Der Staat greift Unternehmen finanziell unter die Arme, die von der Corona-Krise besonders hart betroffen sind. Im Einzelfall gilt das schon jetzt für Apotheken – etwa in vollkommen verwaisten Centern, Bahnhöfen und Flughäfen oder Fußgängerzonen. Grundsätzlich kommen auch Apotheken als systemrelevante Kleinbetriebe für staatliche Förderungen in Betracht. Doch die Vorgaben, wer was wie beantragen kann, sind nicht leicht zu durchblicken. Vor allem die Einbeziehung von Betriebs- oder gar Privatvermögen bei der Prüfung ist ein heikler Punkt. Und in Thüringen sind Apotheken generell vom Soforthilfeprogramm ausgeschlossen.
Die Treuhand Hannover würde den Apotheken gerne allgemeingültige Auskünfte an die Hand gaben, wie sie im Bedarfsfall Fördergelder beantragen. Aber dazu sei die Situation in den Bundesländern viel zu unterschiedlich und volatil: „Die Behörden und Förderstellen justieren zeitnah nach, es gibt beinahe stündlich Änderungen“, berichtet eine Sprecherin der Treuhand. Beispiel Anzahl der Mitarbeiter. In Nordrhein-Westfalen wurde der Stichtag für die Erfassung nach hinten verschoben und gilt dann rückwirkend für das Datum der Antragstellung.
Die Treuhand-Sprecherin kann den Apotheken vor allem diesen Tipp geben: Die Richtlinie der Förderung aufrufen, Screenshot machen und den Antrag nach bestem Wissen und Gewissen ausfüllen. Eine wertvolle Hilfestellung bietet das „Gründerlexikon“: Auf der Homepage sind Hinweise und Links zu den Soforthilfen-Programmen für Freiberufler aller Bundesländer, die ständig aktualisiert werden.
Apotheken und Ärzte aus Thüringen brauchen sich – zumindest aktuell – gar nicht um eine Hilfe zu bemühen. In den FAQ der Thüringer Aufbaubank heißt es: „Es gibt nur sehr wenige Berufe, die nicht gefördert werden: Landwirtschaft (andere Unterstützungsprogramme), Steuerberatung, Rechtsanwälte, Medizin und Apotheken. […] Es handelt es sich um eine Einmalzahlung an Unternehmen, die durch die Corona-Krise unverschuldet in eine Notlage geraten sind, und wir setzen an dieser Stelle auf die Solidarität der Wirtschaft: Die Einmalzahlung soll ausschließlich denjenigen Firmen über die ersten Hürden helfen, die in einer existenzbedrohenden Situation sind.“
Und trifft das auf Apotheken unter keinen Umständen zu. Zu Beginn der Corona-Pandemie wurden sie in der Publikumspresse noch als Gewinner der Krise gefeiert. Zwar hat es viele andere Branchen fraglos härter getroffen, doch seit Durchsetzung der Kontaktsperren ist es auch in den Apotheken spürbar ruhiger geworden. Jeder dritte Inhaber bangt laut einer Umfrage um die Zukunft seines Betriebs, unter anderem weil der Versandhandel gerade sprunghaft wächst.
Auch bei der Treuhand melden sich Apotheken in Lauflagen, deren Kundenzahl von 300 auf unter 30 am Tag eingebrochen ist. Solche Betriebe hätten auf jeden Fall Anspruch auf die Soforthilfe. „Wichtig ist, alle Angaben wahrheitsgemäß zu machen, weil das sonst strafrechtliche Konsequenzen haben kann“, mahnt die Treuhand-Sprecherin allerdings vor einem allzu laxen Umgang mit den Anträgen.
Tatsächlich hat man auch das bei der Steuerberatungsgesellschaft schon beobachtet: Weil die Politik signalisiert habe, dass jeder etwas bekommt, fühlten sich viele motiviert, sich in die Schlange zu stellen. Auf der anderen Seite würden auch tatsächlich betroffene Apotheker abwinken und auf die Soforthilfe verzichten. „Andere haben es nötiger als ich“, habe ein Mandant mitgeteilt. Das sei eine Frage der Haltung. Und ein Kollege aus Hessen meinte im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC: „Als ehrbarer Kaufmann hat man für solche schwierigen Zeiten Rücklagen gebildet.“ Das sei in Apotheken trotz der verschlechterten Gesamtlage auch in den vergangenen Jahren immer noch möglich gewesen, wenn man auf seinen eigenen Lebensstil achte.
Apropos private Verhältnisse: In Baden-Württemberg hat Wirtschaftsministerium erst in dieser Woche nachgebessert, sodass Einzelunternehmer nicht zunächst mit ihrem Privatvermögen geradestehen müssen, bevor sie einen Antrag stellen können. „Die Corona-Soforthilfe des Landes wird ohne Prüfung des privaten Vermögens ausbezahlt“, stellte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) klar. Auch diese Frage müssen die Apotheker also tagesaktuell und ortsabhängig für sich klären. Ebenso die Frage, was für das Betriebsvermögen gilt und was überhaupt dazu zählt.
Antragsteller müssen nach der Änderung nun lediglich versichern, dass sie durch Corona in einen Liquiditätsengpass geraten und dadurch in ihrer Existenz bedroht sind. Dieser Fall liege dann vor, wenn die fortlaufenden Einnahmen nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten der nächsten drei Monate zu zahlen, etwa Mieten oder Pacht oder Leasing-Verträge, hieß es beim Wirtschaftsministerium.
In der aktuellen Situation dürften die meisten Apotheken tatsächlich noch gar nicht für Soforthilfe infrage kommen. Denn auch wenn die Kunden jetzt ausblieben, war der März in den meisten Betrieben ein überdurchschnittlicher starker Monat. Wie alle Antragsteller müssen Apotheken belegen können, dass sie Corona-bedingt Liquiditätsschwierigkeiten haben und vorher nicht in diesen Schwierigkeiten waren.
In Berlin können bis zum 6. April ohnehin keine Anträge mehr gestellt werden. Die Investitionsbank Berlin (IBB) hat nach eigenen Angaben rund 1,4 Milliarden Euro an Unternehmen, Soloselbstständige und Freiberufler ausgezahlt. Jetzt sind die Töpfe leer und erst am 6. April geht es mit einem Bundesprogramm weiter, das mit knapp 2 Milliarden Euro an Fördermitteln dotiert ist. Die Warteschlangenplätze bleiben erhalten, aber es gibt wieder neue FAQ.
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