Nachdem die Kommunale Ausländervertretung (KAV) der Stadt Frankfurt am Main in einem Antrag die beiden Namen Mohren-Apotheke und Zeil-Apotheke zum Mohren als rassistisch bezeichnet hatte, entbrannte in ganz Deutschland eine Rassismus-Debatte. Auch Wochen später kommt sie nicht zu Ruhe und spaltet sowohl Vertreter der Migranten als auch Bürger.
„Ich glaube, wir führen eine Scheindiskussion“, sagte Isil Yönter vom Bad Vilbeler Ausländerbeirat der Frankfurter Neuen Presse (FNP). Sie könne einerseits die Empfindlichkeit verstehen, denn theoretisch habe man den Anspruch, in Sprache weder Diskriminierung noch Rassismus zu transportieren. Dies am Namen einer 400 Jahre alten Apotheke festzumachen, sieht sie skeptisch. „Wir müssten uns vielmehr darüber empören, was jetzt verhaltensbedingt an Rassismus im Alltag geschieht.“
In der AfD diskriminiere eine ganze Gruppe von Menschen Türken durch Sprache, kritisierte Yönter. Etwa Sachsen-Anhalts AfD-Chef André Poggenburg, der Türken als „Kameltreiber“ und „Kümmelhändler“ bezeichnet hatte. „Das ist Volksverhetzung. Dagegen müssen wir uns wehren statt gegen den Namen einer Apotheke.“ Fühlten sich Schwarze von der Bezeichnung Mohren-Apotheke betroffen, müsse dies dennoch Ernst genommen werden. Vor allem die Logos, die beispielsweise in der Mohren-Apotheke in Friedberg vielfach zu sehen sind, findet Yönter schwierig: „Da würde ich von der Apothekerin erwarten, dass sie es versteht. Ein Mohr auf der Fußmatte – das ist eine Symbolik.“
Auch Servet Yildirim vom Ausländerbeirat Butzbach hat durchaus Verständnis für die Antragstellerin von der KAV Frankfurt. „Vermutlich erfährt sie in ihrem Umfeld tagtäglich Rassismus, sonst würde sie in dieser Sache nicht eine solche Verbindung spüren“, sagte sie FNP. „Doch sehe ich das Problem nicht in der Namensgebung einer Apotheke, der eigentliche Fokus sollte woanders liegen.“ Dies sieht auch Jetty Sabandar so, Ausländerbeiratsmitglied aus Karben: Bei allem Verständnis hätten Ausländervertretungen in Deutschland Wichtigeres zu tun.
Recep Kaplan vom Ausländerbeirat Friedberg findet die Mohren-Diskussion dagegen lachhaft. „Wir müssen hier die Sitten und die Kultur achten. Wenn es schon hundert Jahre oder länger besteht, kann man doch nicht sagen: ‚Es ist ausländerfeindlich oder rassistisch’“, betont er. Er habe sich bei Migranten umgehört, „die stören sich nicht daran“. Doch sie gibt es auch: Im Frankfurter Integrationsausschuss haben mehrere Bürgerinnen bei der Anhörung gegen die Namensgebung der Mohren-Apotheken protestiert. Der Antrag wurde erst einmal vertagt.
Auch in Nürnberg wurde die „Mohren“-Diskussion entfacht. Für den Inhaber einer der drei Nürnberger Mohren-Apotheken, Wilhelm Bouhon, ist das Thema nicht neu. Den Vorwurf des Rassismus hält er allerdings für absurd. „Ich habe noch nie irgendwelche Anfeindungen deshalb erlebt“, sagte der Apotheker dem Radiosender Nordbayern. Allerdings gebe es durchaus immer wieder Gesprächsbedarf hinsichtlich des Namens. Auch deshalb sei auf seiner Homepage dem Namen „Mohr“ ein ausführliches Kapitel gewidmet.
In der Nürnberger Fußgängerzone war man über die Causa ebenfalls geteilter Meinung. „Dieses ganze Diskriminierungstheater geht mir grundsätzlich auf den Nerv“, sagte Karl Müller dem regionalen Radiosender. Das Wort „Mohr“ habe bei Apotheken nichts mit einer Verunglimpfung von Farbigen zu tun. Bettina Rödel hält allerdings dagegen: „Ich finde, es liegt im Auge des Betrachters, was rassistisch und wer davon betroffen ist“, wird sie zitiert. „Ich kann mich als Weißer nicht hinstellen und sagen, es sei nicht rassistisch, nur weil ich davon nicht betroffen bin.“
Menschen mit dunkler Hautfarbe hätten über Jahrhunderte hinweg Vieles ertragen müssen, so Rödel. Dass sie nun einfordern, dass man sie respektiert, findet die 38-Jährige in Ordnung. Auch Gerald Schwab hält den Namen in der aktuellen Lage für unpassend. Der Höhepunkt der Flüchtlings-Debatte liege zwar schon etwas zurück, trotzdem sei Rassismus noch immer ein großes Thema, das man nicht ignorieren sollte.
Auch in Erlangen gibt es am Lorlebergplatz eine Mohren-Apotheke. Sie heißt so seit 1696. Für Apothekerin Theresa Bantele ist wie für ihren Kollegen Bouhon die Auseinandersetzung um den „Mohren“ nichts Neues. „Diese Diskussion um den Namen gibt es alle paar Jahre immer wieder“, sagt sie. Deshalb hat sie das Logo der Apotheke geändert. Es zeigt jetzt einen stilisierten Turban. Ohne den eigentlich dazu gehörenden „Mohrenkopf“. Nicht ändern will die Apothekerin dagegen die traditionelle Mohrenfigur in der Fassade des Apothekengebäudes.
APOTHEKE ADHOC Debatte