FFP2-Masken: Apotheker verliert gegen Fiskus Patrick Hollstein, 23.11.2023 07:53 Uhr
Die Ausgabe der FFP2-Masken war für viele Apotheken eine wichtige Zusatzaufgabe in der Pandemie – auch aus ökonomischer Sicht. Doch auch drei Jahre danach wird noch über Steuerfragen gestritten. Ein Apotheker aus Niedersachsen scheiterte mit einer Klage gegen das Finanzamt. Er hatte die Auffassung vertreten, dass er keine Umsatzsteuer abführen musste.
Im Dezember 2020, in der letzten Woche vor Weihnachten, konnten sich Menschen über 60 Jahren sowie Risikogruppen wie COPD-Patienten, Patienten mit Herzinsuffizienz und Diabetiker in den Apotheken kostenlos jeweils drei FFP2-Masken abholen. So sah es die Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung (SchutzmV) des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) vor.
Vorgelegt werden musste nur der Personalausweis, eine Prüfpflicht bestand nicht. Für diese erste Tranche vom 15. Dezember bis 16. Januar wurden 490 Millionen Euro über den Nacht- und Notdienstfonds (NNF) verteilt – Berechnungsgrundlage war die Zahl der Rx-Packungen im dritten Quartal.
Zunächst meldete der Apotheker aus Niedersachsen in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung die vom NNF ausgezahlte Pauschale mit dem Nettobetrag zum – temporär auf 16 Prozent herabgesetzten – Regelsteuersatz an. Ein Jahr später widersprach er dem Umsatzsteuerausweis im Auszahlungsbescheid – der NNF korrigierte später tatsächlich seinen Bescheid für alle Apotheken.
Der Apotheker beantragte aber zugleich beim Finanzamt die Herabsetzung der Umsatzsteuer-Voranmeldung. Seines Erachtens sei die Abgabe der Schutzmasken in der Phase 1 mangels Leistungsaustausch überhaupt nicht umsatzsteuerbar. Durch seinen Widerspruch habe der Auszahlungsbescheid im Übrigen seine steuerliche Wirkung verloren.
Kein Leistungsaustausch
Sein Argument: Es habe gar keinen Leistungsaustausch gegeben, denn das Geld hätte er auch dann bekommen, wenn er gar keine Schutzmasken abgegeben hätte. Daher könne die Pauschale keine Gegenleistung für eine von den Apotheken erbrachte Leistung darstellen. Es fehle auch an einer Berechnungsgrundlage: Die Pauschale habe sich nicht am Preis der abgegebenen Schutzmasken beziehungsweise der erbrachten Bereitschaftsleistung orientiert; vielmehr habe der Preis der abgegebenen Masken beziehungsweise der erbrachten Bereitschaftsleistung unabhängig von der tatsächlichen Leistungserbringung stets 0 Euro betragen.
Das Finanzamt lehnte erst den Antrag und dann auch den Einspruch ab: Ziel der SchutzmV sei nicht etwa eine Förderung oder Subventionierung der Apotheken gewesen, sondern der Schutz von vulnerablen Personengruppen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus. Die Pauschale sei „für die Abgabe von Schutzmasken“ gezahlt worden, wobei dies nicht für die einzelne Abgabe, sondern in Gestalt einer Pauschale geschehen sei. Dies sei im allgemeinen Wirtschaftsverkehr nicht unüblich, daher sei von einer Gegenleistung auszugehen. Die abstrakte Frage, ob ein Apotheker die Pauschalzahlung auch erhalten hätte, wenn er in der Phase 1 keine Schutzmasken abgegeben hätte, stelle sich im Streitfall nicht, denn ein solcher Sachverhalt sei ersichtlich nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens.
Laut Finanzgericht Niedersachsen stellte die Abgabe der Schutzmasken „eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG“ dar, welche der Apotheker gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht und dafür eine Gegenleistung in Gestalt der Pauschale erhalten habe. Insofern sei das Sachleistungsprinzip anzuwenden, auch für nicht gesetzlich Versicherte.
Keine Anhaltspunkte für Betrug
Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Masken nur im Rahmen der Verfügbarkeit abgegeben werden konnten und es insofern keine Verpflichtung gab – ohnehin gebe es keine Anhaltspunkte, dass Apotheken sich so verhalten hätten.
Fazit: „Für einen steuerbaren Leistungsaustausch ist es ausreichend, dass zwischen den leistenden Apotheken und der Leistungsempfängerin ein Rechtsverhältnis nach Maßgabe der SchutzmV bestanden hat, in dessen Rahmen tatsächlich gegenseitige Leistungen ausgetauscht worden sind und die von den leistenden Apothekern empfangene Vergütung in Gestalt der Schutzmaskenpauschale den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Lieferung bzw. sonstige Leistung in Gestalt der Abgabe der Schutzmasken bildet.“
Erst ab Januar 2021 wurden übrigens in der zweiten Phase dann Coupons von den Kassen an die Versicherten verschickt. Die Apotheken konnten nun pro Maske 6 Euro einschließlich Umsatzsteuer über das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) abrechnen; mit Wirkung zum 10. Februar wurde der Betrag auf 3,30 Euro netto pro FFP2-Maske gesenkt.