Im Kampf um Kunden zählen Sonderangebote und OTC-Rabatte in den meisten Apotheken zum Standardprogramm. Doch das Wettbewerbsrecht ist voller Fallstricke. Zuletzt hat das Landgericht Frankfurt entschieden, dass ein Bezug auf die Lauer-Taxe unzulässig ist, wenn der Hersteller keine unverbindliche Preisempfehlung (UVP) ausgesprochen hat. Dr. Hans-Jürgen Ruhl von der Kanzlei Danckelmann und Kerst hat die Wettbewerbszentrale in dem Rechstsstreit gegen einen easy-Apotheker aus Frankfurt vertreten, der mit einem Apothekenverkaufspreis (AVP) geworben hatte. Mit APOTHEKE ADHOC sprach Ruhl über die Entscheidung der ersten Instanz, Eigenpreiswerbung und über Wahrheit und Klarheit.
ADHOC: Wieso dürfen Apotheken nicht mit einem AVP werben?
RUHL: Das haben die Richter so nicht gesagt. Aber im konkreten Fall war der Vergleich mit dem AVP eben irreführend. Der werbende Apotheker hatte den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass es sich bei dem AVP um eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers gehandelt habe. Diese Funktion kommt dem gesetzlichen Verkaufspreis gemäß Lauer-Taxe aber nicht zu.
ADHOC: Aber kann man nicht erwarten, dass die Krankenkasse einen realistischen Betrag bezahlt, der unterboten werden kann?
RUHL: Das mag sein, allerdings ist fraglich, ob die Kunden das so erwarten. Entscheidend ist immer die Verbrauchersicht. Hier wurde dem Kunden suggeriert, dass ihm ein besonders günstiges Angebot unterbreitet wird. Das haben die Richter in diesem Fall als irreführend angesehen.
ADHOC: Also sollten Apotheken sich besser nicht auf diesen „Erstattungspreis“ in der Lauer-Taxe berufen?
RUHL: Das würde ich so nicht sagen. Allerdings verlangt diese Art der Preiswerbung einen hohen Erklärungsaufwand. Für die rechtliche Bewertung reicht eine Gefahr der Irreführung aus und die Gerichte sind dabei eher rücksichtsvoll gegenüber dem Verbraucher und legen dem Werbenden die Pflicht zur Aufklärung auf. Wie die Gerichte in dem jeweiligen Einzelfall entscheiden, hängt vor allem von der inhaltlichen Ausgestaltung der Werbung ab. Diese sollte vor der Veröffentlichung sorgfältig geprüft werden.
ADHOC: Also muss eine Apotheke nur genau erklären, worauf sie sich bei ihrem Preis bezieht?
RUHL: Auch eine ausführliche und inhaltliche vollkommen korrekte Erklärung kann als irreführend gewertet werden, wenn ein durchschnittlicher Apothekenkunde mit dieser Erklärung nichts anfangen kann. Es gibt keine Zauberformel, keine unanfechtbare Formulierung, denn im Wettbewerbsrecht ist das immer Auslegungssache der Gerichte. Die Frage lautet: Wird dem Verbraucher ein Preisvorteil suggeriert, den er gar nicht oder so nicht hat?
ADHOC: Womit dürfen Apotheken überhaupt noch werben?
RUHL: Es gibt einen einfachen Grundsatz: Preiswerbung muss klar und wahr sein. Solange sich eine Apotheke daran hält, kann ihr aus rechtlicher Sicht nicht viel passieren. Eigenpreisvergleiche sind erlaubt – solange sie korrekt sind.
ADHOC: Und wann sind sie korrekt?
RUHL: Der alte Preis muss ernsthaft, über eine gewisse Dauer und unmittelbar vor der beworbenen Preissenkung verlangt worden sein. Der Rabatt darf wiederum nicht zu lange mit diesem Bezug beworben werden, sonst wird der Aktionspreis zum normalen Verkaufspreis. Als Richtschnur können hier vier bis zehn Wochen gelten. Starre Regeln gibt es aber nicht, auch keine eindeutige Rechtsprechung.
ADHOC: „Dauertiefpreise“ sind also nicht möglich?
RUHL: Solange sie klar und wahr sind, ist auch das möglich, etwa in Bezug auf eine echte unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers. Wenn eine Apotheke z. B. belegen kann, dass sie bei einem Produkt immer 20 Prozent günstiger ist als die Konkurrenz, darf sie auch damit werben. Für den Verbraucher müssen solche Vergleiche nur nachprüfbar sein. Allerdings ist diese aggressive Form der Preiswerbung gegen einen Konkurrenten unter Apotheken nicht sehr verbreitet.
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