine Angst vor den resultierenden unsachlichen Diffamierungen. „Erschüttert sind wir jedoch über die Radikalität mit welcher uns Personen in den sozialen Medien begegnen, welche uns und unsere Produkte gar nicht kennen.“ In knapp 850 Kommentaren äußern sich unter anderem Heilberufler kritisch zu einer angehängten Studie oder kündigen an, Hevert nicht mehr zu empfehlen. Auch Zuspruch findet sich in den Beiträgen.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte