„Es brennt“: Feueralarm zum Protest Laura Schulz, 20.04.2024 08:08 Uhr
Die Apotheken sehen rot. So lautet das Motto der aktuellen Kampagne der Abda, um auf den Notstand in den Apotheken hinzuweisen. Vielen Apothekerinnen und Apothekern geht das aber noch nicht weit genug. Zumal rote T-Shirts nur bedingt dazu taugen, auf die gravierend schlechte Lage hinzuweisen. Daher folgt in der Woche ab dem 29. April die ultimative Eskalation: „Es brennt.“ Höhepunkt wird eine Protestaktion am 1. Mai in Berlin Neukölln.
Ab dem 29. April sind die Apotheken angehalten, ihren Türgong entsprechend anzupassen. Betritt nun eine Kundin oder ein Kunde die Apotheke, löst das sofort einen Feueralarm aus. Damit soll laut Abda auf die alarmierende Situation in den Apotheken aufmerksam gemacht werden. Die bereits vor Ort befindliche Feuerwehr treibt die verunsichert zurückweichende Besucherschaft mit einem Wasserstrahl in die Apotheke hinein.
In der Offizin warten die Teams in ihren roten T-Shirts auf die nunmehr völlig verschreckten Gäste. Es folgt ein Hinweis auf die Umfrage zur Relevanz der Apotheken vor Ort, dazu gibt es auch noch ein besonderes Give-Away: einen Ein-Kilogramm-Feuerlöscher, damit die Kund:innen symbolisch helfen können, die Notlage zu beseitigen.
Die Feuerlöscher können gerne wie auch schon die T-Shirts zentral über die Avoxa beschafft werden, womit bei der Gelegenheit die Abda-Finanzen aufgebessert werden können. Allerdings müssen mindestens 100 Stück abgenommen werden. Immerhin: Im Baumarkt kostet ein solcher Feuerlöscher 14 Euro, für die Aktion konnte der Preis auf 10 Euro das Stück gedrückt werden. Im Hintergrund wird gerade noch nach einem Schlupfloch gesucht, das Ganze HWG-konform zu gestalten. Im allerschlimmsten Fall muss doch auf Schlüsselanhänger im Feuerlöscher-Look ausgewichen werden.
Protestmarsch am 1. Mai
Den Höhepunkt der neuen Aktion soll dann ein Protestmarsch am 1. Mai werden – diesmal auch vormittags. Die Apothekenteams sollen geschlossen durch Neukölln ziehen; wer will, kann Pyrotechnik mitbringen und ab 18 Uhr gemeinsam mit der einschlägig bekannten Szene weiterfeiern.
Auch bei der Feueralarm-Aktion haben so manche Inhaber:innen noch Bauchschmerzen. Schließlich habe auch das Flatterband im vergangenen Jahr an Eingangstüren und Schaufenster einige Kund:innen verwirrt. Es habe die einen oder anderen gegeben, die dachten, die Apotheke sei geschlossen oder eine Baustelle. Von einem Feueralarm in Panik versetzte und fliehende Kund:innen können die Vor-Ort-Apotheken nämlich gerade nicht gebrauchen.
Protest in Thüringen verhallt
Bisher wurde hingegen noch keine weitere Eskalation beschlossen – also in der Wirklichkeit. Stattdessen sollte in dieser Woche eigentlich in Erfurt protestiert werden. Aber in Ermangelung eines vorliegenden konkreten Entwurfs zur Apothekenreform wurde auch das wieder verworfen. Am sonstigen Protest am Mittwochnachmittag beteiligten sich sichtbar nur wenige der Apotheken in der Region. Und auch die kommende bundesweite Aktion ab dem 22. April sorgt bisher eher für Unverständnis. Welche Botschaft soll mit den unbedruckten roten T-Shirts gesendet werden? Und viel wichtiger: Kommt bei den Kund:innen überhaupt irgendeine Botschaft an?
Mit dem Referentenentwurf von Karl Lauterbach zur Apothekenreform ist nun tatsächlich nicht mehr in der kommenden Woche zu rechnen. Bei einer Pressekonferenz warf er dazu mal den 24. April ein, nun heißt es „vor der Sommerpause“. Aktuell liegt das Ganze dem Vernehmen nach im Hause von Christian Lindner. Es heißt als weiter abwarten und Rot tragen.
Bald weniger als 17.000 Apotheken, aber dafür CardLink
Oder klagen – so hat es zumindest die Freie Apothekerschaft gemacht und Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. In der kommenden Woche wurde zudem eine Pressekonferenz zum Thema einberufen. Damit passt diese Aktion als zusätzlicher Krawall-Moment ganz gut in die Abda-Protestwoche. Zeit zu handeln, ist es allemal: Auch im ersten Quartal dieses Jahres gaben wieder unzählige Apotheken auf. Seit Beginn des Jahres haben nach Angaben der Landesapothekerkammern bereits 141 Apotheken geschlossen. Das mal vier gerechnet, toppt noch einmal die 500 Apotheken weniger, die Ende 2023 in der Bilanz standen.
Dafür konnte immerhin eine Apotheke diese Woche Erfolg vermelden, diese sitzt allerdings abseits der etwa 17.400 deutschen Apotheken – hinter der Grenze zu den Niederlanden. Nachdem DocMorris in der vergangenen Woche grünes Licht von der Gematik bekommen hat, startete die CardLink-Funktion an diesem Mittwoch auch in der Versender-App. Die Apotheken sehen derweil Rot – in jeder Hinsicht. Hier wird es so schnell nicht weitergehen mit dem Anschluss an die neue Funktion. Positive Stimmen rechnen mit CardLink für die Vor-Ort-Apotheken im Mai, einige Branchenexperten aber eher mit Juni oder Juli. Währenddessen können sich Interessierte mit den neuen Funktionen der Kassen-Apps vertraut machen, die derzeit noch ihren eigenen Weg gehen. Oder sich die Zeit vertreiben und neue Teambekleidung raussuchen. Vielleicht mal was Neues, Verrücktes? Wie wäre es mit Rot?