FAQ: Antikörpertests Alexandra Negt, 10.11.2021 14:13 Uhr
Die ersten Antikörper-Schnelltests waren schon vor den Antigen-Schnelltests verfügbar. Damals waren die Zuverlässigkeit und Genauigkeit umstritten. Es konnten lediglich Aussagen darüber getroffen werden, ob Antikörper vorhanden sind oder nicht. Das hat sich mittlerweile geändert. Verschiedene mobile Geräte können eine quantitative Analyse des Blutes durchführen. Der Einsatz ist auch in der Apotheke denkbar. Doch wer profitiert von einem Antikörpertest? Und sollte dieser pauschal vor einer Booster-Impfung durchgeführt werden? Auch heute zeigen die Geräte nicht nur Stärken. Die gesamten FAQ als Download gibt es hier.
Welche Art von Antikörpertests gibt es?
Wer einen Antikörpertest in einer Arztpraxis durchführen lässt, der muss Vollblut abgeben. Das bedeutet, der Arzt/die Ärztin entnimmt eine gewisse Menge Blut, überführt sie in ein Probenröhrchen und schickt sie zur Auswertung in ein Labor. Bei Antikörpertests in Apotheken hingegen wird Kapillarblut verwendet. Hierfür sticht der/die Apotheker:in oder PTA mit einer Lanzette in die Fingerkuppe und entnimmt wenige Tropfen Blut.
Aktuell gibt es folgende Möglichkeiten seine Antikörper nachzuweisen:
- in der Arztpraxis durch Vollblutabnahme
- in der Apotheke durch Kapillarblutentnahme (bspw. Concile oder Protzek)
- zu Hause durch Kapillarblutentnahme mit Auswertung im Labor (bspw. AProof)
- zu Hause durch Kapillarblutentnahme mit direkter Auswertung ohne genaue Titerangaben
Welche Einheit liegt einem Antikörpertiter zugrunde?
Die Antikörperkonzentration im Blut wird in der Einheit BAU/ml angegeben. BAU ist die Abkürzung für Binding Antibody Units. Diese Einheit hat sich als internationale Norm durchgesetzt. Jeder quantitativer Antikörpertest verfügt über einen Schwellenwert. Proben, die diesen Schwellenwert unterschreiten, sind negativ – es wird kein spezifisches Signal für Antikörper gegen Sars-CoV-2 geliefert. Genaue Grenzwerte müssen noch definiert werden. Bisher durchgeführte Studien zeigen, dass die Antikörperantworten der Proband:innen unterschiedlich sein können.
Wie hoch ist ein guter Antikörpertiter?
Aktuell gibt es keine allgemeingültig definierten Grenzwerte, bis wann ein Antikörpertiter als hoch einzustufen ist. Ohne belastbaren Grenzwert für die Antikörperkonzentration bleibt die Einstufung der Ergebnisse schwierig. Es ist davon auszugehen, dass zwei bis vier Wochen nach Beendigung des Impfregimes die Antikörperkonzentration am höchsten ist.
Forscher:innen von der Universität Oxford haben aktuell Grenzwerte als Immunkorrelat vorgestellt. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Nature Medicine“ publiziert. Untersucht wurden lediglich Blutproben von Vaxevria-Geimpften. Als Immunkorrelat für doppelt Geimpfte schlagen sie folgende Grenzwerte vor: 264 BAU/ml für IgG-Antikörper gegen das Sars-CoV-2-Spike-Protein und 506 BAU/ml für IgG-Antikörper, die sich gegen die Rezeptorbindedomäne (RBD) des Spike-Proteins richten. Bei Proband:innen, bei denen diese Werte analysiert wurden, lag eine Schutzwirkung von 80 Prozent vor.
Mit der Analyse der Forscher:innen wird deutlich, dass es mitunter keinen alleinstehenden Wert geben kann, der bei der Frage nach einem ausreichenden Impfschutz genügt. Interessant: Das Auftreten von asymptomatischen Infektionen korrelierte nicht mit den Immunmarkern.
Welche Personengruppen haben eventuell keinen ausreichenden Impfschutz?
Ein schlechter Impfschutz kann dann vorliegen, wenn die Personen ihr Impfregime nicht beendet haben oder die empfohlenen Abstände zwischen Erst- und Zweitimpfung nicht eingehalten wurden. Auch genetische Unterschiede in der Induzierbarkeit von Immunantworten können dazu führen, dass kein Impfschutz aufgebaut wird. Es sind Fälle bekannt, bei denen Personen auch nach einer mehrmaligen Impfung gegen Hepatitis B keinen Impfschutz aufgebaut haben. Aus generellen Impferfahrungen lässt sich ebenfalls ableiten, dass Personen mit Immundefizienz (egal ob angeboren oder erworben) dazu neigen können, einen geringeren Impfschutz aufzubauen. Für diese Personengruppe kann eine Erfolgskontrolle vier bis acht Wochen nach der letzten Impfung des Regimes erfolgen (RKI-Empfehlung).
RKI: „Nach Boosterung wird als Faustregel ein 4-facher Titer-Anstieg als positive Impfantwort interpretiert, wobei zur Beurteilung eine Bestimmung des Antikörpertiters im Serum vor der Impfung als Ausgangswert notwendig ist. Letztlich schließt eine negative Serologie eine positive, protektive Immunantwort nicht immer aus, da neben der humoralen auch eine zelluläre Immunantwort induziert wird. Daher können die angegebenen Werte nur als Korrelate für einen vorhandenen Schutz betrachtet werden.“
Um im Verlauf aussagefähige Werte zu erhalten, sollten die verwendeten Testverfahren immer gleich sein. Denn verschiedene Tests liefern verschiedene Ergebnisse. Am besten erfolgen die Tests immer im selben Labor.
Braucht es einen Antikörpertest vor der Booster-Impfung?
Nein, generell wird keine Antikörpertest für eine Auffrischimpfung benötigt. Aktuell wird allen Menschen die dritte Injektion sechs Monate nach Beendiung des Impfregimes empfohlen. Ausnahme: Stark immunsupprimierte Personen sollten bereits 28 Tage nach der zweiten Dosis die dritte Injektion erhalten. Diese Zulassungserweiterung basiert auf begrenzten Daten einer Fallserie mit organtransplantierten Personen. Ein Antikörpertest vor Booster Impfung ist aufgrund der fehlenden belastbaren Grenzwerte bei Antikörperkonzentrationen kein Muss. Gleichzeitig besteht nach aktuellem Kenntnisstand kein Risiko für den Impfling, wenn die dritte Impfung trotz hoher Antikörpertiter durchgeführt wird.
Was können Antikörpertests in der Apotheke und wo sind die Grenzen?
Apotheker:innen, die Antikörper-Schnelltests anbieten, befinden sich in der Zwickmühle. Einerseits ist das Interesse der Kund:innen da. Viele fragen sich, ob der Körper den benötigten Schutz durch die Impfung auch tatsächlich aufgebaut hat – sie möchten Gewissheit haben. Auf der anderen Seite kann der/die Apotheker:in trotz quantitativen Analysegerät keine 100-prozentige Gewissheit liefern. Denn solche Antikörpertests zeigen nur einen Teil der Immunantwort. Die ermittelten Werte beziehen sich auf die humorale Immunantwort (Antikörper). Die zelluläre Immunantwort (T-Zellen) bleibt im Verborgenen.
Dennoch: Antikörpertests können zumindest nachweisen, ob die Impfung überhaupt „angeschlagen“ hat. Sind die ermittelten Werte sehr niedrig, so sollte der/die Kund:in zum Arzt/zur Ärztin geschickt werden. Dort kann über eine Booster-Impfung entschieden werden. Wichtig: Apotheker:innen sollten sich darüber bewusst sein, dass es – anders als Bei der Blutzucker- oder Blutdruckmessung – keine gültigen Grenzwerte gibt. Aussagen darüber, ob der Wert hoch oder niedrig ist, sollten vorsichtig getroffen werden. Auch die Wahl des Gerätes entscheidet über die Genauigkeit und Aussagekraft der Werte. Denn nicht jedes Analysetool weist die gleichen Strukturen nach. Eine Empfehlung, welche Geräte in der Apotheke zum Einsatz kommen sollten, gibt es aktuell nicht.
IgG, IgM und IgA
Zu den Immunglobulinen gehören unterschiedliche Antikörperklassen. Im Rahmen der Antikörpertests auf Sars-CoV-2 spielen vor allem die Klassen IgG, IgM und IgA eine Rolle. Das Immunglobulin G (IgG) macht rund 80 Prozent aller im Körper befindlichen Antikörper aus. Es wird von den Plasmazellen produziert. IgG kann als Gedächtnis des Immunsystems bezeichnet werden – diese Art der Antikörper wird rund drei Wochen nach dem Erstkontakt mit dem Antigen gebildet. Rund drei bis sechs Monate nach einem Infekt oder einer Impfung nimmt die Konzentration im Blut ab.
Immunglobuline der Klasse M werden hingegen sofort vom Körper gebildet. Ein erhöhter IgM-Wert deutet auf einen akuten Infekt hin. IgM aktiviert das Komplementsystem und sorgt für eine starke Immunantwort. Das dritte Immunglobulin – das IgA – wird in Plasmazellen des Darms gebildet. Es dient vor allem der Erregerabwehr an Schleimhautoberflächen. Diese Art der Antikörper kann nicht nur im Blut, sondern auch im Nasen- und Bronchialsekret nachgewiesen werden.
Mittlerweile sind unterschiedlichste Antikörpertests auf dem Markt. Diese detektieren entweder Antikörper gegen das Spike- oder das Nucleocapsid-Protein von Sars-CoV-2.