Nach der über Pfingsten bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) vorgenommenen IT-Umstellung kam es zu erheblichen Störungen. Konten waren nicht erreichbar, Zahlungen nicht möglich, auch der Großhandel konnte teilweise seine Rechnungen nicht einziehen. Anfangs leugnete die Apobank größere Probleme, sprach von Einzelfällen. Der Vorstand schwieg zu den Vorgängen. Jetzt veröffentlichte die Genossenschaftsbank einen offenen Brief der Unternehmensspitze. Als Ausgleich für den Ärger erlässt die Apobank ihren Kunden im Juni die Gebühren, richtet eine Schadensstelle ein und lässt die Pannenserie von externen Experten prüfen.
„Bei der Umstellung unseres IT-Systems ist es in den vergangenen Wochen zu erheblichen Schwierigkeiten für Sie gekommen“, beginnt der Brief, der von allen vier Vorständen unterzeichnet ist: Ulrich Sommer, Dr. Thomas Siekmann, Eckhard Lüdering und Holger Wessling. Es habe verschiedene „unvorhersehbare Probleme“ gegeben und nicht alle Funktionen des neuen Systems seien fehlerfrei gelaufen: „Als Vorstand bitten wir Sie auf diesem Wege ausdrücklich um Entschuldigung für die entstandenen Unannehmlichkeiten.“ Selbstverständlich erstatte man die Kosten für Buchungen und Servicegebühren im Juni.
Anfang Juli habe die Apobank die Quartalsabschlüsse gebucht. Bei etablierten Systemen sei das zwar Routine, „aber es stellt jedes neue System auch vor Herausforderungen“. Auch wenn noch nicht alles perfekt gelaufen sei, sei dies ein wichtiger Meilenstein zur „kontinuierlichen Stabilisierung des Systems“ gewesen.
Bei der Einführung des neuen IT-Systems handele es sich um das komplexe Zusammenwirken von Software und neuer technischer Infrastruktur mit zahlreichen spezifischen Applikationen, „die individuell auf unsere Bank der Gesundheit zugeschnitten sind“, erläutert die Apobank: „Wir arbeiten mit voller Konzentration weiter daran, dass für unsere Kunden alles reibungslos funktioniert.“ Aber es gibt offenbar immer noch Probleme: „Wir wollen nicht verhehlen, dass es noch Herausforderungen zu meistern gibt, aber wir sind auf einem guten Weg.“ Jetzt sollen externe Experten die IT-Umstellung unter die Lupe nehmen: „Für eine unabhängige Überprüfung des gesamten IT-Projekts haben wir zudem eine renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt.“
Das neue Kernbanksystem habe man eingeführt, um die Apobank weiterzuentwickeln. Mit neuen, besseren Services wolle man die Kunden noch stärker im Berufsalltag unterstützen und mehr bieten als das klassische Bankgeschäft. „Uns ist bewusst, dass wir unsere Hausaufgaben noch besser machen müssen“, räumt die Apobank erstmals eigene Versäumnisse ein: „Hier sehen wir es als unsere Aufgabe, Sie auf dem Weg der Veränderungen besser mitzunehmen und Sie einzubinden.“
Kritik gab es auch an der unzureichenden Kommunikation der Apobank. Längere Zeit waren die Hotlines überlastet und die Auskünfte nicht immer zielführend. „Wir versichern Ihnen, dass der gesamte Vorstand dieses Zukunftsprojekt mit oberster Priorität verfolgt. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Potenziale unserer neuen IT voll auszuschöpfen und Ihnen – unseren Kunden – einen echten Mehrwert bieten zu können“, versichert der Vorstand.
Über den offenen Brief hinausgehend verspricht die Apobank, „Beanstandungen der Kunden unbürokratisch und kulant“ zu bearbeiteen. Dafür habe man einen „Erstattungsprozess“ eingeführt, die Anliegen könnten direkt platziert werden. Wer diese Seite im Internet aufruft, kann folgendes lesen: „Die letzten Wochen waren für Sie sehr turbulent – seit unserer IT-Umstellung läuft vieles nicht rund. Dessen sind wir uns sehr bewusst. Im Monat Juni 2020 verzichten wir daher auf die Berechnung von Buchungsposten und der Entgelte im Zusammenhang mit Ihrer Kontoführung. Mit unserem Erfassungstool haben Sie die Möglichkeit Aufwände, wie zu Unrecht oder durch Bankfehler entstandene Soll- und Überziehungszinsen, sowie sonstige Schäden zu platzieren.“
Es geht also nicht nur um den Erlass von Gebühren. So will beispielsweise der Großhändler Phoenix von der Apobank die aus Kulanzgründen an seine Apothekenkunden gewährten Skonti zurückfordern. Das können jetzt offenbar auch einzelne Apotheken über dieses Tool anmelden. In drei Wochen sollen die Schäden reguliert werden.
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