Noventi ist mit 39 Prozent an der Plattform Gesund.de beteiligt. Rund 10 Millionen Euro hat der Apothekendienstleister bislang in das Projekt investiert. Noventi-CEO Dr. Hermann Sommer betonte im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC, dass man mit Gesund.de auch künftig kein Geld verdienen müsse. Es geht vielmehr darum, die Existenz der eigenen Kundschaft zu retten.
Bislang ist der Erfolg von Gesund.de und vergleichbaren Plattformen im Markt überschaubar. Weil sich der Start des E-Rezepts immer wieder verzögert hat, fehlt ein wichtiger Anwendungsfall. „Wir hatten früher mit dem E-Rezept gerechnet“, gibt auch Sommer zu. Aber Gesund.de soll ohnehin größer werden: „Wir den jetzt den nächsten Schritt: Die gesamte Gesundheitsbranche zu vernetzen. Wir bauen nicht die TI-Struktur neu, sondern wir nutzen sie, um die Leistungserbringer untereinander und mit den Patienten bis hin zur Abrechnung in geeigneter Form miteinander vernetzen.“ Der Gesetzgeber habe nun einmal festgelegt, dass die Apotheken zuerst umstellen müssen. Aber inzwischen bringe Noventi TI-Anschlüsse auch zu den sonstigen Leistungserbringern. Ziel ist es, alle auf Gesund.de zusammenzuführen.
Bis jetzt hat das Projekt hauptsächlich Geld verschlungen. Wird es sich irgendwann lohnen? „Wir hoffen, dass wir damit die Basis dafür schaffen, dass unsere Kunden überhaupt im Rennen bleiben. Das klingt jetzt hart: Wenn uns das gelingt, müssen wir da kein Geld verdienen, sondern sichern das Geschäftsmodell unserer derzeitigen Kunden und damit unser eigenes“, sagt Sommer.
Im Wettbewerb etwa mit großen Versandapotheken ist die Präsenz in der Werbung eine große Herausforderung für Gesund.de. Sommer setzt darauf, dass die Apotheken den Verbraucher:innen erklären, dass und wie sie die Plattform nutzen. Anders werde es nicht gehen. Zwar sollen für Gesund.de bald auch wieder TV-Spots laufen. Aber: „Der Direktkontakt mit dem Endverbraucher, das ist nicht unser Hauptfokus“, beschreibt Sommer die Ausrichtung.
Die Apothekerkammer Nordrhein geht unter anderem wegen der Umsatzbeteiligung gegen Gesund.de vor. Die Geschäftsführung der Plattform will sich zu dem laufenden Verfahren nicht weiter äußern. Sommer ist aber zuversichtlich: „Es gibt das nicht im Rx-Bereich und im OTC-Segment kann man eine die Umsatzbeteiligung verlangen. Wir sind da auf einer guten Seite und tragen das gerne aus“, so der Noventi-Chef.
Etwas holprig läuft es im EDV-Bereich: Die Sparte wirft wenig Ertrag ab und die Umstellung auf eine einheitliche Warenwirtschaft beim Projekt Awinta One wurde abgebrochen. „Die Kunden von ihrem gewohnten System auf ein anderes zu zwingen, das war der falsche Weg und deshalb haben wir das beendet. Wir regeln das jetzt über Neuinstallationen“, SO Sommer. Er ist trotzdem sehr zufrieden mit der Softwaresparte: Man habe die meisten E-Rezepte bedient, auch wenn andere das von sich behaupteten. „Bei der Gematik kann man nachlesen, dass wir ungefähr die Hälfte der E-Rezepte haben. Wir sind sehr glücklich mit der Awinta“, so Sommer.
Aus Sicht des Noventi-Chefs wird der EDV künftig eine noch größere Bedeutung zukommen: „Alle Geschäftsmodelle in der Abrechnung bauen darauf auf, dass wir in der Warenwirtschaft die Daten generieren, die wir benötigen, um Factoring-Modelle fahren zu können. Ich kann mir vorstellen, dass die Abrechnung künftig ein Teil der Warenwirtschaft wird.“ Konkurrent CGM beschreite mit der Scanacs-Beteiligung auch schon diesen Weg.
Das Gespräch mit Dr. Hermann Sommer wurde am 23. Juni 2022 geführt. Ein Interview zur neuen Geschäftsausrichtung von Noventi finden Sie hier.
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