Apotheken in Deutschland haben es mitunter schwer, Approbierte zu finden. Vielerorts wird händeringend qualifiziertes Personal gesucht. Für Mitarbeiter, die der Offizin lange den Rücken gekehrt haben, scheint ein Wiedereinstieg dennoch schwer zu sein – trotz Finanzierungshilfen der Arbeitsagentur. „Das Potenzial wird von allen verkannt“, sagt Antje Lorek, Inhaberin der Apotheke im UKSH in Kiel.
Lorek schätzt, dass es zahlreiche Apothekerinnen zwischen 45 und 55 Jahre gibt, die nach langer Pause wieder in den Beruf zurück wollen, aber keine Stelle finden. Ende der 1980er Jahre habe es keine geregelte Kinderbetreuung gegeben, viele Approbierte seien gezwungen gewesen, lange zu Hause zu bleiben. Seit März arbeitet eine Apothekerin nach einer 20-jährigen Erziehungspause bei ihr. „Die jüngste Tochter ist 14, die Mutter möchte gerne wieder anfangen. Das sollte eigentlich bei der Arbeitsmarktlage kein Problem sein“, sagt Lorek. „Ist es aber.“
Bereits seit zwei Jahren suche die Apothekerin, die vor ihrer Auszeit drei Jahre hinter dem HV-Tisch gestanden habe, nach einer Stelle. Die Antworten hätten sie teilweise überrascht: Sie solle erst einmal die Rabattverträge auswendig lernen, schlug ein Inhaber vor; ein anderer habe gefragt, was sie eigentlich jetzt noch in der Apotheke wolle. „Dabei möchte sie mit voller Energie arbeiten“, sagt Lorek.
Dass nach 20 Jahren Auszeit eine Einarbeitung notwendig ist, stand auch für die neue Chefin fest: „Es ist soviel im Apothekenmarkt passiert – Rabattverträge, Hilfsmittelverträge – das lernt man nicht von heute auf morgen.“ Obwohl sie aktuell kein Personal braucht, wollte sie der Apothekerin eine Chance geben und beschloss, sie für ein sechsmonatiges Praktikum einzustellen, „mit der Auflage, dass es von jemand anderem bezahlt wird“.
Kammer und Verband fühlten sich nicht zuständig, sagt Lorek. Die Kammer habe auf den Verband verwiesen, dieser habe sich nach eigenen Aussagen noch keine Gedanken gemacht. „Somit wird einer Apothekerin, die arbeiten will, die Chance zum Wiedereinstieg verwehrt.“
Lorek wandte sich an die Arbeitsagentur. Dort gelten Arbeitnehmer, die mehr als die doppelte Ausbildungszeit nicht berufstätig waren, als berufsfremd. Für Fälle, in denen „eine Qualifizierung oder ein Einarbeitungszuschuss notwendig für die Integration ist“, zahlt die Agentur bei Bedarf. Arbeitgeber sollten das Gespräch mit dem zuständigen Jobcenter suchen, heißt es.
Höhe und Dauer hängen dabei vom jeweiligen Einarbeitungsbedarf ab, aber auch vom Alter und der Qualifikation des Arbeitnehmers. „Der Zuschuss wird individuell berechnet, je nachdem, wie lange der Wiedereinsteiger schon aus dem Beruf raus ist und um welche Tätigkeit es sich handelt“, so ein Sprecher der Arbeitsagentur.
Im Regelfall könne die Unterstützung über einen Zeitraum von sechs Monaten gezahlt werden, dabei könnten 30 bis 40 Prozent des Gehalts übernommen werden. In schwierigen Fällen werde sogar ein Jahr lang die Hälfte des Gehalts gezahlt, so der Sprecher. Bei befristeten Arbeitsverträgen wird allerdings höchstens die Hälfte der Kosten über die Hälfte der Zeit übernommen.
2014 erhielten lediglich 31 Apotheker und Pharmazeuten eine Förderung vom Jobcenter, inbegriffen sind dabei jegliche Maßnahmen – etwa auch Bewerbungstrainings.
Lorek hat eine Sonderregelung ausgehandelt: Die Arbeitsagentur übernimmt für drei Monate das komplette Gehalt – „ausnahmesweise, weil ich kein Personal suche“, sagt Lorek. Und weil die Wiedereinsteigerin vor einigen Jahren schwer erkrankt war.
Gezahlt werden soll das Approbiertengehalt nach Tarif. „Wir werden zusehen, dass wir sie in drei Monaten soweit einarbeiten, dass sie wieder vermittelbar ist“. Im ersten Monat werde sie in der Fortuna-Apotheke, der kleinsten der vier Apotheken von Lorek und ihrem Ehemann, arbeiten. Dort kämen zumeist Stammkunden, „die sind relativ geduldig“. Später solle sie in der UKSH-Apotheke „die komplizierten Sachen“ lernen und danach in einer hoch frequentierten Apotheke routinierter werden. Auch an einem Notdienst solle sie sich beteiligen. „Danach werden wir sehen, dass wir sie weiter vermitteln im Kollegenkreis.“
Lorek bildet regelmäßig aus. Jemanden einzuarbeiten, sei mühsam. Niemand wolle heute mehr ausbilden, sagt sie. „PTA-Praktikanten bekommen zu hören: 'Kommen Sie wieder, wenn Sie fertig sind.' Dabei bringt Ausbildung ganz viel Spaß, das bringt Wind in die Apotheke.“
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