Bis zu 300 Stunden in der Luft

Falle Plexiglas: Gefährliche Aerosolansammlungen?

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Berlin -

Dass Aerosole bei der Übertragung von Sars-CoV-2 eine wesentliche Rolle spielen, ist mittlerweile bekannt. Dabei ist die Größe der ausgestoßenen Aerosoltröpfchen ausschlaggebend für die Ansteckungsgefahr – vor allem in geschlossenen Räumen. Experten halten es sogar für möglich, dass es bei unzureichendem Lüften zu Ansteckungen ohne direkte Begegnung mit Infizierten kommen kann, auch vermeintliche Schutzmaßnahmen wie Plexiglaswände sind demnach nicht immer zielführend.

Verschiedene Studien konnten mittlerweile die Bedeutung von Aerosolen bei der Übertragung von Sars-CoV-2 untermauern. Die Untersuchungen zeigten sogar, dass kleine Tröpfchen – wie sie beispielsweise beim Atmen ausgestoßen werden – wesentlich gefährlicher sind als größere Aersosoltröpfchen, die beim Husten oder Niesen herausgeschleudert werden. Darauf wiesen nun auch die Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF) und verschiedene Experten hin.

Je kleiner, desto gefährlicher

Denn je kleiner die Partikel, umso länger schweben sie in der Luft. Je schwerer sie sind, desto schneller werden sie von der Schwerkraft zu Boden befördert. Beim Sprechen und Singen konnten in ersten Untersuchungen Partikelgrößen von 1 μm bis 2 μm bestimmt werden: Diese brauchen in Räumen ohne Luftzirkulation etwa sieben Stunden, bis sie am Boden angelangt sind. Beim Atmen hingegen sind die Partikel wesentlich kleiner – etwa 0,2 μm bis 0,5 μm groß. Untersuchungen konnten belegen, dass Partikel dieser Größe bis zu 300 Stunden in der Luft verbleiben können.

„Man kann sich auch anstecken, wenn man sich gar nicht begegnet. Das ist ja das Teuflische bei dieser Aerosolinfektion“, erklärt Physiker und Aerosol-Experte Gerhard Scheuch. „Ich gehe auf eine Toilette, da saß vielleicht eine halbe Stunde vorher jemand und hat seine Viren in der Luft hinterlassen.“ Lüften an viel frequentierten Orten sei daher extrem wichtig.

Plexiglaswände als Risikofaktor?

Verschiedene Schutzmaßnahmen, wie die mittlerweile zum Standard gehörenden Plexiglaswände, könnten aufgrund der Aerosol-Eigenschaften jedoch sogar problematisch sein: „Die Aerosolwolke trifft dadurch das Gegenüber zwar nicht direkt, erreicht ihn letztlich aber doch, indem sie sich im Raum verteilt“, erklärt Professor Dr. Martin Kriegel von der Gesundheitstechnischen Gesellschaft. In schlecht belüfteten Bereichen eines Raumes könnte es so zu gefährlichen Aerosolansammlungen kommen.

„Da wir 24 Stunden am Tag atmen und ein Erwachsener dabei zwischen 10 und 25 m³ Luft ein-­ und wieder ausatmet, genügen schon geringe Aerosolkonzentrationen bei der Freisetzung, um erhebliche Mengen von potenziell mit Viren beladenen Aerosolparti­keln in die Umwelt abzugeben“, schreibt die Gesellschaft für Aerosolforschung in ihrem Positionspapier. Die exhalierten Partikel bestehen aus Lungenflüssigkeit, dem sogenannten „Surfactant“, in dessen Partikeln auch Viren gefunden werden konnten. „In derzeit laufen­den Untersuchungen wurde festgestellt, dass bei einer Atemwegsinfektion die Anzahl der exhalierten Partikel dramatisch auf Werte von mehreren zig-­ bis hunderttausend Partikeln pro Liter Luft ansteigen kann.“

Aufgrund ihrer kleinen Größe können die winzigen Partikel tief in die Lunge bis zu den ACE-2-Rezeptoren vordringen, welche als Eintrittspforte für Sars-CoV-2 gelten. „Schon beim normalen Atmen – mehr noch beim Sprechen oder Singen – werden die Viren wieder abgeatmet. Vom Verbreitungs­mechanismus her stehen die Coronaviren daher evolutionär an der Spitze“, verdeutlicht Dr. Thomas Voshaar, Chefarzt der Lungenklinik im Moerser Bethanien Krankenhaus.

 

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