Zukauf statt Eigenprogrammierung

Gedisa liefert zu spät: Impfportal ohne Apotheken

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Berlin -

In Baden-Württemberg fiel gestern der offizielle Startschuss für die Booster-Kampagne. Doch auf dem Impfterminportal der Landesregierung fehlen die Apotheken. Grund sind Verzögerungen bei der Gedisa – die nun mit einem Zukauf den Rückstand aufholen will.

In Baden-Württemberg hatte man sich frühzeitig Gedanken über die im Herbst anstehenden Impfkampagne gemacht. Um ohne die teuren Impfzentren auszukommen, sollten möglichst viele Ärzte, Tierärzte, Zahnärzte und Apotheken mobilisiert werden. Nach Gesprächen mit den Verbänden formulierte die Landesregierung ihr Konzept: Bis zu 810.000 Menschen sollen pro Woche geimpft werden können, 195.000 davon in den Apotheken. Innerhalb von acht Wochen sollte so jede Bürgerin und jeder Bürger ein Angebot erhalten.

Eine gute Organisation soll gewährleisten, dass das System auch einem Ansturm standhält und nicht zum Bumerang für die politisch Verantwortlichen wird. Für die Planung und Umsetzung wurde eine „Taskforce Impfen“ unter der Leitung von Katja Schnell eingesetzt. Vor Ort sollen lokale Impfkoordinatoren für eine reibungslose Umsetzung führen.

Dreh- und Angelpunkt der Impfkampagne ist jedoch eine einheitliche Plattform, über die nicht nur die Termine vergeben, sondern auch die tatsächlich durchgeführten Impfungen in Echtzeit nachvollzogen werden können. Gestern ging die Website impftermin-bw.de ans Netz. Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) sprach von einem „guten Start“: Nach seinen Angaben haben sich bislang rund 660 Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und -ärzte sowie Apotheken registriert.

Keine einzige Apotheke

Tatsächlich ist auf der Website bislang jedoch keine einzige Apotheke zu finden. Und das liegt daran, dass der Landesapothekerverband (LAV) über das Projekt einmal mehr das Angebot der Gedisa ins Spiel bringen wollte. Ein Sprecher des Sozialministeriums erklärte auf Nachfrage, dass die Apotheken über ihre eigenes System angedockt würden.

Beim LAV bestätigt man, dass die Apotheken über das Portal der Gedisa angebunden werden sollen. Noch sei die Programmierung der Terminbuchung nicht ganz fertig, auch an der Schnittstelle werde noch gearbeitet, so ein Sprecher. Man gehe aber davon aus, dass man bis Ende September fertig sei. Ohnehin sei man vom jetzigen Start überrascht worden: Vor etwa zehn Tagen habe man aus einer Pressemitteilung des Ministeriums davon erfahren. Ursprünglich sei der Start für Ende September geplant gewesen.

Gedisa kauft Apomondo

Auch die Gedisa verspricht, dass die Apotheken noch im Laufe des Monats einen Zugang zu einem Terminmanagementsystem bekommen sollen; zunächst werde dieses Tools allen Verbandsmitgliedern zur Verfügung stehen. Ermöglicht werde dies durch eine im August geschlossene Kooperation mit der Firma Apomondo. Tatsächlich hat Gedisa nach Informationen von APOTHEKE ADHOC das Unternehmen mehrheitlich übernommen. Allerdings wird es im besten Fall wohl nur eine abgespeckte Variante geben, die etwa die Personalplanung nicht berücksichtigen kann. Gedisa selbst kündigt eine „initiale Version“ an.

Bis dahin müssen sich Apotheken, die ihr Impfangebot im Portal hinterlegen wollen, händisch registrieren. Wie das geht, teilte das Ministerium erst am Freitag mit. Zunächst müssen sich die Apotheken bei der Kammer registrieren. „Gestern haben wir vom Sozialministerium die notwendigen ‚Tokens’ erhalten, die Apotheken dazu berechtigen, sich auf dem Landesportal zu registrieren“, so eine Sprecherin. „Alle Apotheken, die Impftermine anbieten, erhalten von uns auf Anfrage und nach Verifizierung diesen ‚Token‘. Im Laufe des heutigen Tages können sich also auch Apotheken auf dem Portal registrieren und ihre Termine einstellen.“

Bleibt die Frage, warum das Ministerium nicht weitere Anbieter von Terminbuchungssystemen anbindet. Alleine No-Q hat nach eigenen Angaben in Baden-Württemberg knapp 270 Kunden – und ein Dashboard, auf dem alle Impfungen in Echtzeit nachverfolgt werden können. Auf Nachfrage hat sich das Ministerium noch nicht zu dieser Frage geäußert.

1000 Apotheker:innen geschult

Bei Apothekerkammer und -verband nimmt man die Sache entspannt, zumal die Nachfrage ohnehin noch überschaubar ist. „Der Eintritt der Apotheken wird nach und nach passieren und sich vor allem an der Nachfragesituation vor Ort und in Absprache mit den anderen impfenden Stellen orientieren“, so Verbandspräsidentin Tatjana Zambo. Laut Kammerpräsident Dr. Martin Braun sind die Apotheken in Baden-Württemberg bestens vorbereitet: „Wir haben bislang weit über 1000 Apothekerinnen und Apotheker geschult, um ein niedrigschwelliges und flächendeckendes Angebot als Ergänzung zum ärztlichen Impfangebot anzubieten.“

Laut Lucha stehen aktuell rund 10.000 Impftermine pro Woche zur Buchung bereit, jeden Tag kämen weitere Termine hinzu: „Sehr viele impfende Ärztinnen, Apotheker und Impfteams im Land pflegen ihre Termine in das Portal ein. Das Angebot wird noch größer werden. Damit soll man künftig schnell und wohnortnah an einen Termin kommen. Dankbar bin ich allen, die impfen, und unseren Partnern bei den Kammern und Verbänden, dass uns dieses Portal gelungen ist.“

Neben der fehlende Anbindung der Apotheken gibt es übrigens noch weitere Schwachstellen. So können bei der Buchung derzeit ausschließlich die Impfstoffe der ersten Generation ausgewählt werden. Termine für Auffrischimpfungen mit den an Omikron angepassten Impfstoffen sollen gebucht werden, sobald diese bei den impfenden Stellen angekommen sind. „Das wird voraussichtlich Ende dieser Woche der Fall sein.“

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