Gesundheitstest in der Apotheke Julia Germersdorf, 03.04.2023 13:15 Uhr
Das Berliner Unternehmen Probatix wurde 2019 gegründet und hat während der Coronapandemie eine Brücke zwischen Patient:innen, Probenentnahmestellen und Laboren geschaffen. Da momentan allerorts die Testzentren schließen, hat sich Probatix neu strukturiert und will Apotheken im Bereich der Diagnostik unterstützten: Es geht um Gesundheitstests aus Kapillarblut.
Seit Ende 2020 hat Probatix im Rahmen der Coronatestangebote viel mit Apotheken zusammengearbeitet und sich generell Gedanken zum Thema Diagnostik gemacht: „Diese muss unbedingt niederschwelliger und zugänglicher für Patient:innen sein“, findet Philipp Noack, einer der Gründer von Probatix. „Einfach deshalb, um einen präventiven Ansatz zu haben und das Gesundheitssystem zu entlasten. Dafür sind innovative Konzepte nötig, die dabei helfen, Versorgungslücken zu schließen.“
Pilotprojekt mit 15 Apotheken
Im Februar hat das Unternehmen ein Pilotprojekt mit 15 Berliner Apotheken gestartet, die diverse Gesundheitstest für Patient:innen ab 18 Jahren anbieten. „Es gibt kaum bessere Partner als Apotheken: Man hat als Patient oder Patientin dezentral aufgestelltes, professionelles und medizinisch geschultes Personal, welches eine solche Diagnostikdienstleistung erbringen kann“, schwärmt Noack. Das Interesse scheint groß: Jede Woche kämen deutschlandweit mehrere Betriebe hinzu.
Was kann getestet werden?
Auf Basis von Kapillarblut können beispielsweise folgende Parameter untersucht werden:
- Vitaminversorgung, z.B. Vitamin D und Vitamin B12
- Unverträglichkeiten, z.B. von Inhaltsstoffen in Arzneimitteln
- Mikronährstoffversorgung
- Kreislaufstörungen, Nierenfunktion, Stoffwechselstörungen
- Infektionen/Entzündungen (viral & bakteriell)
- Allergiescreening
Probatix will die Gesundheitstests sowohl für die Patient:innen als auch für Apotheken möglichst angenehm und risikofrei darstellen. Über das Portal „myprobatix“ können Patient:innen nach Apotheken in der Umgebung suchen, die diverse Gesundheitstest anbieten. Der gewünschte Test wird ausgewählt. Anschließend kann über das Terminmanagement der bevorzugte Zeitpunkt für die Kapillarblutentnahme gespeichert werden – der Termin ist gebucht, bezahlt wird in der Apotheke vor Ort. Selbstverständlich besteht ebenfalls die Möglichkeit, einen Termin vor Ort oder telefonisch zu vereinbaren.
Nach der Probenentnahme wird diese von der Apotheke an ein Labor verschickt. Die Ergebnisse werden digital aufbereitet und liegen innerhalb weniger Tage vor. Die Tests liegen über das Portal als strukturierte Gesundheitsdaten vor. Patient:innen können also sehen, wie sich beispielsweise der Vitamin D-Spiegel über ein Jahr hinweg entwickelt hat, wenn supplementiert wird oder eben nicht.
Produkt aus Apothekensicht
Das eigentliche Kernprodukt ist das Befunds-, Patient:innen- und Testmanagement, welches in der Apotheke vor Ort läuft und diesen kostenfrei zur Verfügung gestellt wird. Alles ist komplett digital abrufbar, wie zum Beispiel folgende Daten:
- Welche Termine stehen heute oder nächste Woche an?
- Welcher Patient hat wann welchen Test gemacht?
- Welchen Status hat der jeweilige Test?
Nach der Anmeldung wird die Software entsprechend der Apotheke eingerichtet und der Testkatalog besprochen. Im Paket enthalten sind auch die Probenentnahmematerialien: Lanzetten, Kapillarröhrchen, Versandröhrchen und sogar vorfrankierte Versandtaschen.
Die Blutentnahme erfolgt dann via Kapillarbluttests. „Das hat regulatorische Gründe, da Vollblut in der Apotheke nicht entnommen werden darf. Wir wollen zukünftig unser Spektrum noch auf Speichel und Urin erweitern“, so der Anbieter. Die Genauigkeit im Vergleich zum Vollblut wurde durch das zuständige Labor bestätigt. „Es werden keine großen Blutbilder ausgewertet, sondern Fokus auf einen einzelnen Biomarker gelegt. Die Ergebnisse sind zuverlässig“, so Noack.
Bekanntes Procedere
Die Probenentnahme dauer keine fünf Minuten: „Ein Pieks in die Fingerkuppe, ähnlich wie beim Blutzuckermessen. Man braucht fünf Tropfen Blut, das sind etwa 300 Mikroliter.“ Da Kapillarblut nicht so temperaturempfindlich ist, wie Vollblut, müssendie Proben nicht im Kühlschrank gelagert werden. Die Proben sollten täglich verschickt werden: „Per Post – das funktioniert und ist schnell genug. Wir haben das inzwischen getestet. Zudem werden die Proben digital getaggt, sodass das Labor bereits vor der Auswertung feststellen könnte, ob das Material eventuell doch etwas zu lange unterwegs war und eine neue Abnahme nötig wäre.“
Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden die Patient:innen informiert. Die Apotheke kann die Auswertung ebenfalls einsehen und bei Auffälligkeiten an den Arzt verweisen. „Es wäre toll, wenn diese Art der Diagnostik in die Regelversorgung überführt werden könnte“, wünscht sich Noack.