Stadt verkauft billiger als Apotheken

FFP2-Masken: Rathaus lockt Apothekenkunden

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Berlin -

Die Stadt Miltenberg tritt gerade vielen Apothekern in der Region auf den Schlips: Zum angeblichen Selbstkostenpreis gibt sie ab Freitag FFP2-Masken an alle ihre Einwohner ab. Eigentlich eine gute Fürsorge-Aktion, sollte man meinen. Doch die Apotheken lässt sie dabei außen vor. Denen klaut sie damit nämlich nicht nur Laufkundschaft, sondern auch Firmenaufträge. Das hatte der Bürgermeister anscheinend nicht bedacht. Auf Rückfrage hat er sich entschuldigt und beteuert, nach der Aktion „nie wieder was mit Masken zu tun“ haben zu wollen.

Am Dienstag gab Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bekannt, dass die Bürger im Freistaat ab Montag beim Einkauf und im öffentlichen Nahverkehr FFP2-Masken tragen müssen. Nur einen Tag später hatten die Miltenberger Flyer vom Rathaus im Briefkasten: „Die Stadt Miltenberg verkauft preisgünstig FFP2-Masken“, heißt es darin. „20 Stück für 20 Euro.“ Von Freitag bis Sonntag verkauft das Rathaus Masken im Drive-in-Verfahren: Auf einem Parkplatz in der Innenstadt stellt die Verwaltung einen Container auf, aus dem heraus sie Masken in die durchfahrenden Autos verkauft. Dadurch solle vermieden werden, dass Menschen ins Rathaus strömen und sich dort Ansammlungen bilden.

In der Bevölkerung kommt die Aktion ausgezeichnet an – bei den Apotheken in der Region nicht so. Und zwar aus nachvollziehbaren Gründen: „Wir hatten schon viele Aufträge von Firmen, die uns abgesprungen sind – Firmen, die hunderte Masken abgenommen hätten. Dienstag haben wir noch die Aufträge fertig gemacht, Mittwochmorgen kam dann die erste Firma und sagte, die Masken kosten nur noch einen Euro und nicht zwei wie bei uns“, erzählt Thomas Grittmann, Inhaber der Park-Apotheke in Miltenberg. „Die wollen ab morgen da runterfahren und sich für die ganze Firma eindecken.“

Auch andere Apotheken in der Gegend – namentlich die Nord-Apotheke von Barbara Zeitner sowie die Mäander- und Anker-Apotheke von Katja Neuerer – sind verärgert über den Vorstoß. „Es ist nicht so, dass ich die Aktion an sich schlecht finde, für die Menschen ist das ja eine gute Sache. Aber man hätte es mit den Apotheken absprechen müssen, und sie nicht an den Pranger stellen lassen, dass sie teurer abgeben als das Rathaus“, sagt Grittmann. „Wir haben hier Kunden in der Apotheke stehen, die uns fragen, wie das sein kann, dass die Stadt das für einen Euro macht und wir zwei nehmen.“

Grittmanns Einwände gegen die Aktion sind aber noch grundlegender: Wie schwer der regionale Handel von der Pandemie und den Lockdown getroffen ist, wird nicht nur in Miltenberg diskutiert – und dann kauft das Rathaus mit Steuergeldern Masken und schädigt damit den lokalen Handel. „Wir zahlen Gewerbesteuer und Tourismus-Abgabe und dann graben die uns das Wasser ab. Erst plädieren alle für den Einzelhandel und dann machen sie sowas“, sagt er. Dabei gebe es keine Notlage, in der die Stadt aushelfen müsste – Masken sind mittlerweile zu vernünftigen Preisen in ausreichender Menge verfügbar.

Wenn die Stadt schon mit Eigenbeteiligung Masken an die Bevölkerung ausgeben wolle, dann hätte sie doch wenigstens die lokalen Apotheken mit einbeziehen sollen. „Wir sind sehr enttäuscht, dass wir komplett ausgeklammert wurden. Wir wären doch die letzten gewesen, die da nicht mitmachen! Im Dezember waren wir sofort zur Stelle und haben das in kürzester Zeit selbst gestemmt – und jetzt, wo es was zu holen gibt, springt die Stadt auf.“ Die Apotheken in Miltenberg bringt das gleich doppelt in eine knifflige Situation, denn nicht nur wird ihnen Kundschaft abgezogen. Es ist auch ein äußerst heikles Thema, sich dagegen zu wehren. „Die Aktion ist in der Bevölkerung natürlich sehr beliebt. Wenn ich dann als Apotheke versuche gegenzusteuern, schieße ich mir am Ende vielleicht noch ins eigene Bein, weil ich dann als Buhmann dastehe, dem es nur ums Geld gehen würde.“

Was also tun? Miltenberg ist keine Millionenstadt, man kennt sich untereinander und das kann im Zweifelsfall sehr nützlich sein. Zu Bürgermeister Bernd Kahlert pflege er sonst ein gutes Verhältnis, sagt Grittmann. Also wandte er sich an den Stadtvater – und siehe da: Er fand ein offenes Ohr. „Er hat sich entschuldigt und hatte sogar überlegt, die Aktion noch kurzfristig abzublasen“, erzählt der Apotheker. Das wiederum wäre natürlich ein Gesichtsverlust für Kahlert. Also bemühte er sich um Schadensbegrenzung. Am Donnerstagnachmittag verkündete er Änderungen an der Aktion: Es dürften pro Person nur noch maximal zwei Packungen abgegeben werden. Sich für die ganze Firma einzudecken, fällt damit aus. Auch werde es bei der einmaligen Aktion bleiben, versicherte Kahlert gegenüber den Apothekern. „Er hat uns versprochen, dass das nur an diesem Wochenende stattfindet und er danach nie wieder etwas mit Masken zu tun haben will“, erzählt Grittmann. „Na da fragen Sie mal uns, hab ich ihm gesagt.“

 

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