Blutzuckermessgeräte

Fachhändler dürfen Apotheken nicht ausstechen Alexander Müller, 01.03.2018 12:39 Uhr

Berlin - 

Apotheker und Ärzte dürfen Geräte zur Blutzuckermessung nicht mehr kostenlos abgeben. Seit Inkrafttreten des Anti-Korruptionsgesetzes wird das besonders kritisch gesehen. Doch zumindest pochen die Gerichte auf faire Bedingungen: Das Oberlandesgericht Dresden (OLG) hat einem Fachhändler für Diabetesbedarf ebenfalls untersagt, die Geräte zu verschenken. Die klagende Wettbewerbszentrale war zuvor auch schon gegen eine Apotheke vorgegangen.

Das Fachgeschäft in Dresden hatte noch im Oktober 2016 im Schaufenster für das Angebot geworben: „Kostenlose Abgabe und Einweisung von Blutzuckermessgeräten. Wir beraten Sie gern!“ Die Kunden mussten nur etwaige Versandkosten tragen, auf die gesetzliche Zuzahlung wurde dagegen verzichtet. Zwischenzeitlich wurde die Praxis eingestellt, noch während des laufenden Prozesses aber wieder aufgenommen.

Die Wettbewerbszentrale sieht darin einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Zudem sei die Werbung irreführend, weil verschwiegen werde, dass der Kunde das Gerät am Ende über den Preis der Teststreifen doch bezahlt. Denn diese sind bekanntlich je nach Gerät unterschiedlich und damit das eigentliche Geschäft der Hersteller. Die Sache ging vor Gericht.

Das OLG Dresden bestätigte nun die Entscheidung des Landgerichts. Der Fachhändler verstoße gegen das Verbot von Werbegaben im HWG. Mit diesem Verbot soll verhindert werden, „dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werden“. Der Begriff der Werbegabe sei weit auszulegen: „Es genügt, wenn ein Empfänger die Zuwendung als unentgeltlich und damit als Geschenk ansieht.“

Ein Blutzuckermessgerät habe für Verbraucher ersichtlich einen erheblichen Wert. Für die Richter lag der Fall hier besonders klar, weil der Anbieter in seiner Werbung den Kaufpreis auch noch durchgestrichen hatte. Der Kunde müsse dadurch erst recht denken, er bekomme etwas geschenkt, für das man normalerweise bezahlen müsse. Würden Blutzuckermessgeräte immer kostenlos abgegeben, wie der Händler vortrug, wäre diese Form der Werbung nicht nur sinnlos, sondern auch irreführend. Zudem fänden sich im Angebot des Händlers auch Geräte, die nicht kostenlos seien.

Der Betreiber des Fachgeschäfts hatte noch auf die „Marktüblichkeit“ der kostenlosen Abgabe abgestellt. Diese „Gewöhnung des Verkehrs“ sahen die Richter nicht. Ein Verbraucher erwarte nicht, dass er sein Messgerät bei einem Händler geschenkt bekomme, selbst wenn dies in der Vergangenheit beim Arzt der Fall gewesen sei.

Schon im Dezember 2017 hatten die Richter den Händler darauf hingewiesen, dass man die Berufung gegen das Urteil der Vorinstanz zurückweisen werde, da diese „offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg“ habe. Da sich im weiteren schriftlichen Verfahren keine neuen Anhaltspunkte ergaben, entschied das OLG ohne mündliche Verhandlung.

Die Richter der Vorinstanz hatten noch festgestellt, dass es dem Anbieter vor allem um Kundenbindung gehe. Diese trete „nicht nur über die Wertschätzung für die kostenlose Abgabe der Blutzuckermessgeräte ein, sondern auch dadurch, dass ein Bezug von Blutzuckermessstreifen von anderen Händlern oder Apothekern, die die zum Messgerät passenden Teststreifen nicht in ihrem Portfolio haben, ausscheidet“, hieß es im Urteil des Landgerichts.

Der beklagte Fachhändler hatte im Verfahren noch versucht, die Abmahnung als rechtsmissbräuchlich abzuschmettern, da die Wettbewerbszentrale im Auftrag eines Apothekerverbands aktiv geworden sei. Und dieser gehe seinerseits nicht gegen eigene Mitglieder vor, sofern diese kostenlose Geräte abgäben. Doch das Gericht ging nicht darauf ein. Die Wettbewerbszentrale müsse sich das Verhalten des LAV nicht zurechnen lassen. Zudem hatte sich der Sächsische Apothekerverband (SAV) gegenüber seinen Mitgliedern im September 2016 tatsächlich gegen eine kostenlose Abgabe der Geräte ausgesprochen.

Die Wettbewerbszentrale hatte bereits im März 2017 vor dem Landgericht Bochum eine einstweilige Verfügung gegen eine Herner Apothekerin erwirkt, die für die kostenlose Abgabe eines Blutzuckermessgerätes geworben hatte

Dagegen sind entgegen früherer Befürchtungen bislang keine Fälle bekannt, bei denen sich Staatsanwälte für die kostenlose Abgabe von Blutzuckermessgeräten interessiert hätten. In Zusammenhang mit dem Anti-Korruptionsgesetz war die Frage aufgekommen, ob sich Apotheker und Ärzte gegen den neuen § 299a des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar machen, wenn sie sich ihrerseits die Geräte vom Hersteller schenken lassen.