Zwangsversteigerung: Gemeinde kauft Apotheke Silvia Meixner, 03.07.2018 15:09 Uhr
Zwangsversteigerung der Hof-Apotheke in Hechingen – die Gemeinde bekam den Zuschlag. Sie will für das schmucke alte Marktplatzgebäude, das seit Jahren leer steht, eine neue Nutzung finden. Die Apotheke gab es vergleichsweise zum Schnäppchenpreis. Allerdings hat das Haus seine Tücken.
Für 286.000 Euro bekam die ehemalige Hof-Apotheke auf dem Marktplatz 2, die unter Denkmalschutz steht, jetzt neue Besitzer. „Es ist ein Glücksfall, dass es zu keinem Bietergefecht gekommen ist und astronomische Summen aufgerufen wurden“, sagt Thomas Jauch, Pressesprecher der Stadt Hechingen. 286.000 Euro sind rund 22.000 Euro mehr als das vom Gericht festgesetzte Mindestgebot. Konkurrenzgebote gab es nicht. Die Hohenzollerische Zeitung schreibt dazu, Bürgermeister Philipp Hahn (CDU) und sein Wirtschaftsbeauftragter Hans Marquart hätten allen bekannten Interessenten vorab signalisiert, dass die Stadt „das für die Stadtentwicklung so wichtige Gebäude unbedingt haben wolle und notfalls bis an alle Schmerzgrenzen gehen werde“.
Der Erwerb der Immobilie ist auch ein politischer Erfolg für Hahn. Er ist seit April im Amt und wurde mit 90,7 Prozent der Wählerstimmen gewählt. Hahn kann mit dem Ergebnis der Zwangsversteigerung bei den Bürgern punkten. Bei einem allerdings sicher nicht: Der Vorbesitzer der Hof-Apotheker, Cosimo Piccinni, ist ein in Hechingen berühmter Mann.
Laut Hohenzollerische Zeitung hatte Piccinni versucht, die Zwangsversteigerung bis zur letzten Minute zu verhindern. Das Blatt schreibt: „Der stadtbekannte italienische Geschäftsmann hatte von Rom aus bis zuletzt alle Register gezogen, um die Versteigerung zu verhindern. Das Hechinger Amtsgericht hatte aber noch unmittelbar vor dem Termin letzte Einsprüche abgewiesen. Jetzt bleibt dem bisherigen Besitzer nur noch das Rechtsmittel der Zuschlagsbeschwerde.“
Im Bürgermeisteramt von Hechingen sieht man das gelassen. Jauch sagt: „Momentan ist die Stadt der Besitzer. Der Grundbucheintrag wird noch Monate dauern, da in Baden-Württemberg das Notarswesen derzeit vollständig umgestaltet wird.“ Mit Problemen mit Piccinni müsse die Stadt aber durchaus rechnen: „Tatsache ist, dass er keine Möglichkeit auslässt, um Rechtsmittel auszuschöpfen.“
Der Italiener gerät mit seinen Plänen immer wieder in die Schlagzeilen der Lokalpresse. Vor einigen Jahren kauften er und sein Sohn das Gelände der ehemaligen Bereitschaftspolizei-Kaserne, um ein naturnahes, in die Landschaft integriertes Hotel zu bauen. „Er hat dem Gemeinderat die Pläne für sein Erdhügelhotel vorgestellt, der Gemeinderat stimmte zu, danach passierte jahrelang nichts“, so Jauch. Als neben dem Piccinni-Grundstück ein „Ruheforst“, ein Areal für Urnenbestattungen im Wald, eröffnet wurde, legte Piccinni Protest ein. „Er hat einen Gerichtsprozess geführt, weil er verhindern wollte, dass Trauergäste an seinem Grundstück vorbeifahren.“ Piccinni klagte gegen den Bebauungsplan und unterlag vor Gericht, irgendwann war seine Baugenehmigung dann abgelaufen.
Mit dem Immobilien-Schnäppchen der Hof-Apotheke ist allerdings nicht nur Jubel verbunden. In dem denkmalgeschützten Haus aus der Zeit um 1800 hat es zweimal, 2012 und 2015, gebrannt. „Von außen sieht das Gebäude nach vorne hin intakt aus, es muss aber saniert werden.“ Wie viel Geld die Stadt investieren muss, ist derzeit noch völlig unklar. Bereits im 19. Jahrhundert befand sich in dem Gebäude eine Apotheke, der letzte Apotheker ging vor einigen Jahren in den Ruhestand. Im März 2015 wurde sie geschlossen.
„Das Nachbargebäude der Apotheke musste abgerissen werden, eine Front der Apotheke ist mit Plastikfolie geschützt. Nach dem Brand im Apothekengebäude war es vollständig sanierungsbedürftig“, so Jauch. Piccinni habe keine Sanierungen vorgenommen. Der Schwarzwälder Bote berichtete 2016: „Der Aufbau des Gebäudes scheitere, so sagt Nestor Piccinni, dass er seit dem Jahr 2012 eine gerichtliche Auseinandersetzung um die Versicherungssumme führe, die bisher nicht an ihn ausbezahlt worden sei. Dieser Streit sei auch der Hintergrund der Zwangsverwaltungen, unter die seine Hechinger Immobilien gestellt wurden. Bekanntlich hat Piccinni die Hof-Apotheke gekauft, kurz bevor ein Brand benachbarter Häuser einen Teil des Gebäudes schwer beschädigt hat. Die Sparkassen-Gruppe weigere sich aber, ihm die Versicherungssumme auszuzahlen.“
Der Streit um diese offene Summe, die er für den Wiederaufbau der Hof-Apotheke einsetzen wolle, sei auch der Hintergrund dafür, dass Immobilien von ihm unter Zwangsvollstreckung stehen, versicherte er damals gegenüber dem Schwarzwälder Boten. Tatsächlich schulde nicht er der Sparkassen-Gruppe Geld, sondern es sei genau umgekehrt. Er verwies auf ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 2014, das ihm im Streit mit der Sparkassen-Versicherung Recht gegeben habe. Dennoch sei an ihn kein Geld ausbezahlt worden. Danach kam es zu einem Zwangsvollstreckungsverfahren an, dessen vorläufiges Ende nun die Versteigerung ist.
„Die Belebung der Altstadt ist uns ein großes Anliegen und notwendig. Wir haben wie viele andere Städte zu kämpfen. Wir überlegen jetzt, wie man das Gebäude der Apotheke künftig nutzen kann“, sagt Jauch. Im Gespräch ist unter anderem der Umzug der Volkshochschule ins Stadtzentrum. Jetzt will die Stadt auch noch das Nebengrundstück erwerben: „Es ist eine Freifläche, der Gemeinderat muss dies noch diskutieren.“