Sich richtig vor der Gefahr einer Sars-CoV-2-Infektion zu schützen, ist ein Drahtseilakt: Die eigene Gesundheit und die der Patienten geht vor. Gleichzeitig sollen Heilberufler auch alles tun, um keine weitere Panik zu schüren – in der Apotheke mit Atemschutzmasken zu bedienen, empfinden viele deshalb als starkes Signal. Für Inhaberin Dr. Antje Rückstein stellt sich die Frage nicht. In ihrer Apotheke herrscht Maskenpflicht.
Für Rückstein ist der Fall klar: „Ich habe eine Verantwortung für meine Mitarbeiter und der komme ich nach“, sagt die Inhaberin der Farma-Plus-Apotheke am Rathaus Herten. Dabei rentiert sich nun, dass sie bereits ganz zu Beginn der Pandemie den richtigen Instinkt hatte. „Als im Dezember die ersten Meldungen von einer neuartigen Lungenkrankheit in China kamen, habe ich sofort daran gedacht, wie es bei der Schweinegrippe und Vogelgrippe ablief, und die Situation aufmerksam beobachtet.“ Die Informationen, die sie erhielt, hätten ihr für eine persönliche Risikoeinschätzung ausgereicht. Deshalb habe sie sich bereits im Januar mit FFP3-Schutzmasken eingedeckt, um vorbereitet zu sein, wenn es losgehen sollte. Und es ging los. Die FFP3-Masken waren schnell abverkauft, doch da hatte Rückstein für sich und ihr Team bereits die nötige Menge beiseitegelegt. „Anfang Januar habe ich FFP3-Masken bestellt, jedem Mitarbeiter eine FFP3-Maske ins Fach gelegt und meine Familie damit versorgt. Die restlichen Masken haben wir für 3,95 Euro in den Verkauf gegeben, maximal zehn pro Person oder Haushalt. Inzwischen sind wir auch ausverkauft.“
Sie legt dabei Wert darauf, dass es sich um FFP3-Masken handelt. Sie habe ihre Kenntnisse über Schutzmasken aufgefrischt und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass FFP2-Masken nicht ausreichend Schutz bieten. Ihrem Team hatte sie allerdings noch nicht aufgetragen, nur in Masken zu arbeiten – bis zum Wochenende. „Als sich dann am Samstag trotzdem eine Kundin, die sehr geschwächt und fiebrig wirkte, über den HV-Tisch beugte und uns direkt anhustete, habe ich die Entscheidung getroffen, dass wir ab sofort mit Atemschutzmaske arbeiten.“
Seit Samstag bedienen Rücksteins Mitarbeiterinnen deshalb mit FFP3-Masken. Und die Kunden? „Wir haben bisher keine negative Reaktion auf die Atemschutzmasken von den Kunden“, sagt sie. „Sie registrieren das einfach.“ Als Panikmache habe das noch niemand empfunden. Die Mitarbeiter wiederum sehen es auch nicht als Einschränkung. „Meine Mitarbeiter sind glücklich, dass ich sie schütze.“ Und das tut sie auch über Atemmasken hinaus.
Schon früh hat Rückstein nämlich begonnen, sich mit den notwendigen Utensilien einzudecken: „Ich habe letzte Woche für jede Mitarbeiterin je zwei langärmlige, lange Kittel, die bei 95 Grad waschbar sind, bestellt sowie für jeden eine Schutzbrille mit seitlichem Schutz, die über der normalen Brille getragen werden kann und eine Anti-Beschlag-Beschichtung hat. Wir warten noch auf die Lieferung und stellen dann auf Kittel um. Mit Handschuhen haben wir uns ebenfalls ausreichend bevorratet.“ Doch ein effektiver Schutz ist vor allem auch ein gut arbeitendes Immunsystem. Rückstein hat deshalb für die gesamte Belegschaft Nahrungsergänzungsmittel zur Verbesserung der Immunkräfte aus den USA bestellt. „Seit Februar versorge ich meine Mitarbeiterinnen zusätzlich mit einem immunsystemstärkenden Vitalstoffprodukt. Das bekommen sie von mir geschenkt.“
Hinzu kommen die Maßnahmen in der Offizin: Mülleimer mit Tritt in den Verkaufsräumen, Bodenmarkierungen, Hinweisschilder. Bei der Organisation der Schutzmaßnahmen orientiere sie sich vor allem an den Leitlinien der beiden Inhaberbrüder Florian und Stephan Peer aus Südtirol, die APOTHEKE ADHOC in der vergangenen Woche veröffentlicht hatte. „Nach der Warnung der italienischen Kollegen, jetzt sofort zu handeln und nicht abzuwarten, habe ich die Empfehlung, die HV-Tische zu verbreitern und den HV mit Plexiglas-Scheiben abzuschotten aufgegriffen und dieses letzte Woche beauftragt. Die Messebauer haben derzeit jede Menge freie Kapazitäten für einen Umbau.“ Die Plexiglasscheiben sollen dabei – anders als bei manchen Kollegen – geschlossen über den ganzen HV-Bereich gehen – das ist zwar teurer, aber auch effektiver.
„Die Investitionskosten sind es mir wert. Es nützt mir nichts, wenn die Hälfte der Belegschaft krank wird oder sich aus Angst krankschreiben lässt. Spätestens dann würde ich allein im HV stehen.“ Über eine interne Whatsapp-Gruppe hält sie ihre Mitarbeiter auf dem Laufenden, was sie an weiteren Maßnahmen geplant oder bereits umgesetzt hat. „Ich schreibe keine Pandemiepläne auf Papier. Ich denke nach und setze es dann in die Praxis um. Unsere Pandemiepläne existieren sozusagen in unserer Whatsapp-Gruppe, in der ich nach und nach die einzelnen Maßnahmen bekannt gebe.“ Und wahrscheinlich wird sich dieser praktische Ansatz noch eine Weile bewähren müssen, denn Rückstein rechnet damit, dass die Situation noch eine Weile anhält. „Ich erwarte den Höhepunkt der Pandemie im Mai oder Juni. Das kann aber niemand wirklich vorhersagen, das hängt davon ab, wie vernünftig sich die Bevölkerung jetzt verhält. Mit privaten Corona-Parties wird die Situation jedenfalls nicht besser.“
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