Nachdem die letzte Apotheke im thüringischen Dorf Lengenfeld unterm Stein vor zwei Jahren schloss, wurde sie durch die Eichsfeld-Apotheke Heyerode von Inhaberin Jessyca Martin mitversorgt. Jetzt hat die Apothekerin dort ihren ersten Gesundheitsmarkt eröffnet.
Seit Ende 2011 ist die vormals selbstständige Gemeinde ein Ortsteil der Landgemeinde Südeichsfeld. Die 6600-Seelen Gemeinde hat in den vergangenen Jahren nur Schwund erlebt: Es gibt hier weder einen Supermarkt, noch einen Blumenladen. Vor zwei Jahren verschwand dann die örtliche Apotheke. „Selbst die Gemeinde hat ihre Verwaltungsgesellschaft dort stillgelegt, weil sich der personelle Aufwand nicht mehr gelohnt hat“, weiß Martin. Das Haus stand also leer; als die Apothekerin mit ihrer Idee eines Gesundheitsmarktes um die Ecke kam, freute sich der Bürgermeister – und bot Martin die Räumlichkeiten an.
Wegen des Brückentags, an dem auch die örtliche Arztpraxis geschlossen war, blieb der große Andrang zur Eröffnung laut Martin aus. Dennoch seien die Anwohnerinnen und Anwohner neugierig und hätten sich das neue Geschäft angesehen. „Die Menschen sind extrem dankbar, dass im Ort einfach mal wieder etwas aufgemacht hat und sie jetzt vor Ort einen Ansprechpartner haben.“
Mit den Öffnungszeiten will sich der an der örtlichen Arztpraxis orientieren: „Wir haben täglich von 8 bis 13 Uhr geöffnet sowie Montag- und Donnerstagnachmittag von 15 bis 18 Uhr.“
Die größte Sorge der Anwohnerinnen und Anwohner: die Einlösung des E-Rezepts. „Hier wollen wir gezielt eine Hilfestellung geben, Rezepte einreichen zu können. Wir wollen den Leuten in Gesundheitsfragen ein Geleit geben, damit sie wissen, wo sie mit ihrem Anliegen hingehören.“
Die Arztpraxis im Ort stelle laut Martin Verordnungen lediglich auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) aus. „Damit kommen viele Menschen hier nicht zurecht, gerade der ältere Teil der Bevölkerung. Die können die App auf dem Handy einfach nicht bedienen.“ Andere Ausstellungswege nutze die Arztpraxis laut Martin nicht. „Und bislang gibt es keine Regelung, ob es zukünftig Rezeptsammelstellen für E-Rezepte geben wird – und welchen Anforderungen die gerecht werden müssen“, gibt sie zu bedenken.
Darüber hinaus hat der Gesundheitsmarkt Körperpflegemittel und Pflegehilfsmittel vorrätig, auch freiverkäufliche nicht apothekenpflichtige Präparate. Damit will die Apothekerin vor Ort eine Art „erste Hilfe“ anbieten können. Derzeit arbeiten zwei PTA im Gesundheitsmarkt, die hier eine Lotsenfunktion übernehmen, „Die arbeiten weiterhin bei mir in der Apotheke und stundenweise im Markt.“ Auch die Inhaberin selbst ist derzeit im Geschäft vertreten. Eine pharmazeutische Beratung gibt es hier nicht – „die gibt es nur bei uns in der Apotheke“.
Nach der Etablierung des Treffurter Gesundheitsmarktes – der rund 20 Kilometer entfernt liegt – habe sich die Haltung der Landesapothekerkammer (LAKT) nicht verändert. „Die ist strikt gegen den Markt. Wir haben einige Diskussionen geführt. Es besteht nach wie vor die Sorge, dass der Gesundheitsmarkt als Einnahmequelle erkannt werden könnte.“
Für die Apothekerin sind diese Bedenken nicht nachvollziehbar: „Die großen Apotheken sind so erfolgreich, weil sie den lokalen Markt nicht bedienen. Sie kommen nicht hierher, sonst hätten nach und nach nicht alle Geschäfte vor Ort geschlossen. Dann hätte die Gemeinde längst wieder eine Apotheke.“
Doch das kann auch die Inhaberin der Eichsfeld-Apotheke nicht leisten: „Ich habe das Personal nicht. Und auch der Umsatz, der dort generiert wird, reicht nicht, um das Personal halten zu können. Wir haben so viele Regularien, die Kosten verursachen, allein das ist schon ein Totschlagargument.“ Gerade für das ländliche Thüringen sei ein niedrigschwelliges Angebot wie ein Gesundheitsmarkt „extrem wichtig“, findet die Apothekerin.