Behördenwillkür

Existenzgefährdend: Bezirksamt sperrt Apothekenparkplätze über Nacht

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Berlin -

Behördenwillkur führt zur Schließung der Alten Apotheke in Hamburg-Wellingsbüttel: Mit dieser Befürchtung muss Inhaberin Marita Mosbach seit Monaten leben. Denn ohne für sie erkennbaren Grund hat das Bezirksamt Wandsbek die drei Parkplätze vor ihrer Apotheke abgeriegelt. Das bedrohe nun ihre wirtschaftliche Existenz, sagt sie. Doch sie setzt sich juristisch zur Wehr.

Keine Ankündigung, keine Bekanntmachung, sondern nur das Resultat bekam die Apothekerin im Dezember 2018 zu sehen: „Es war kurz vor Weihnachten, ich war bis abends halb zehn in der Apotheke, weil ich Schriftkram erledigt habe“, erzählt sie nach wie vor hörbar empört. „Und am nächsten Morgen rufen mich meine Leute an und sagen: ‚Frau Moselbach, hier ist alles zu!‘“ Das Bezirksamt hatte buchstäblich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die drei Parkplätze vor der Apotheke mit Metallbügeln abgeriegelt, die zwischen die Parkplätze auf dem Privatgrundstück und den Fußweg montiert wurden.

Zur Begründung hieß es, der Gehweg vor der Apotheke sei durch Kundenfahrzeuge beschädigt worden. „Es waren zwei Platten am Kantstein kaputtgefahren, aber nicht durch unsere Kunden, sondern durch DHL-Lieferwagen“, wendet die Pharmazeutin ein. Außerdem hätten ausparkende Fahrzeuge den Verkehr in der Straße behindert – auch von diesem Argument hält Moselbach nichts. „2016 soll es einmal einen kleineren Unfall durch ein ausparkendes Auto gegeben haben – das war das einzige Mal in den 60 Jahren, die es die Apotheke gibt!“ Denn eine Ampelschaltung von anderthalb Minuten ermögliche selbst weniger fähigen Fahrern ein ruhiges Ausparken.

Für die Inhaberin ist das Vorgehen der Behörde deshalb „Willkür und reine Schikane“, wie sie es ausdrückt. Dazu trage auch das Verhalten der Beamten bei. „Als ich mich beschwert habe, meinte einer in der Behörde zu mir, ich wolle wohl, dass die reichen Gattinnen mit ihren teuren SUVs kommen können, um eine Packung Aspirin zu kaufen – sowas muss man sich da sagen lassen!“

Da sie und Grundstückseigentümerin Ulrike Wahle mit netten und weniger netten Worten nicht weiterkamen, holten sie sich Beistand von einem Anwalt. Mit dem konnten sie einen Kompromiss erfechten, der an sich schon fast kurios ist: Das Bezirksamt stimmte zu, einen der drei Bügel zu entfernen – unter der Auflage, dass Eigentümerin Wahle eine Auffahrt baut. Das tat sie tatsächlich für 3100 Euro. Gebracht hat es wenig bis nichts. Auch wenn ein Parkplatz schlechter ist als drei, ist er immer noch besser als keiner. Dafür hat die Verkehrssicherheit nach Moselbachs Ansicht Schaden genommen: „Jetzt müssen sich die Leute beim Ausparken immer auf die beiden Metallbügel links und rechts konzentrieren und können entsprechend weniger auf den Straßenverkehr achten. Vier oder fünf Leute haben sich schon das Auto zerkratzt, seit die da stehen.“ Die Metallbügel sind also eine klassische Verschlimmbesserung.

Nur verschlimmert hat sich dagegen die wirtschaftliche Situation der Apotheke. Ungefähr zehn Kunden weniger habe sie am Tag, seit die Sperren aufgestellt wurden. „Ich merke es kundenmäßig. Die Autos, die parken wollen, kommen, schauen und fahren dann langsam vorbei – und wir sehen das von der Apotheke aus und kriegen die Krise!“ Für die sieben Mitarbeiter sei es eine existentielle Frage und auch die Grundstücksbesitzerin betont, sie habe ein natürliches Interesse daran, dass die Apotheke ein stabiler Betrieb bleibt. „Sie ist auch stinksauer über das Vorgehen der Behörden“, sagt Moselbach.

„Man fühlt sich sowas von hilflos als Bürger“, klagt die Apothekerin. Doch sie hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben und zeigt sich kämpferisch. Unter ihren Kunden hat sie über 400 Unterschriften für die Entfernung der Sperre gesammelt und den Streit mittlerweile vor das Verwaltungsgericht getragen. Deshalb äußert sich das Bezirksamt auch nicht öffentlich dazu. Selbst die Lokalpolitik hat sich schon mit den Apothekenparkplätzen befasst. Bereits im Mai hat die Bezirksversammlung einstimmig einem Antrag ihrer CDU-Fraktion zugestimmt, in dem die Entfernung der Sperren gefordert wird. Am Mittwoch will sich der Regionalausschuss dann nochmal des Themas annehmen.

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