Die fünfstellige Retaxation der DAK zu T-Rezepten gegen eine baden-württembergische Apotheke ist kein Einzelfall. Einem Kollegen aus Leipzig ist dasselbe passiert: Weil der Arzt auf einer Verordnung zu Revlimid (Lenalidomid) ein Kreuz vergessen hatte, retaxierte die DAK knapp 14.000 Euro. Alle Einsprüche des Apothekers blieben erfolglos, er hat die Sache seinem Anwalt übergeben. Die DAK stellt auf Nachfrage den Sicherheitsaspekt in den Vordergrund. Eine verstärkte Prüfung von T-Rezepten gebe es derzeit nicht.
Verordnungen über die teratogenen Wirkstoffe Lenalidomid, Thalidomid und Pomalidomid müssen auf nummerierten amtlichen Vordrucken ausgestellt werden. Auf diesem T-Rezept muss der Arzt ankreuzen, dass alle Sicherheitsbestimmungen eingehalten wurden, ob die Behandlung entsprechend der Zulassung oder off-label erfolgt und dass der Patient aufgeklärt wurde. Ein Durchschlag des zweiteiligen Rezepts geht immer an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das bislang nur wenige Fehler registriert hat.
Auf dem Rezept, dass ein DAK-Versicherter im August 2012 in der Leipziger Apotheke einlöste, fehlte das Kreuz bei „in-label-use“. Der Apotheker erhielt die Retaxation der DAK über fast 14.000 Euro im Mai 2013. Auf Nachfrage wurde ihm mitgeteilt, dass der Formfehler nicht heilbar sei.
In seinem Widerspruchschreiben wies er darauf hin, dass der Patient seit Längerem mit Revlimid behandelt werde. Beim verordnenden Arzt hatte er die Bestätigung eingeholt, dass das Arzneimittel innerhalb des Zulassungsbereichs angewandt worden sei.
Die Kasse akzeptierte diese Erklärung nicht und verwies auf die strengen Sicherheitsbestimmungen bei Lenalidomid-Verordnungen. Im Ablehnungsbescheid zitiert die Kasse fast ausschließlich aus der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) – inklusive des Hinweises, „dass erforderlichenfalls ein Schwangerschafts-Präventionsprogramm durchgeführt wird“. Bei dem Patienten handelte es sich um einen über 60-jährigen Mann.
Die Bestätigung des Arztes lehnte die Kasse ebenfalls ab: „Handschriftliche Ergänzungen der Apotheke oder später eingereichte Arztbestätigungen können nicht anerkannt werden“, heißt es in dem Schreiben.
Der Apotheker will die aus seiner Sicht ungerechte Retaxatation nicht hinnehmen. Er hat einen Anwalt eingeschaltet und will vor dem Sozialgericht gegen die DAK vorgehen.
Die DAK scheut gerichtliche Auseinandersetzungen zu Retaxationen von T-Rezepten nicht: Zu vergleichbaren Vorgängen lägen bereits drei rechtskräftige Sozialgerichtsurteile vor, die zugunsten der Kasse ausgefallen seien, teilte ein Sprecher mit.
Die DAK führt dem Sprecher zufolge aber keine verstärkte Prüfung von T-Rezepten durch. „Vielmehr unterliegen T-Rezepte einer ständigen, routinemäßigen Überprüfung. Die DAK-Gesundheit betrachtet T-Rezepte als wichtiges Instrument zur Sicherung der Qualität der Arzneimittelversorgung“, so der Sprecher.
Die DAK begründet ihr Vorgehen mit den Erfahrungen aus der Vergangenheit. Die benannten Wirkstoffe seien dem berüchtigten Contergan nicht unähnlich. „Deshalb gelten beim T-Rezept besondere Sicherheitsvorkehrungen“, so der Sprecher. Diese wurden in den retaxierten Fällen aus Sicht der Kasse nicht eingehalten.
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