Ende vergangener Woche hatten Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern noch mehr Ärger mit den Corona-Impfstofflieferungen als sonst: Entgegen der Zusagen aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) wurde Apotheken auch Lieferungen für Zweitimpfungen gestrichen. Betroffen waren nur AHD-Kunden und von denen auch nicht alle. Offenbar war die Ursache ein Berechnungsfehler. Nachdem seine Mitglieder Druck gemacht hatten, legte sich der Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern ins Zeug und erwirkte in Zusammenarbeit mit dem dortigen Wirtschafts- und Gesundheitsministerium jetzt Nachlieferungen. Wo genau die herkommen, weiß der Verband aber selbst nicht.
Es ist nochmal gut gegangen, lässt aber weiterhin einige Fragen zurück: Vergangene Woche erhielten mehrere Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern die Benachrichtigung, dass ihnen nicht nur alle Comirnaty-Bestellungen für die Erst-, sondern teils auch für die Zweitimpfungen gestrichen werden. Merkwürdigerweise waren davon nur AHD-Kunden betroffen – und von denen wiederum auch nur ein Bruchteil. „Es wurden nicht alle Apotheken gleichermaßen gekürzt. Wir sind ein Filialverbund mit mehreren Apotheken, von denen aber nur die gekürzt wurde, in der ich arbeite“, erzählt Apotheker Michael Berger*. Insgesamt 113 Vials für 22 Ärzte hatte er bestellt, 29 für die Erst- und 84 für die Zweitimpfungen. Am Mittwoch wurde ihm mitgeteilt, dass die 29 Vials komplett gestrichen wurden und er von den 84 Vials für die Zweitimpfungen nur 70 erhält.
Also wendete er sich erst an AHD, dann an den Verband – wie zahlreiche andere Apotheken auch. „Es war schwer, da jemanden zu erreichen. Beim Verband wurde mir gesagt, dass die Telefone da nicht mehr stillstehen“, so Berger. Der Verband bestätigt das. „Hier haben zahlreiche Mitglieder angerufen und um Hilfe gebeten. Später kam auch die Kassenärztliche Vereinigung auf uns zu, denn an die hatten sich wiederum Hausärzte gewandt. Für die ist es ja der Super-GAU, wenn sie so kurz vor den Ferien bereits zugesicherte Zweitimpfungstermine absagen müssen“, erklärt Geschäftsführer Carsten Pelzer.
Dabei war der Verband zu Beginn genauso ahnungslos wie alle anderen Beteiligten. „Wir mussten selbst erst einmal herausfinden, wo das Problem lag“, so Pelzer. Also begann auch er, herumzutelefonieren: Apotheken, Kassenärztliche Vereinigung, AHD, Wirtschafts- und Gesundheitsministerium. Das Ministerium wiederum spielte die Anfragen zurück und wollte vom Verband genauere Informationen zu den Kürzungen. Der wiederum leitete das an die Betroffenen weiter. „Am Donnerstag habe ich dann vom Verband eine Mail erhalten, dass wir dem Ministerium die fehlenden Lieferungen melden sollen“, erzählt Berger. Das wiederum wandte sich an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in Berlin, um eine Nachlieferung zu erwirken.
„Zwischenzeitlich hatte sich dann auch noch der Deutsche Apothekerverband eingeschaltet, um auf Bundesebene Druck zu machen“, erklärt Pelzer. Offenbar war der Einsatz nicht vergebens: Bereits Freitagvormittag – keine 24 Stunden nach der Abfrage durch das Ministerium – konnte der Verband seinen betroffenen Mitgliedern zusichern, dass die gestrichenen Dosen doch geliefert werden. Die Bestätigung von AHD kam erst Stunden später, berichtet Berger – und ohne zu erklären, was denn nun das Problem war: „In der Mail stand ‚aus den genannten Gründen‘. Ich dachte mir nur, dass mir doch gar keine Gründe genannt worden waren!“ Da hatten bereits Gerüchte die Runde gemacht, woran es liegen könnte: So sollen sich andere Bundesländer eingeschaltet haben und Kontingente zu Ungunsten Mecklenburg-Vorpommerns umverteilt worden sein.
Auf Nachfrage bestätigt AHD den Ablauf und räumt ein, dass der Fehler beim Großhändler lag. „Gleich am Donnerstagabend standen wir im Austausch mit dem Schweriner Wirtschafts- und Gesundheitsministerium und dem Apothekerverband“, so eine Sprecherin. „Die Kürzungen wurden leider auf Basis einer veralteten Berechnungstabelle gemacht. Wir freuen uns, dass wir eine schnelle Lösung gefunden haben und bedauern noch einmal die entstandenen Unannehmlichkeiten.“ Am Montag seien die betroffenen Apotheken wie angekündigt beliefert worden, nur „ein paar wenige Apotheken erhalten morgen zusätzlich noch kleine Restmengen“.
Wo genau die herkommen, weiß der Verband nach eigenen Angaben auch nicht. Offenbar handelt es sich aber um eine Nachlieferung aus Bundesbeständen. Denn der Bund hat trotz der aktuellen Engpässe über eine Million Dosen Comirnaty beiseitegelegt, um ebensolche Ausfälle bei Zweitimpfungen zu verhindern. Selbst wenn er nun die Zusage hat, noch am Montag alle Vials zu erhalten – ganz vorbei ist die Sorge zumindest bei Apotheker Berger noch nicht. „Ich habe bereits am Donnerstag das Zubehör für die 70 Vials bekommen und heute extra nochmal bei AHD angerufen, dass ich auch da eine Nachlieferung brauche. Sonst habe ich zwar den Impfstoff, aber kein Zubehör dafür.“
*Name von der Redaktion geändert
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