Ziehen Hersteller bei Festbetragsabsenkungen nicht mit, müssen die Patienten die Differenz aus eigener Tasche bezahlen. Zum 1. April sinkt unter anderem der Erstattungspreis für Humaninsulin. Die Hersteller haben ihre Preise gesenkt, doch Sanofi-Aventis hat für sein Präparat Insuman zu spät gemeldet. Damit die Patienten nicht aufzahlen müssen, hat der Hersteller den Kassen die Übernahme der Kosten angeboten. Die bitten die Apotheker um Hilfe bei der Umsetzung.
Die Preissenkung von Insuman wird erst am 15. April in der Software gelistet sein. Entweder hat Sanofi wirklich den Stichtag verpasst oder darauf spekuliert, dass weitere Hersteller bei ihrem alten Preis bleiben. Jetzt kommt die Absenkung zwei Wochen zu spät und Aufzahlungen werden fällig. Betroffen sind 18 PZN, wobei sich in vier Fällen der Festbetrag nicht geändert hat. Sanofi hat einer Sprecherin zufolge allen Kassen angeboten, die Mehrkosten in dieser Zwischenzeit zu übernehmen.
Ein Sprecher des AOK-Bundesverbands bestätigte auf Nachfrage, dass für alle AOKen eine entsprechende Übereinkunft mit dem Hersteller erzielt wurde. Um dies in der Praxis umzusetzen, benötigen die Kassen die Hilfe der Apotheker. Man befinde sich in Gesprächen mit den Apothekern, damit die Versicherten nicht mit der Aufzahlung belastet würden, so der Sprecher.
Die AOK Nordost hat den Apothekern bereits eine konkrete Lösung vorgeschlagen und bittet um deren Mithilfe. Sie sollen auf die Aufzahlung verzichten und erhalten dafür von der Kasse eine Gutschrift über die Differenz zwischen Festbetrag und Listenpreis.
Statt das Geld beim Patienten einzufordern, sollen die Apotheken das Rezept zusätzlich mit der Sonder-PZN für Nichtverfügbarkeit mit der 5 als Zusatz bedrucken. Als Abgabepreis soll unter der PZN der Festbetrag aufgedruckt werden, wie er standardmäßig von der Warenwirtschaft vorgeschlagen wird.
Die AOK will diese Rezepte bei der Abrechnung dann herausfiltern: „Anhand der Abrechnungsdaten erkennen wir, dass Sie auf die Mehrkosten verzichtet haben“, heißt es in einem Schreiben an Apotheken. Die Gutschrift soll mit der nächstmöglichen Rechnung erfolgen, vorgesehen ist der Juli. Sollte der Patient doch eine Zuzahlung geleistet haben, könne er sich auch direkt bei seiner Kasse melden und bekomme den Betrag dann erstattet, so der AOK-Sprecher.
Die AOK Nordwest hat ebenfalls eine Lösung mit Gutschrift gefunden: Die Apotheke sollen keine Mehrkosten kassieren und auf dem Rezept zusätzlich „88: Verzicht auf Aufzahlung“ vermerken sowie den Festbetrag bedrucken. Die Differenz zwischen diesem und dem Apothekenverkaufspreis wird die AOK Nordwest der Apotheken dann gutschreiben.
Der Apothekerverband Westfalen (AVWL) empfiehlt seinen Mitgliedern, eine Kopie der Verordnung aufzubewahren und den Eingang der Gutschrift zu überprüfen. Alternativ könne der Patient auch mit einer Quittung über die Aufzahlung zu seiner Kasse geschickt werden.
Im Ersatzkassenlager ist man dem Vernehmen nach nicht begeistert von dem Angebot des Herstellers. Der Verwaltungsaufwand sei viel zu hoch angesichts der relativ geringen Beträge. So betrage die Aufzahlung im Höchstfall 6,56 Euro, in zwei Fällen dagegen lediglich 11 Cent. Sanofi habe nur angeboten, sich an den Verwaltungskosten zu beteiligen – allerdings nur in Höhe eines Bruchteils der Mehrkosten. Bei den geringen Aufzahlungen sei der Aufwand der Kasse niemals gedeckt.
Daher wird schon über eine einfachere Lösung nachgedacht. Bis zur Preisumstellung von Sanofi am 15. April liegen gerade einmal neun Werktage, an denen die Aufzahlung fällig werden könnte. Die Apotheken könnten – so die Überlegung – die Rezepte erst am 15. bedrucken, dann mit dem neuen Preis auf Festbetragsebene. Ohnehin gehen die Kassen davon aus, dass viele Diabetiker sich bevorratet haben. Die Absatzzahlen für Humaninsulin sind kurz vor der Festbetragsabsenkung bereits gestiegen.
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