Festbeträge

Wieder Debatten um Zu- und Aufzahlung

, Uhr aktualisiert am 27.06.2014 16:44 Uhr
Berlin -

Für 30.000 Arzneimittel gelten derzeit Festbeträge, sie stehen für fast 80 Prozent aller Verordnungen. 5400 Präparate sind von der gesetzlichen Zuzahlung befreit, weil ihr Preis mindestens 30 Prozent unter der Erstattungsgrenze liegt. Das freut Kassen und Versicherte gleichermaßen. Doch nicht immer spielen die Hersteller mit: So gibt es auch 1500 Präparate, bei denen die Patienten mehr als die gesetzliche Zuzahlung leisten müssen. In der kommenden Woche werden die Apotheken mit neuen Fällen konfrontiert werden.

Am 1. Juli treten neue Festbeträge in Kraft, die laut Industrie deutlich unter dem bisherigen Niveau liegen. Daher geht die Quote der zuzahlungsbefreiten Packungen zurück, weil der Preisabstand wegfällt: Laut Landesapothekerverband Baden-Württemberg ist derzeit jede sechste Packung befreit, ab dem 1. Juli ist es nur noch jede zehnte Packung.

Außerdem könnte es zumindest vorübergehend zu einer Belastung der Patienten kommen. Daichi Sankyo und Berlin Chemie haben bereits angekündigt, bei Olmetec beziehungsweise Votum nicht auf Festbetrag zu gehen; hier müssen Kassenpatienten bis zu 86 Euro aufzahlen.

Mittlerweile steht fest, dass Ratiopharm bei Eprosartan den Preis von 48,90 Euro auf den Festbetrag von 30,33 Euro senkt. Aristo senkt den Preis ebenfalls, allerdings nicht bis auf das Festbetragsniveau, sodass vom Patienten eine Differenz von 17 Euro zu zahlen ist. Das Berliner Unternehmen ist Vertragspartner bei verschiedenen Krankenkassen.

Derweil meldet Hexal, dass die Meldung zu Levetiracetam zu spät bei der IfA eingegangen ist. Der Preis werde aber auf Festbetrag abgesenkt, sodass keine Aufzahlungen entstünden. Ab 15. Juli soll der neue Preis in der Software stehen.

Aufzahlungen für die Versicherten fallen an, wenn die Hersteller den Preis für ihr Produkt nicht auf das Festbetragsniveau absenken. Das trifft vor allem auf Altoriginale zu. Weil die Festbeträge als Erstattungsgrenze nicht für die Privaten Krankenversicherungen (PKV) gelten, setzen die Unternehmen auf diese spezielle Klientel.

Klassisches Beispiel ist Sortis: Seit 1997 auf dem Markt, gehörte der Wirkstoff Atorvastatin seit 2005 zusammen mit Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin zur Festbetragsgruppe der Statine. Der Hersteller Pfizer hatte seinen Preis von Anfang an nicht angepasst und den Fall bis vor das Bundessozialgericht gebracht.

Immerhin stehen den Kassenpatienten seit Patentablauf im März 2012 Generika zur Verfügung. Aktuell liegt der Apothekerverkaufspreis (AVP) von Sortis 163 Euro über Festbetrag. Noch größer ist die Differenz bei Zyprexa: Das Präparat kostet in der Dosierung zu 20mg derzeit 980,48 Euro, die Kassen zahlen nur 133,90 Euro. Die Differenz von 846,58 Euro müssten theoretisch die Patienten zahlen. Allerdings gibt es auch hier wegen Patentablauf und Austauschbarkeit der verschiedenen Tabletten mittlerweile Generika.

Weitere Beispiele mit deutlichen Differenzen sind Requip (GSK), Rifun (Takeda), Zoloft (Pfizer), Pravasin (BMS) und Topamax (Janssen-Cilag). Spitzenreiter ist Casodex (AstraZeneca): Seit 2008 generisch, liegt das Originalpräparat von AstraZeneca in der höchsten Dosierung und Packungsgröße 1274,56 Euro über Festbetrag – und ist im GKV-Markt faktisch nicht mehr präsent.

Generika sind selten betroffen. Weil man sich als Hersteller den Ruf ruiniert, wenn Patienten zur Kasse gebeten werden, bereinigt sich der Markt oft von selbst. Hier hatte Nebivolol vor einigen Jahren für Schlagzeilen gesorgt. Andere Beispiele sind Lercanidipin und Salbutamol.

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