Versucht man in der Central Apotheke im baden-württembergischen Gaggenau jemanden zu erreichen, springt vermutlich erstmal der Anrufbeantworter an. Der Grund: Durch eine Kündigungswelle ist das Team um Inhaber Bernd Nufer von neun auf vier Personen geschrumpft. In kürzester Zeit verlor die Apotheke ihren kompletten PTA-Bestand. Als Sofortmaßnahme wurden bereits die Öffnungszeiten verkürzt.
„Im ersten Quartal dieses Jahres haben vier meiner fünf PTA gekündigt“, berichtet der Inhaber. Die Beweggründe kann Nufer jeweils gut nachvollziehen. „Dennoch hat es sich zeitlich extrem geballt. Ich stand innerhalb von zehn Wochen mit 70 Prozent weniger Mitarbeiterstunden im pharmazeutischen Bereich da.“
Die fünfte PTA der Central-Apotheke war bereits zur Kündigungswelle schwanger und konnte ab diesem Zeitpunkt dementsprechend keine Labortätigkeiten mehr verrichten. Mittlerweile ist sie im schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbot. Somit fehlt Nufer nunmehr sein kompletter PTA-Bestand.
„Das mal jemand kündigt, aus welchen Gründen auch immer, ist natürlich absolut normal“, stellt Nufer klar. „Eine derartige Zusammenballung war für mich aber völlig neu und herausfordernd.“
Um den Betrieb aufrechtzuerhalten, wurde eine Apothekerin aus dem Ruhestand zurückgeholt. „Wir haben sie sozusagen auf 450-Euro-Basis reaktiviert“, berichtet der Inhaber. Bislang hatte sie seit vergangenem Jahr als Samstagskraft ausgeholfen.
Darüber hinaus unterstützen zwei PKA den Betrieb. „Ich kann mich voll und ganz auf mein Team verlassen. Jeder hängt sich voll rein, ist hochmotiviert“, berichtet Nufer stolz. Das Gehalt habe er dementsprechend hochgestuft.
Dass im Team Konflikte schwelten, bemerkte Nufer zu spät. „Es gab Spannungen im Team“, erklärt der Apotheker. „Ich bin ein Chef, der das nicht gut erkennt. Ich kann Konflikte nur bearbeiten, wenn sie an mich herangetragen werden.“ Das sei in der Vergangenheit bereits geglückt. „Aber wenn es um Probleme geht, die Mitarbeitende in sich hineinfressen, erkenne ich das nicht. Ich habe diese soziale Kompetenz nicht“, gesteht Nufer.
Irgendwann gab es einen Punkt, wo klärende Gespräche für drei Mitarbeitende zu spät kamen. „Die innere Kündigung war zu diesem Zeitpunkt längst vollzogen. In dieser Situation war nichts mehr zu retten.“
Damit das restliche Team durch die entstandene Mehrbelastung nicht auch noch auseinanderbricht, schloss Nufer seine Apotheke zwischenzeitlich sogar für zwei Wochen komplett. „Das hat uns sehr, sehr gutgetan.“
Wegen des personellen Notstandes folgten schlaflose Nächte für den Inhaber. Er schaltete in der Konsequenz drei Personalvermittlungsfirmen ein, die ihm allesamt klarmachten: Der Markt ist derzeit leer, es wird schwierig werden, Mitarbeitende zu finden.
Dementsprechend sah sich Nufer gezwungen, die Öffnungszeiten stark zu kürzen. Die zuständige Apothekerkammer zeigte sich hier verständnisvoll und hilfsbereit, berichtet der Inhaber. Insgesamt wurden die Öffnungszeiten um 30 Prozent reduziert. „Wir haben jetzt den Mittwoch- und Freitagnachmittag zu“, berichtet er.
Außerdem wurde eine Mittagspause von eineinhalb Stunden eingeführt; samstags hat die Central-Apotheke gar nicht mehr geöffnet. Über die neuen Öffnungszeiten informierte der Inhaber seine Kundschaft nicht nur im Beratungsgespräch, sondern auch über die Regionalzeitung. „Das kam gut an, das Thema Fachkräftemangel verstehen die Menschen.“
Mittlerweile gibt es einen Silberstreif am Horizont, so der Inhaber. „Nun warten wir alle hoffnungsvoll auf den 1. August; ab dann unterstützt uns eine Vollzeitapothekerin.“ Ab September wird das Team darüber hinaus durch eine Teilzeit-PTA ergänzt. Diese wurde Nufer tatsächlich durch eine der Vermittlungsfirmen zugespielt. „Die Apothekerin ist eine Kollegin dieser PTA. Eine Apotheke in der Umgebung hat geschlossen, die beiden Mitarbeitenden wechseln in der Konsequenz dann zu mir.“ Mit dem neuen Personal kann der Inhaber sich vorstellen, die Öffnungszeiten seiner Apotheke wieder auszuweiten.
APOTHEKE ADHOC Debatte