Gefälschter Impfpass: Inhaber angegriffen und verletzt Carolin Ciulli, 28.01.2022 10:07 Uhr
Die Angestellten der Bahnhof Apotheke in Lindau haben bereits 70 gefälschte Impfnachweise entdeckt und der Polizei gemeldet. Bislang verhielten sich die Kund:innen zurückhaltend – am Mittwochabend eskalierte eine Situation mit einem vermeintlichen Fälscher und es kam zu einer heftigen Rangelei.
Seit 1988 leitet Karl Konrad in der dritten Generation die Bahnhof Apotheke. So etwas wie am Mittwochnachmittag ist dem Apotheker in dieser Zeit noch nie passiert. Nach 17 Uhr kam ein Schweizer in die Offizin, um sich seinen Impfnachweis digitalisieren zu lassen. Eine Angestellte nahm die Dokumente entgegen und ging nach hinten, um sie zu prüfen. Dabei fielen mehrere Unstimmigkeiten auf, die auf eine Fälschung hindeuteten.
Daraufhin alarmierte sie ihren Chef. Dieser ging nach vorne und informierte den Mann darüber, dass es sich bei dem Nachweis vermutlich um eine Fälschung handele und er deshalb die Polizei informieren werde. „Leider hatte ich die Unterlagen in der Hand“, sagt Konrad. Normalerweise würden diese im Backoffice aufbewahrt werden.
Hand und Bein verletzt
Da der Apotheker nicht hinter dem HV-Tisch stand, war es für den Schweizer einfach, seinen Impfpass schnappen zu wollen. Er wurde handgreiflich und ging auf Konrad los. „Er hat versucht, ihn mir zu entreißen.“ Ein anderer Kunde kam dem Inhaber zur Hilfe und es kam zu einer Rangelei. Dabei wurde der Apotheker gegen einen Schrank gestoßen und verletzte sich an der Hand und am Oberschenkel.
Der Mann konnte mit seinem Impfnachweis fliehen. „Drei Minuten später war die Polizei in der Apotheke.“ Es habe sich um einen Schweizer Ausweis gehandelt, der Rest ist unbekannt, sagt Konrad. Bis vor Weihnachten seien viele Schweizer:innen in die Apotheke gekommen, um ihre Nachweise digitalisieren zu lassen. Seit es die Chargenprüfung gebe, sei die Nachfrage aus dem Nachbarland abgeflacht.
Generell seien die Menschen, die gefälschte Impfpässe vorlegen, eher „defensiv“ und verhielten sich zurückhaltend, wenn man sie mit dem Plagiatsverdacht konfrontiere, sagt Konrad. Der Inhaber riet seinen Angestellten nach dem Vorfall, den Impfnachweis nicht mit nach vorne zu nehmen, um eine Wiederholung zu vermeiden. Zuletzt sei die Zahl der entdeckten Fälschungen zurückgegangen. „In den vergangenen vier Wochen waren es vielleicht fünf.“
Impfregister gefordert
Konrad erlebt in den vergangenen Wochen wie viele Kolleg:innen ein regelrechtes Chaos, wenn es um die Ausstellung der Zertifikate geht. Er kritisiert, dass es in Deutschland kein zentrales Impfregister gebe. „Wir sind immer in der Defensive, da man ja keinem etwas unterstellen, sich aber auch nicht veräppeln lassen will.“