Die Politik will, dass kostenlose FFP2-Masken verteilt werden, die Apotheken müssen das aus dem Stegreif wuppen – und kriegen dann keine Masken. So erging es deutschlandweit vielen Apotheken. In Münster machte deshalb unter Kunden das Gerücht die Runde, dass sich einige Apotheken weigern würden. Doch da ist nichts dran: Einige mussten ihre Kunden nur vertrösten, weil ihre Lieferungen noch auf sich warten lassen – offensichtlich haben die Großhändler in der Region Probleme. Den Ärger mit den Kunden hatten sie trotzdem.
Apothekerin Ruth Steinbicker hat seit gestern gleich doppelten Ärger: Sie musste nicht nur die spontane Maskenverteilaktion des Bundesgesundheitsministeriums organisieren, sondern sich dann auch noch mit der Veraltung des Mangels herumschlagen. „Wir haben gleich nach Bekanntwerden der Aktion am Donnerstag bei der Noweda ausreichend Masken bestellt. Die sind aber bis jetzt noch nicht gekommen“, sagt die Inhaberin der Löwen-Apotheke. „Und ich habe gar keine Masken mehr, nicht mal Verkaufsware, sonst würde ich zuerst die abgeben.“ Einen Vorwurf wolle sie dem Großhändler deshalb allerdings nicht machen. „Die hatten ja auch keine Zeit, sich vorzubereiten. Und irgendwo im Internet wollte ich keine Masken bestellen, wenn ich mir nicht sicher sein kann, ob die Qualität stimmt.“
Für sie und ihr Team bedeutet das: Hunderte Kunden kommen herein und genauso oft müssen sie ihnen erklären, dass sie leider keine Masken für sie haben. Dabei hat sie bereits in der Offizin Aushänge gemacht, dass sie derzeit keine abgeben kann. Die Reaktion seien geteilt, manche zeigen sich einsichtig, andere regen sich auf. Und selbst für die zeigt sie Verständnis. „Manche Kunden werden auch laut. Aber es ist nun einmal für uns alle eine angespannte Situation im Moment und manche Kunden entladen ihren Frust dann in der Apotheke. Deshalb explodieren sie so, wenn sie erfahren, dass sie keine Maske kriegen.“ Was sie allerdings ärgere: „Manche behaupten dann anderswo, wir würden uns weigern, Masken abzugeben.“
Ähnlich geht es einem Kollegen Steinbickers in einer anderen Münsteraner Apotheke. „Das ist mega ärgerlich und ich kann die Verärgerung der Kunden auch verstehen, aber sie fallen auch nicht tot um, wenn sie ihre Maske nicht sofort bekommen.“ Auch in seiner Apotheke hat er Aushänge angebracht, die die Kunden auf die Situation hinweisen: „Wir haben noch keine FFP2-Masken. Die paar, die wir noch hatten, waren gestern nach zwei Stunden weg und dann standen wir im Trockenen. Unsere Bestellungen lassen weiter auf sich warten“, ist darauf zu lesen. Und darunter: „Wir wissen auch nicht genau, wann sie kommen werden.“ Er hatte ebenfalls gleich Donnerstag bestellt, und zwar gleich bei mehreren Großhändlern – allesamt lassen ihn bisher warten. Ähnliches habe er von Kollegen in der Gegend gehört und geht deshalb mit den Grossisten härter ins Gericht: „Wir ärgern uns sehr darüber, dass die Großhändler hier nicht weitsichtig genug waren und sich bevorratet haben.“
Anders als Steinbicker hatte er aber auch mehrere andere Händler angezapft – ebenso vergebens. „Bei denen hatten wir vorher im Hunderterbereich bestellt und jetzt plötzlich tausende. Da ist doch klar, dass auch die mit der Logistik nicht hinterherkommen.“ Nun gilt es also vorerst, die Situation zu verwalten und trotzdem für die Patienten da zu sein. Steinbicker hat dazu eine Liste angelegt, in die sich alle Kunden eintragen können, die eine Maske wollen. Sobald die Ware da ist, wird für sie eine Packung beiseite gelegt – und Stammkunden teilweise sogar nach Hause beliefert. „Jeder Kunde, der zu uns kommt und eine Maske will, wird auch versorgt!“, verspricht sie. „Ich bin absolut keine Maskenverweigerin. Aber wo soll ich denn welche herzaubern, wenn ich nicht mal Verkaufsware habe?“
Auch ihr Kollege in der Münsteraner Innenstadt betont das. „Da weigett sich keiner, das war einfach alles zu kurzfristig. Wir sagen allen Kunden, dass noch ausreichend Masken kommen werden. Wir rechnen jede Minute mit der Lieferung. Da lege ich Wert drauf.“ Einig sind sie sich auch in der Analyse des Problems: „Das ist typisch Jens Spahn: Der verkündet einfach was und geht davon aus, dass es von allein klappt“, sagt er. „Das ist einfach schlecht gemacht, wie mit dem Impfstoff. Da freuen die sich jetzt, dass der am 21. Dezember zugelassen werden soll! Da haben wir schon wieder zwei Wochen verschenkt, aber Hauptsache die Impfzentren stehen schon.“
Auch Steinbick zeigt sich schwer frustriert vom Vorgehen der Politik. Sie sei am Anfang davon ausgegangen, dass der Staat die Verteilung übernimmt, wenn er schon so eine Aktion verkündet. „Was ist denn mit den Millionen von Masken, auf denen das BMG noch sitzt?“, fragt sie. „Die landen bestimmt im Schredder, weil sie nicht richtig zertifiziert waren.“ Für viel sinnvoller hätte sie es erachtet, den Menschen die Möglichkeit einzuräumen, den Maskenkauf von der Steuer abzusetzen und sozial Schwachen Bezugsscheine über die Sozialämter auszustellen. Stattdessen müssen nun wieder die Apotheken ran und im Eiltempo die Vorgaben des Ministeriums umsetzen. „Wir könne froh sein, wenn wir das nicht als Zuschussgeschäft machen. Und im zweiten Durchlauf darf dann noch DocMorris ran.“
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