Mehr als 27 Millionen Corona-Risikopersonen sollen ab Dezember preisvergünstigte FFP2-Schutzmasken erhalten. Pro Person soll voraussichtlich ein Vorrat von 15 Masken über die Apotheken abgegeben werden. Das sind zusammen über 400 Millionen Stück. Die Masken sollen dem Vernehmen nach nicht aus der Reserve des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) kommen. Das BMG lässt daher jetzt prüfen, ob die „normalen“ Lieferwege robust genug sind – ob der Großhandel also 400 Millionen FFP2-Masken beschaffen kann.
Gestern hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die vulnerablen Personengruppen definiert, die Anspruch auf die verbilligten FFP2-Masken erhalten sollen. Insgesamt dürften es 27,35 Millionen Menschen sein, wie es in der Stellungnahme heißt. Dazu zählen 23,7 Millionen Menschen ab 60 Jahren, außerdem weitere Menschen mit Vorerkrankungen, Risikoschwangerschaften oder Übergewicht. Die Stellungnahme soll nun Grundlage für eine Verordnung sein, mit der das BMG die konkrete Umsetzung regeln will. Ziel bleibe, mit der Ausgabe von Masken im Lauf des Dezembers zu beginnen, wie es hieß. Nach einem Beschluss von Bund und Ländern sollen pro Person insgesamt 15 FFP2-Masken – rechnerisch eine pro Winterwoche – gegen „eine geringe Eigenbeteiligung” zu bekommen sein.
Ins Auge gefasst wurde im gemeinsamen Beschluss der Bundes- und der Länderregierungen eine Abgabe der Schutzmasken über die Apotheken, anders als in Bremen sollen diese aber nicht frei verteilt, sondern auf Rezept abgegeben werden. Die Apotheken soll auch ein Honorar erhalten. Für die Abgabe von Antigen-Tests in Apotheken hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kürzlich ein Honorar von 40 Cent festgesetzt. Das Abgabehonorar für Masken dürfte sich an diesem Wert orientieren, sodass die Verteilaktion über die Apotheken gut 10 Millionen Euro kosten dürfte.
In Deutschland werden nach Angaben des BMG zur Zeit gut 1,2 Milliarden Schutzmasken gelagert. Laut einer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion wurden und werden in diesem und im nächsten Jahr OP- und FFP2-Masken für insgesamt 5,9 Milliarden Euro beschafft. Voraussichtlich werden „nach jetzigem Kenntnis- und Prüfungsstand“ mehr als 85 Prozent aller Masken „verkehrsfähig und damit für den Gesundheitssektor verwendbar sein”, heißt es weiter. Diese Masken sollen allerdings dem Vernehmen nach nicht für die gesponserte Verteilaktion an Risikopersonen eingesetzt werden.
Das wiederum dürfte für Erleichterung bei Großhändlern und Apotheken sorgen. Denn vielerorts hatten sie sich mit Ware eingedeckt, die im Sommer nicht mehr verkauft wurde. Erst jetzt zieht die Nachfrage wieder an – bei Freigabe der Reserve wären man womöglich auf den eigenen Beständen sitzen geblieben. Abgesehen davon hätte das BMG eine einheitliche PZN vergeben und die Abverkäufe kontrollieren müssen, was angesichts der verschiedenen Produkte nur schwer umzusetzen gewesen wäre.
Zu Beginn der Corona-Pandemie waren Schutzmasken Mangelware. Die Regierung war nach Hilferufen aus Kliniken und Pflegeheimen in die zentrale Beschaffung eingestiegen. Für Organisation, Logistik, Einkauf und Verträge wurde die Unternehmensberatung Ernst & Young eingeschaltet. Die Bundesregierung zahlt dafür nach früheren Angaben fast zehn Millionen Euro. Zuletzt war bekannt geworden, dass dem BMG eine riesige Klagewelle droht, weil bestellte Ware nicht abgenommen und Rechnungen nicht bezahlt wurden.
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