AOK-Rabattverträge

Geheimsache Generika-Gemeinschaft Patrick Hollstein, 25.05.2011 11:33 Uhr

Berlin - 

Nicht nur der kurze Vorlauf und daraus resultierende mögliche Lieferschwierigkeiten einiger Hersteller machen die neuen AOK-Rabattverträge zu einer Herausforderung für die Apotheker: Erschwerend kommt hinzu, dass die großen Generikakonzerne diesmal in großem Umfang als Bietergemeinschaften an den Start gegangen sind. Bis heute wissen viele Apotheker nicht, welche Produkte letztendlich die neuen Rabattarzneimittel sein werden.

Wer sein Generalalphabet vor dem Start auf die neuen Produkte umstellen wollte, hatte bislang wenig Aussicht auf Erfolg. Die AOK kommunizierte Anfang Mai nur, welche Bieter welche Wirkstoffe gewonnen haben. Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen hatten sich aber mehrere Hersteller als Verbünde an den einzelnen Ausschreibungen beteiligt. So sind als Losgewinner bei knapp 30 der insgesamt 80 Wirkstoffe Bietergemeinschaften wie Ratiopharm/Teva/AbZ/AWD/CT, Stada/Aliud oder 1A/Sandoz ausgewiesen.

Bislang hat die AOK die Apotheken nicht über die Details informiert. Auch von den Verbänden ist noch nicht allzu viel Konkretes zu hören. Die Hersteller wiederum haben zwar nach eigenem Bekunden alle Apotheken per Rundschreiben und über den Außendienst über ihre Zuschläge in Kenntnis gesetzt; vor Ort scheinen die Informationen jedoch nicht angekommen zu sein.


In vielen Fällen werden die Apotheker so erst am Mittwoch - nach dem Blick in die aktualisierte Software - wissen, welche Präparate sie künftig an die AOK-Patienten abgeben dürfen. Dabei gibt es viele Fälle, in denen selbst innerhalb eines Wirkstoffs unterschiedliche Firmen an Lager gelegt werden müssen. Beispiel Nifedipin: Hier hat die Bietergemeinschaft um Ratiopharm/Teva den Zuschlag bekommen. Retardtabletten müssen in den Dosierungen 10 und 40 Milligramm als Corinfar von AWD abgeben werden. Derselbe Wirkstoff in 20 Milligramm kommt dagegen - ebenso wie die Weichkapseln à  10 Milligramm - als Nifedipin von Ratiopharm zum Einsatz.

Ähnlich bei Furosemid: 30, 40, 125 und 500 Milligramm kommen von CT, die 250er Stärke dagegen von Ratiopharm. Oder Spironolacton: 25 Milligramm von Riemser, 50 und 100 Milligramm von Betapharm. Weitere Bietergemeinschaften sind 1A/Sandoz (Diclofenac), Stada/Aliud (ISDN) und Stada/Fresenius (Metronidazol), Heunet/Bluefish (Mirtazapin) und Heunet/Mibe (Azathioprin) sowie Sanofi/Winthrop (Valproinsäure).

Mit unterschiedlichen Marken quer durch einzelne Wirkstoffe erfordern die AOK-Rabattverträge von Apothekenmitarbeitern und Patienten ein ganz neues Maß an Verständnis und Gemütsruhe. Den unmittelbar Beteiligten scheint die Brisanz bewusst zu sein: Eine Woche vor Inkrafttreten der AOK-Verträge zögern einige Hersteller, ihre Bietergemeinschaften offen zu legen. Bei Stada etwa wollte man auf Nachfrage nicht verraten, welche Marken die Apotheken bei den Gemeinschaftszuschlägen abgeben müssen. Die Apotheken seien informiert und bevorratet, sagte ein Konzernsprecher. Andere Hersteller vertreten den Standpunkt, dass alle Informationen rechtzeitig ab Mittwoch in der Software zu finden sind.