Apotheken sollen ab dem Herbst nicht mehr nur die Arztpraxen, sondern auch die Impfzentren mit Corona-Impfstoff beliefern. Das haben die Gesundheitsminister und -senatoren am Montag auf der Gesundheitsministerkonferenz beschlossen. Außerdem sollen für die Apotheken weitere Erleichterungen bei der Umverteilung von Impfstoffen geprüft werden.
Bund und Länder wollen bis Mitte August prüfen, wie die Impfzentren, ihre mobilen Impfteams und der öffentliche Gesundheitsdienst spätestens ab dem 1. Oktober durch die Apotheken und den pharmazeutischen Großhandel mit Corona-Impfstoffen beliefert werden können. Das geht aus dem Beschlusspapier der gestrigen Gesundheitsministerkonferenz hervor, das APOTHEKE ADHOC vorliegt. Laut der Allgemeinverfügung, die vergangene Woche die Umverteilung von Impfstoffen neu regelte, dürfen Apotheken bereits Überschüsse an Impfzentren abgeben. Darauf aufbauend dürften sie bald deren gesamte Impfstoffbelieferung übernehmen.
Es sei derzeit ein Rückgang der Nachfrage sowohl in den Impfzentren als auch in den Arztpraxen und bei den Betriebsärzten zu verzeichnen. „Da die Verfügbarkeit an Impfstoffen die Nachfrage schon bald deutlich übersteigen wird, werden im Laufe des August die verfügbaren Impfstoffmengen nicht mehr vollumfänglich an die Länder, Arztpraxen und Betriebsärzte ausgeliefert werden müssen“, so das Papier. Deshalb müsse eine übermäßige Lagerhaltung bei den Ländern und in Arztpraxen vermieden werden. Zu diesem Zweck haben die Minister und Senatoren im Einvernehmen mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Reihe von Beschlüssen gefasst, die eine flexiblere Verteilung und unkompliziertere Verimpfung der Impfstoffe ermöglichen sollen.
Neben der Belieferung der Impfzentren durch die Apotheken solle laut Beschluss geprüft werden, welche Regelungen getroffen werden können, damit Apotheken künftig noch mehr Freiheiten bei der Umverteilung von Impfstoffen kriegen. Bisher konnten Apotheken nur bei ihrem Hauptlieferanten ausschließlich den Impfstoff bestellen, der auch von den Praxen bestellt worden war. Per Allgemeinverfügung hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Regelungen Mitte Juli dahingehend angepasst, dass Apotheken die Möglichkeit eingeräumt wird, „die vorrätigen überschüssigen Impfstoffe gegen Covid-19 an andere Leistungserbringer abzugeben, die ihn zweckgemäß verwenden können“. Apotheken können seitdem auch an Vertrags-, Privat- und Betriebsärzte abgeben, „die bei ihnen nicht oder nicht in dem entsprechenden Umfang bestellt haben, wenn dies die Erfüllung ihrer übrigen Abgabeverpflichtungen nicht beeinträchtigt“. Das Impfzubehör muss dabei – anders als bei der regulären Belieferung – nicht mit abgegeben werden. Hier soll nun noch weiter gelockert werden: „Weitere Flexibilisierungen wird das BMG prüfen“, heißt es im gestrigen Beschluss.
Ebenfalls flexibler gestaltet werden soll die Belieferung von außerordentlichen Impfaktionen: Für zusätzliche niedrigschwellige Impfangebote durch mobile Impfteams oder Impfzentren – als Beispiele werden Impfaktionen auf Marktplätzen, in Kirchen, Supermärkten, Einkaufshäusern, Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen genannt – sollen die dafür benötigten Impfstoffen durch den Bund zur Verfügung gestellt werden. Wenn Apotheken oder niedergelassene Ärzte Kooperationspartner solcher Impfaktionen sind, ist eine Bestellung der benötigten Impfdosen durch die beteiligten Ärzte auch über Großhandel und Apotheken möglich.
Neue Wege sollen auch für den Umgang mit übriggebliebenem Impfstoff eröffnet werden. „Der Verwurf von Impfstoffen muss auf ein Minimum begrenzt werden“, so der Beschluss. Der Bund wolle deshalb Impfstoff an Staaten außerhalb der EU spenden. Impfstoffe, die in der nationalen Impfkampagne nicht zum Einsatz kommen und deren Lagerhaltung eine Weitergabe zulässt, sollen Drittstaaten durch Impfstoffspenden zur Verfügung gestellt werden. Das BMG werde dafür zeitnah einen logistischen Prozess auf den Weg bringen, um die Impfstoffe, die bisher ausschließlich in den Verteilzentren der Länder gelagert wurden, bei den Ländern abzuholen.
Das ist rechtlich und logistisch nicht trivial: Bund und Länder werden laut Beschluss in einem fachlichen Austausch miteinander beraten, wie mit Impfstoffen, die bereits an Impfzentren und Arztpraxen ausgeliefert wurden, „vor dem Hintergrund pharmazeutisch-technologischer und rechtlicher Fragestellungen umgegangen werden kann“. Denn grundsätzlich sind Abgaben von Impfstoffen an Drittstaaten ausschließlich durch die Bundesregierung möglich.
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