Sildenafil-Reklamationen in Apotheken Carolin Bauer, 19.09.2015 09:05 Uhr
Schlagen Arzneimittel nicht an, ist der Apotheker in der Erklärungsnot. Besonders groß ist der Ärger, wenn der Patient das Präparat selbst bezahlt hat. In einigen Apotheken haben sich zuletzt vermehrt Kunden mit erektiler Dysfunktion über die unbefriedigende Wirkung von Sildenafil-Generika beschwert. Vor allem das Produkt von AbZ enttäuscht. In Ulm zeigt man sich kulant.
Bei Apotheker Dr. Abdulnasser Almasalmeh gingen gleich mehrere Beschwerden ein. Ein Kunde hatte mit dem Potenzmittel von AbZ in der Dosierung 100 mg keinen Erfolg. „Als es nach einer Tablette nichts wurde, hat er am nächsten Tag sogar zwei Tabletten auf einmal genommen und nichts ist passiert“, sagt der Filialleiter der Obentraut-Apotheke im niedersächsischen Seelze.
Almasalmeh hatte daraufhin versucht, die Ursache für das Therapieversagen im Beratungsgespräch herauszufinden. Er habe andere Krankheiten oder Medikamente abgefragt. „Ich habe auch darauf hingewiesen, dass es eine Stimulation geben muss“, sagt er. Doch die Ursache blieb unklar. Ein weiterer Kunde hatte ähnliche Probleme mit generischem Sildenafil. „Er hat gesagt, er habe 'nicht einmal rote Ohren' bekommen.“
Beratungsgespräche, die ein Apotheker aus Süddeutschland kennt: Der Pharmazeut hat einen Kunden, der regelmäßig Sildenafil verschrieben bekommt. Zuletzt sei dieser empört in die Offizin gekommen und habe sich ebenfalls über das AbZ-Präparat aufgeregt. „Er wollte die Tabletten nicht mehr und verlangte Ersatz“, so der Apotheker.
Auch hier konnten Krankheiten ausgeschlossen werden. Das Geld für die Packung hat der Kunde erstattet bekommen, dem Apotheker wurde der Ausfall auf kleinem Dienstweg ersetzt. Andere Kunden hätten berichtet, dass es bei Generika länger dauere, bis es eine Erektion gebe. Auch das Gefühl sei im Vergleich zum Original von Pfizer ein anderes.
Bei AbZ versteht man die Kritik nicht. Zu Sildenafil liege keine auffällige Zahl an Reklamationen vor, sagt ein Sprecher. „Die pharmazeutische Qualität der wenigen eingesandten Produkte konnte in allen Fällen einwandfrei belegt werden.“
Die Sicherung der pharmazeutischen und therapeutischen Qualität besitze großen Stellenwert. Die zugelassene Zusammensetzung eines Arzneimittels müsse immer gleich bleiben, die Wirkstoffe müssten stabil und rein sein sowie exakt dosiert werden, so der Sprecher.
Der Hersteller empfiehlt Apothekern, im Fall einer Reklamation den offiziellen Weg zu gehen. Nach der Einsendung würden die Produkte auf Qualität kontrolliert und dokumentiert. „Unser Unternehmen erstattet im Fall einer Reklamation unabhängig vom Ergebnis der Qualitätsprüfung der Apotheke die Kosten des eingesandten Produkts“, so der Sprecher. Meldungen zu unerwünschten oder nicht vorliegenden Arzneimittelwirkungen würden ernst genommen.
Gemessen am Absatz liegt AbZ unter den Generikaanbietern aktuell vorn: Die Ratiopharm-Schwester kommt auf einen Marktanteil von 15 Prozent. Dahinter rangiert knapp 1A Pharma mit 14 Prozent. Weitere Anbieter sind Ratiopharm, Hexal, Aristo und Hormosan. Insgesamt waren zuletzt 25 Anbieter von Sildenafil-Generika auf dem Markt.
Sildenafil ist hierzulande seit Ende Juli 2013 patentfrei. Nach dem Patentverlust waren die Packungen immer größer geworden. Im Oktober 2013 wartete Hennig mit einer 36er-Packung der Tabletten mit der Wirkstärke 100 mg auf. Ein Jahr später toppte Ratiopharm das Angebot mit einer 48er-Großpackung für 99,90 Euro. Damit drückte die Teva-Tochter den Preis pro Tablette auf 2,08 Euro, rund 40 Prozent weniger als bei der eigenen 24er-Packung. Hennig zog nach und bot die 48er-Packung für 99,79 Euro an.