Betriebsprüfung

Finanzfahnder sammeln Steuer-CDs von Apotheken Alexander Müller, 27.01.2011 09:52 Uhr

Berlin - 

Vielen Apotheken steht möglicherweise der Besuch des Steuerprüfers ins Haus. Das Bundesfinanzministerium geht nach internen Hochrechnungen davon aus, dass Betriebsprüfungen in Apotheken Milliarden Euro in die Staatskasse spülen könnten. Rein rechnerisch wären das sechsstellige Steuernachzahlungen pro Apotheke. Weil die Behörden die Daten aus der Warenwirtschaft immer öfter digital prüfen, fallen Unregelmäßigkeiten sofort auf.

Die Zeiten, in denen sich der Betriebsprüfer zwei Wochen lang in der Apotheke durch die Belege wühlte, sind vorbei. Seit 2002 dürfen die Finanzämter digitale Prüfungen vornehmen. Heute holt der Außenprüfer zum Stichtag der Betriebsprüfung eine CD oder DVD mit den steuerrechtlich relevanten Daten in der Apotheke ab.

Die Auswertung der Informationen aus der Warenwirtschaft übernimmt dann ein Computer. Zum Einsatz kommt dabei die Software IDEA (Interactive Data Extraction and Analysis). Das System der Firma CaseWare wurde ursprünglich vom kanadischen Rechnungshof entwickelt. In Deutschland vertreibt die Stuttgarter Firma Audicon die Software exklusiv, auch an private Kunden, die Simulationen fahren wollen. Die Finanzverwaltung hat ihre Außenprüfer bereits 2002 mit der Software ausgestattet. Zwar mussten sich die Behörden zunächst intern auf das neue System einstellen, heute werden aber fast alle Betriebe elektronisch geprüft.

Mittels mathematisch-statistischer Tests kann dabei jede noch so kleine Ungereimtheit ausgelesen werden. Die Ableitungen werden auch von den Finanzgerichten anerkannt. Eine Apotheke, bei der nach dieser Prüfung alles stimmt, ist den Behörden sofort verdächtig.


Die Softwarehäuser bieten in unterschiedlichem Umfang Hilfestellung bei der Erstellung der Daten-CDs. Im besten Fall erzeugen sie sogenannte GDPdU-konforme Datenexporte. Die Abkürzung steht für „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfung digitaler Unterlagen“ - scherzhaft auch für „Gib dem Prüfer deine Unterlagen“.

Generell haben sich die Betriebsprüfungen Beobachtern zufolge in den vergangenen Jahren verschärft. Auch formelle Beanstandungen können Folgen haben: Wer seine Daten-CD nicht schnell genug liefert, kann mit einem sogenannten Verzögerunsgentgelt von bis zu 250.000 Euro belegt werden. Ist dem Prüfer die Buchhaltung insgesamt zu intransparent, kann er die Steuerschuld auch schätzen. Solche „Hinzuschätzungen“ muss der Außenprüfer aber mit seinem Sachgebietsleiter absprechen.

Zehn Jahre müssen die Apotheken alle steuerrelevanten Daten aufheben. Nicht endgültig geklärt ist, welche Daten aus der Warenwirtschaft der Steuerprüfer einfordern darf. Die Apotheker sind dabei im Spannungsfeld zwischen Mitwirkungspflicht gegenüber den Behörden und der ebenfalls gesetzlichen vorgeschriebenen Schweigepflicht in Bezug auf personenbezogene Daten.

In der Regel werden drei Wirtschaftsjahre überprüft. Es sind Fälle bekannt, bei denen siebenstellige Forderungen im Raum standen. Wie hoch die Nachzahlung am Ende tatsächlich ausfällt, hängt vom Prüfer und dem Geschick des Steuerberaters des Apothekers ab.