Fiebersäfte: Rezepturen ja, Defektur noch nicht Alexandra Negt, 29.07.2022 15:23 Uhr
Aktuell beschäftigt sich nahezu jede Apotheke mit dem Thema Fiebersäfte. Vielerorts sind Paracetamol und Ibuprofen in pädiatrischen Darreichungsformen nämlich restlos ausverkauft – Nachschub Fehlanzeige. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sieht derweil keinen Lieferengpass und spricht von einer Verteilproblematik. Allerdings dürfen Apotheken jetzt offiziell auf Rezepturen und gegebenenfalls sogar Defekturen ausweichen.
Schwankende Nachfrage, Probleme beim Bezug von Ausgangsstoffen und auch bei den Primär- und Sekundärpackmitteln – Ibuprofen- und Paracetamol-Säfte fehlen deutschlandweit. Nun informiert das BfArM zur eingeschränkten Verfügbarkeit und spricht dabei nicht von einem Lieferengpass, sondern von einem Verteilproblem.
„Ein Lieferabriss ist nach Kenntnis des BfArM zu keinem Zeitpunkt eingetreten und die in den Markt im Direktvertreib oder über den vollversorgenden Großhandel abgegebenen Warenmengen repräsentieren in Summe den bisherigen durchschnittlichen Bedarf“, heißt es seitens des BfArM. Den aktuell gestiegenen Bedarf bestätigt die Behörde, die Gründe seien jedoch nicht endgültig bekannt.
Rezeptur bitte nur im Einzelfall
Bislang konnten Apotheken den Eltern nur als Selbstzahlerleistung eine Anfertigung als Rezeptur anbieten. Nun haben sich das BfArM, der GKV-Spitzenverband und die Abda auf die Alternativherstellung als Rezeptur geeinigt. Heißt: Apotheken, die den verschriebenen Ibuprofen- oder Paracetamol-Saft nicht abgeben können, können auf Grundlage einer neu eingeforderten Verschreibung eine Rezeptur anfertigen und auch abrechnen. Die Abrechnung erfolgt dann nach Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV).
Das BfArM betont, dass die Anfertigung einer Rezeptur die Ausnahme bleiben sollte und auch nur in Betracht gezogen werden sollte, wenn Alternativen fehlen. „Diese Maßnahme soll ausschließlich im Einzelfall zur Anwendung kommen, wenn der Krankheitszustand des Kindes eine Behandlung mit den in Rede stehenden Wirkstoffen erfordert.“
Laut BfArM müssen folgende Voraussetzungen für eine patientenindividuelle Herstellung erfüllt sein:
- Es liegt eine Verschreibung vor.
- Die Nichtbeschaffbarkeit des FAM ist zu dokumentieren (die Dokumentation im Warenwirtschaftssystem gilt als ausreichend).
- Rücksprache zu medikamentösen Alternativen mit der Praxis
- Ist die Gabe von Paracetamol- oder Ibuprofen-haltigen Fiebersäften medizinisch erforderlich, dann muss ein neues Rezept über eine Rezeptur ausgestellt werden.
- Die Taxierung erfolgt nach Arzneimittelpreisverordnung.
- Die Regelungen der Hilfstaxe gelten.
- Wenn das BfArM eine längere Nichtverfügbarkeit bestätigt, kann die defekturmäßige Herstellung auch ohne Nachweis vorheriger regelmäßiger ärztlicher Verordnungen erfolgen.
- Der GKV-Spitzenverband wird den Krankenkassen empfehlen, die Rezepturen zu erstatten.