Nachfrage wird steigen

Fiebermittel sind wie „Goldstaub“

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Berlin -

Die aktuellen Lieferengpässe betreffen sehr viele Arzneimittel. Für Apotheken ist die Situation arbeitsaufwändig. In der Rats-Apotheke in Greifswald verbringt PTA Yvonne Delakowitz etwa sechs Stunden pro Woche mit der Warensuche. Fieber- und Schmerzsäfte für Kinder etwa sind weiter nur schwer verfügbar. „Dass wir einmal hamstern müssen, hätte ich nicht gedacht“, sagt sie.

Die Rats-Apotheke liegt in zentraler Nähe zu zwei Kinderarztpraxen. Entsprechend hoch ist die Nachfrage nach Fieber- und Schmerzmitteln für die Kleinsten. „Im Moment werden diese Produkte am häufigsten gefragt, der Engpass ist am schlimmsten. Es geht alles mögliche rum bei den Kindern und man braucht es einfach“, sagt Inhaberin Hendrikje Schweizer.

„Am Anfang haben wir noch Reservierungen gemacht und angerufen, aber das ist utopisch.“

Gerade erhielt die Apotheke einige wenige Packungen Nurofen-Saft und -Zäpfchen, die jedoch schon fast wieder ausverkauft ist. Der Saft sei wie „Goldstaub“, sagt sie. Doch auch viele weitere Arzneimittel fehlten und es werde versucht auf andere Hersteller oder Darreichungsformen auszuweichen. Mittlerweile mache man den Kund:innen keine Versprechen mehr. „Am Anfang haben wir noch Reservierungen gemacht und angerufen, aber das ist utopisch.“ Die Apotheke bemühe sich, die Präparate zu beschaffen und stelle auch selbst Schmerz- und Fiebersäfte her. „Ich bin selbst Mutter und kann über diese Engpässe von eigentlich banalen Produkten nur den Kopf schütteln.“

Die Warenbeschaffung sei eine Gratwanderung. „Wir versuchen mehrfach täglich über die Warenverfügbarkeit des Großhandels Produkte zu bekommen“, sagt Schweizer. Doch die Abgabe sei wie eine Gießkanne und völlig unzuverlässig. „Die Lage ist schlecht. Wir disponieren beim Großhandel, wenn man das nicht macht, erhält man gar nichts“, sagt PTA Delakowitz. „Ich verbringe jede freie Sekunde am Rechner und schaue, was verfügbar ist.“

„Wir kommen mit der Herstellung nicht hinterher.“

Jüngst wurde ihr angezeigt, dass Ibuflam von Zentiva lieferbar wäre. „Ich dachte erst, ‚juhu!‘.“ Als sie jedoch 50 Stück eingegeben habe, kam als Antwort, dass es sich lediglich um eine Flasche handelte. Dann war die anfängliche Freude schnell vorbei. Jetzt habe sie über Pharma Mall bestellt, doch ob über die Plattform etwas ankomme, sei fraglich. Die Nachfrage sei groß. „Wir haben viele Rezepte und nur noch ein paar zweiprozentige Ibu ratiopharm Fiebersäfte.“ In Rücksprache mit dem Arzt werde auf Paracetamolsäfte umgestellt, weil sie selbst angefertigt würden. „Wir kommen aber mit der Herstellung nicht hinterher.“

Die Kundschaft reagiere verständnisvoll auf die Engpässe. „Es wäre schön, wenn man mehr über die Hintergründe wüsste und Informationen erhält, woran es wirklich liegt“, sagt Schweizer. Oft handele es sich ja nicht um einen Wirkstoffmangel. „Das ist das traurige an der Sache.“ Angesichts der beginnenden Erkältungssaison werde die Lage noch schwieriger werden.

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