Schließungen auf dem Land

Gesucht und nicht gefunden

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Berlin -

Vor allem in ländlichen Gebieten beginnt das Jahr wieder mit schlechten Nachrichten: Mancherorts schließt die letzte Offizin, die Arzneimittelversorgung wird weiter ausgedünnt. Dabei waren viele Inhaber bis weit über das Rentenalter hinaus im Dienst – dass sie trotz jahrelanger Suche keinen Nachfolger finden, ist dennoch Normalität.

Marianne Möller wird sicherlich noch vermisst werden. Bis zum 31. Dezember betrieb sie die letzte verbliebene Apotheke in Vorwerk, einem Vorort der niedersächsischen Stadt Celle. Die lief nach ihren Angaben auch gut: „Die Zahlen liegen absolut im grünen Bereich“, sagte sie der lokalen Celleschen Zeitung. „Wir sind ein eingespieltes Team, haben moderne Technik und einen gewachsenen Kundenstamm.“ Dennoch: Einen Nachfolger fand sie nicht. „Ich habe zwei oder drei Jahre lang versucht, einen Nachfolger zu finden. Es hat aber keiner der Interessenten den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt“, wird sie zitiert.

Junge Kollegen wollen demnach heutzutage lieber angestellt sein und geregelte Arbeitszeiten haben, statt sich dem Stress und der Unsicherheit der Selbstständigkeit auszusetzen. Die politischen Unwägbarkeiten mindern das nicht, vor allem mit Blick auf die Rabatte der ausländischen Versender. So hat Möller sich zur Schließung durchgerungen – mit fast 69 Jahren auch aus Gesundheitsgründen.

Vor allem für die älteren Menschen des Ortes geht damit eine große Stütze verloren. „Für unsere vielen Stammkunden haben wir Unmögliches möglich gemacht“, sagt Möller. Insbesondere Senioren würden die wohnortnahe Versorgung und den persönlichen Kontakt zu schätzen wissen. Wer nun ein Medikament brauche, müsse in den Nachbarort Garßen oder die Innenstadt von Celle fahren, was insbesondere für ältere Menschen nicht ganz einfach sei. Dennoch will sie den Menschen im Ort Mut machen: „Vorwerk ist ein Ort mit wunderbaren Bürgern und einem regen Vereinsleben. Man hat hier alles, was man zum Leben braucht. Nur leider keine Apotheke mehr.“

Ebenfalls seit langem in Rente sein könnten Lieselotte und Horst Haßiepen aus Wegberg bei Mönchengladbach: er seit 16 Jahren, sie seit acht. Das 81- und 73-jährige Pharmazeuten-Ehepaar hat den Ruhestand seit Jahren hinausgezögert, einerseits aus Spaß an der Arbeit, andererseits wegen des strukturellen Wandels in ihrer Umgebung, wie sie der Rheinischen Post erzählten.

So hätten sich zur Gründungszeit der Apotheke – Eröffnung war am 5. Januar 1970 – einige Arztpraxen in direkter Nähe befunden, seien aber im Laufe der Jahre abgewandert. Es würde sich deshalb nicht mehr lohnen, die Apotheke weiterzuführen. Glücklicherweise aber auch nicht zuletzt deshalb, weil ihr gemeinsamer Sohn Jörg bereits seit einigen Jahren die nahegelegene Entenapotheke betreibt.

„Wir haben es wirklich mit Freude gemacht, sonst hätten wir es nicht so lange gemacht“, zitiert die Rheinische Post das Paar. Dabei hätten auch die Mitarbeiter eine große Rolle gespielt: Die haben bis zu 47 Jahre an ihrer Seite gestanden. Mit entsprechend vielen Emotionen ist der Abschied verbunden – aber nicht nur von ihrer Seite aus: Viele langjährige, treue Kunden seien gekommen, um sich von ihnen zu verabschieden.

Ebenfalls lange über das Mindestalter für die Rente hinaus ist Günter Spiller. Der Inhaber der Hildener Turm-Apotheke geht mit 74 Jahren in den Ruhestand. Im Gegensatz zu den Haßiepens hatte er nicht vor, seine Apotheke zu schließen – aber trotz fünfjähriger Suche keinen Nachfolger gefunden. Es ist das schwere Schicksal vieler Apotheken, die entweder zu klein sind oder in ländlichen Regionen liegen. Dann hilft manchmal nur großes Glück, um die Schließung noch abzuwenden.

Aber auch wenn man Premium-Stadtlage und einen guten Umsatz, gibt es noch Gründe, zu schließen. Für Apothekerin Claudia Martens aus München war es die Entwicklung der gesamten Branche, die sie zu mürbe gemacht hat, um den Betrieb weiter zu führen. Wohl denen, die selbst nur gerüchtweise von ihrer eigenen Schließung hören. So wie Apothekerin Daniela von Nida aus dem hessischen Groß-Zimmern: Sie wurde nach ihrer Schließung gefragt, über die die Leute im Ort schon reden – und konnte dementieren.

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