Fluzone: Preis verschreckt Ärzte, Ware staut sich Patrick Hollstein, 27.11.2020 15:13 Uhr
Das Chaos um die nationale Reserve des Grippeimpfstoffes ist um eine Facette reicher: Weil der importierte Spezialimpfstoff Fluzone High Dose deutlich teurer ist als die anderen Impfstoffe, schrecken viele Ärzte vor dem Einsatz zurück. Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist man dem Vernehmen nach alarmiert.
Zu den vom Bund beschafften zusätzlichen Grippeimpfstoffen gehört auch „Fluzone High Dose Quadrivalent“. Die hochdosierte Vakzine ist speziell für ältere Menschen zugelassen und kommt aus den USA. Ausgeliefert wird seit Mitte November; mitunter ist Fluzone der einzige Impfstoff, der derzeit verfügbar ist.
Doch die Sache hat einen Haken: Angeboten wird Fluzone als Packung mit zehn Fertigspritzen ohne Kanüle, der Verkaufspreis auf Sprechstundenrezept liegt aber bei mehr als 400 Euro. Zum Vergleich: Flucelvax, Influsplit Tetra und Vaxigrip Tetra haben einen Listenpreis von knapp 130 Euro für die 10er-Packung. Afluria und Influvac Tetra liegen bei 110 Euro.
Der deutlich höhere Preis schreckt viele Ärzte ab. Die Ware fließe nicht ab, heißt es. Das BMG sei alarmiert. Tatsächlich berichtet auch der Großhandel, dass viel zu wenig Bestellungen eingingen und die Ware nicht abverkauft werden könne. In dieser Woche wurden Ärzte und Apotheker noch einmal informiert.
Es droht nämlich kein Ärger, wenn sie nun den teuren Impfstoff abrechnen. Das BMG hatte die Erstattung mit einer eigenen Rechtsverordnung geregelt. Dort heißt es: „Versicherte, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, haben im Rahmen der Verfügbarkeit Anspruch auf eine Schutzimpfung gegen Influenza mit einem inaktivierten, quadrivalenten Influenza-Hochdosis-Impfstoff mit aktueller von der Weltgesundheitsorganisation empfohlener Antigenkombination. Ein Anspruch auf einen Influenza-Impfstoff nach § 20i Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.“
Die Verordnung zur Kostenübernahme der GKV für hochdosierten Influenza-Impfstoff ist seit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger Mitte November in Kraft und gilt bis zum 31. März kommenden Jahres.
Auch der zweite Import, der ab sofort ausgeliefert wird, könnte für Rückfragen seitens der Praxen sorgen. Vaxigrip Tetra in französischer Aufmachung ist nur als Einzelpackung erhältlich, kann allerdings ebenfalls als Sprechstundenbedarf abgerechnet werden.
Bis zum 20. November hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) insgesamt 24 Millionen Dosen freigegeben. Knapp 2,7 Millionen Dosen fehlen demnach noch.