Faktencheck: Kartenzahlung in Apotheken Gabriele Hoberg, 16.05.2018 13:08 Uhr
Seit vier Monaten sind für Verbraucher in vielen Fällen die speziellen Gebühren bei Kreditkartenzahlungen, Überweisungen und Lastschriften an Händler hinfällig. Diese EU-weite Regelung gilt im Internet und an der Ladenkasse, also auch für stationäre und Versandapotheken. Bei dem bereits im Februar 2017 verabschiedeten Gesetz handelt es sich um die Umsetzung der zweiten Zahlungsdienste-Richtlinie der Europäischen Union in nationales Recht. Hier der Faktencheck über das Gesetz, seine Umsetzung im Apothekenalltag und die Ausnahmen.
Welche Karten sind gemeint?
Die Regelung betrifft in Deutschland EC-, Visa- und Mastercard. Darüber hinaus sind seitdem aber auch Zusatzkosten für die Nutzung einer Sepa-Lastschrift bei der Bezahlung von Waren und Dienstleistungen nicht mehr zulässig, ebensowenig Gebühren für Überweisungen nach einem Kauf auf Rechnung. In vielen Apotheken wird das Bezahlen mit der EC-Karte bevorzugt, wie eine aktuelle Debatte im LABOR von APOTHEKE ADHOC zeigt. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass bei Kunden, die mit Kreditkarte zahlen wollen, eigentlich immer auch eine EC-Karte im Portemonnaie ist.
Welche Ausnahmen gibt es?
Wenn Kunden mit American Express oder Diners Club zahlen, müssen sie auch weiterhin mit Gebühren rechnen.
Warum wird dieser Unterschied gemacht?
Weil hinter den Kartentypen zwei unterschiedliche Zahlungsmodelle stecken. Beim Vier-Parteien-Verfahren, wozu Giro-, Visa- und Mastercard gehören, sind vier Parteien am Zahlvorgang beteiligt. Der Verbraucher löst die Zahlung mittels Karte über sein Konto auf das Konto des Händlers aus. Das Ganze passiert unter Beteiligung der kartenausgebenden Bank des Verbrauchers und der akquirierenden Bank, die dem Händler die Dienste bereitstellt, damit die Karte akzeptiert werden kann. Bei einem Drei-Parteien-Verfahren erbringt hingegen das Kartenzahlverfahren selbst Annahme- und Abrechnungs- sowie Kartenausgabedienste, und kartengebundene Zahlungsvorgänge erfolgen vom Zahlungskonto eines Zahlers auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers innerhalb des Verfahrens.
Was hat sich für Apotheker geändert?
In der Regel wurden auch schon vor der gesetzlichen Neuregelung bei Kartenzahlung keine Gebühren verlangt, obwohl es nach der alten Gesetzeslage möglich gewesen wäre. Stattdessen zahlen die Apotheker selbst für die Bereitstellung des Kartenzahlsystems an den jeweiligen Dienstleister.
Welche Kosten fallen für Apotheker im stationären Handel weiterhin an?
Für Kartenterminals gelten in der Regel monatliche Mietkosten von rund 15 Euro. Jeder Zahlungsvorgang wird dann zusätzlich mit einem Betrag zwischen 4 und 8 Cent abgerechnet, je nach Anbieter. Bei einem angenommenen Durchschnittsumsatz von 50 Euro pro Kunde und Monat zahlt der Apotheker an Servicegebühren je nach Dienstleister zwischen 21 Cent bei EC-Kartenkunden und 1 Euro bei Kreditkartenkunden.
Welche Möglichkeiten hat der stationäre Apotheker, die anfallenden Kartengebühren im Rahmen zu halten?
Unabhängig von der neue Gebührenregel können Apotheker nach wie vor für ihr Geschäft festlegen, ab welcher Umsatzhöhe sie EC- und Kreditkarten annehmen. Hier sind laut den Erfahrungen der Diskutanten aus dem LABOR 5 oder 10 Euro Mindestumsatz gängige Größen. Nach wie vor gibt es Apotheken, die ausschließlich EC-Karten annehmen, weil es für sie schlichtweg das kostengünstigere Zahlungsmittel ist. Allerdings erheben die Banken auch für den Umgang mit Bargeld bereits Gebühren.
Bleiben Apotheker mit der Forderung nach einem Mindestumsatz bei Kartenzahlung konkurrenzfähig?
Im Einzelhandelsgeschäft erfolgt das Zahlen mit Karte bereits überwiegend ganz ohne Mindestumsatz. Gerade bei Einkäufen von Produkten aus dem Freiwahl- und OTC-Segment könnte die Umsatzschranke Apothekenkunden im Zweifel verstärkt in Drogerien, Reformhäuser und Einzelhandelsgeschäfte treiben. Laut der gerade veröffentlichten Studie „Kartengestützte Zahlungssysteme im Einzelhandel 2018“ des Forschungs- und Bildungsinstituts für den Handel (EHI) wird das Zahlen mit Karte bei deutschen Konsumenten immer beliebter. Jeder zweite Euro wandert mittlerweile bargeldlos in die Kassen des Einzelhandels, der Wachstumstreiber ist dabei die EC-Karte.
Insgesamt wuchsen im Einzelhandel die kartengestützten Umsätze um 9,8 Milliarden Euro auf knapp 197 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anteil von 47 Prozent (Vorjahr 45,6 Prozent) am Gesamtumsatz der Einzelhandelsgeschäfte in Höhe von 420 Milliarden Euro. Der Umsatzanteil der EC-Karte wuchs um fast 10 Milliarden auf 110 Milliarden Euro, was mehr als die Hälfte der kartengestützten Umsätze ausmacht. Laut EHI-Studie soll das auch an der wachsenden Verbreitung des kontaktlosen Bezahlens liegen. Die kontaktlose EC-Karte wird aktuell bereits von mehr als der Hälfte (56,3 Prozent) der Händler akzeptiert. Im Vorjahr waren es erst 7 Prozent.