Das Wort Apothekerclan klingt nicht besonders schmeichelhaft. Wenn mehrere Mitglieder einer Familie nahe beieinander Apotheken betreiben, sorgt das oft für Unruhe bei den Kollegen. So auch in der Region Wolfsburg. Hinter einer neuen Apotheke in einem MVZ witterte die Konkurrenz eine Strohmannkonstruktion. Doch danach sieht es nicht aus, auch die Kammer ist unbesorgt.
In Wolfsburg ist die Familie Strehmel eine feste Größe und führt in dritter Generation Apotheken in der Autostadt. Sascha Strehmel betreibt aktuell vier Apotheken, darunter die Olympia-Apotheke mit Tradition seit 1896. Zum Filialverbund gehören die Apotheke am Klinikum, die Ise Apotheke und die Galerie-Apotheke.
Mehrere Mitglieder seiner Familie zählen zu den Mitarbeitern: Als Seniorchefs sind seine Eltern Eberhard und Heidelinde Strehmel an Bord. Sein Onkel Edwin Strehmel ist ebenfalls Apotheker, hatte mal eigene Apotheken in Hannover und arbeitet heute in der Olympia-Apotheke mit.
Dessen Sohn Carsten Strehmel betrieb bis Ende September in Lößnitz im Erzgebirge die Mohren-Apotheke. Heute wird diese von seiner Frau Evelyn geführt. Dafür hat Strehmel Anfang Oktober eine Apotheke in Gifhorn eröffnet, etwa 20 Kilometer westlich von Wolfsburg.
In Gifhorn am Schlosssee ist ein großes Ärztehaus mit Medizinischem Versorgungszentrum (MVZ) entstanden. Im August öffneten die Praxen. Die Apotheke am Schlosssee ist seit Oktober geöffnet. Ende Oktober gab es im neuen Ärztehaus einen Tag der offenen Tür.
Der Bericht der Lokalpresse machte Apotheker im Umfeld stutzig, denn dort wurde Sascha Strehmel als Inhaber der Apotheke vorgestellt. Da er zu den Investoren des 4,2 Millionen Euro teuren Projektes zählt, war er natürlich auch bei der Eröffnung dabei. Vermutlich kam es daher zu der Verwirrung.
Für die Strehmels ist das natürlich ärgerlich, da bei den Kollegen vor Ort so der Eindruck entstehen musste, Carsten Strehmel betreibe die Apotheke gewissermaßen im Namen seines Cousins, damit dieser eine fünfte Offizin eröffnen könne. Die Strehmels ließen die Wolfsburger Allgemeine Zeitung (WAZ) eine Richtigstellung drucken. Weitere Nachfragen wollte Sascha Strehmel nicht beantwortet.
Doch entweder kam die Richtigstellung zu spät, oder die Kollegen blieben misstrauisch: Bei der Apothekerkammer Niedersachsen gingen Beschwerden ein, zumal Carsten Strehmel offenbar noch in Aue im Erzgebirge gemeldet sei. Der Fall wurde im Vorstand besprochen. Da die Kammer in Niedersachsen auch Aufsichtsbehörde der Apotheken ist, waren die Personalien natürlich vorab geprüft worden. Die Kammer hat nichts auszusetzen.
Die Aufsichtsbehörde geht regelmäßig Hinweisen nach, wonach Inhaber angeblich ihrer Präsenzpflicht nicht nachkommen. Die Kammer kann dann etwa unangekündigte Personalkontrollen durchführen. Mal bestätigt sich der Verdacht, in anderen Fällen stellen sich die Anschuldigungen als falsch heraus. So wurde ein Apotheker, der den Kollegen zufolge die meiste Zeit auf Mallorca verbringt, tatsächlich in vier von fünf Fällen in seiner Apotheke angetroffen. Die Kammer kann und will die Apotheker allerdings auch nicht unter Dauerbeobachtung stellen.
Carsten Strehmel ist jedenfalls in seiner Apotheke in Gifhorn zu erreichen. „Das hat alles seine Richtigkeit und ich betreibe auch keine weitere Apotheke“, sagte er gegenüber APOTHEKE ADHOC. Auch seine Funktion als Geschäftsführer der Firma Pharmacy First mit Sitz in Berlin sei kein Anlass zur Sorge – die Gesellschaft ruhe.
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