Eine Apotheke für 950 Einwohner Carolin Bauer, 07.08.2016 09:14 Uhr
Per Zufall stieß Apotheker Dr. Christian Machon auf eine Besonderheit seines Standortes im unterfränkischen Unsleben. Bei der Recherche über einen möglichen Zusammenhang beim Rückgang der Apothekenzahl mit der Lage, fiel seine Kreuz-Apotheke besonders auf: Gemessen an der Größe der Gemeinde, ist ihm kein Kollege in einem kleineren Ort bekannt.
Machon ist in der Kommunalpolitik tätig und seit 2010 im Vorstand der Apothekerkammer. Der 42-Jährige wollte der sinkenden Apothekenzahl auf den Grund gehen und fragte sich, ob ein Zusammenhang mit der Lage – also Stadt oder ländliche Region – besteht. „Leider gibt es keine Statistik über die Größe der Gemeinden, in denen Apotheken bestehen“, sagt er.
Deshalb verglich er ein Jahr lang bei Wikipedia die Einwohnerzahl der Orte, in denen Apotheken schließen und öffnen. „Einen direkten Zusammenhang mit der Einwohnerzahl konnte ich nicht feststellen.“ Doch Machon fiel auf, dass er in Bayern keinen Kollegen gefunden habe, der eine kleinere Gemeinde versorge.
Unsleben liegt im nördlichen Bayern im unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld und zählt rund 950 Einwohner. Machon ist tief verwurzelt mit seinem Heimatort. Die Kreuz-Apotheke hat er nach seinem Studium in Würzburg und der Promotion 2003 von seinem Vater übernommen. Er beschäftigt dort fünf Mitarbeiter.
Dass er die Apotheke einmal leiten würde, war nicht immer klar. „Mein Vater hat gesagt, ich soll etwas Vernünftiges machen, zum Beispiel in die Industrie gehen, wo man viel geregelten Urlaub hat.“ Nach Auslandsaufenthalten und einer Tätigkeit bei Roche in Basel, entschied er sich aber für die Selbstständigkeit. „Ich wollte als Apotheker erkannt werden, mein eigener Chef sein.“
In Unsleben ist Machon ein vertrautes Gesicht. „Ich kenne 90 Prozent meiner Kunden, die meisten duzen mich“, sagt er. Das liege auch daran, dass seine Mutter früher als Bürgermeisterin der Gemeinde tätig war. „Egal was passiert, ich werde dem Ort mein Lebtag verbunden sein.“
Auch seine Frau kommt aus der Region und ist ebenfalls vielen Bürgern bekannt. Machon wird oft auf der Straße angesprochen. Die fehlende Anonymität stört den Pharmazeuten nicht. „Es ist kein Problem, wenn mich Kunden außerhalb der Offizin nach Rat fragen.“ Die nächste Apotheke ist etwa sechs Kilometer entfernt.
Die Arbeit in einer Dorf-Apotheke unterscheide sich kaum von der Tätigkeit in einer Vorstadt-Apotheke, so Machon. „Nur die Kunden sind hier noch mehr auf uns angewiesen.“ Es gebe mehr Abhängigkeit und Vertrauen gegenüber der Apotheke. Die Kreuz-Apotheke liegt auf einem Hügel und aus heutiger Sicht damit laut Machon etwas ungünstig, da man hochlaufen müsse. „Es ist eben eine Traditionsapotheke.“
2007 erweiterte Machon und übernahm in Mellrichstadt die Hainberg-Apotheke, die er seit 2015 als Hauptapotheke führt. Dort ist die Klientel anders. Durch die angrenzende Straße hielten viele mit dem Auto und der Anteil junger Mütter sei höher, die Zahl der Stammkundschaft geringer. „Mit der Filiale habe ich viel gelernt. Man wird ein Stück mehr Unternehmer.“
Machon beschäftigt in der Hainberg-Apotheke sechs Mitarbeiter. In der rund 5500 Einwohner großen Stadt gibt es drei Apotheken, im rund 80.000 Einwohner großen Landkreis sind es rund 20. Der Kommunalpolitiker engagiert sich auch vor Ort: Mitte Juli hatte er Besuch von einer Kindergartengruppe, der er die Arbeit in der Apotheke zeigte. Auch sein Sohn war bei dem einstündigen Schnupperkurs dabei. „Die Aktion kam gut an und wird beibehalten“, sagt er.