Erträge fallen auf AMNOG-Niveau Alexander Müller, 08.05.2019 14:53 Uhr
Die Gewinne der Apotheker gehen gemessen am Umsatz weiter zurück. Nach heute präsentierten Zahlen des Deutschen Apothekerverbands (DAV) lag die Quote am Netto-Umsatz im vergangenen Jahr nur noch bei 6 Prozent. Der kontinuierliche Rückgang der Apothekenzahl führt derweil zu steigenden Umsätzen. Dabei wird das Rx-Geschäft immer wichtiger, weil inzwischen 17 Prozent der OTC-Umsätze von Versandapotheken erwirtschaftet werden. Für das laufende Jahr erwartet der DAV keine Verbesserung für die Apotheken.
Das Betriebsergebnis von 6 Prozent im Jahr 2018 liege „verdächtig nahe am Tiefstwert der AMNOG-Zeit von 5,9 Prozent“, sagte ABDA-Abteilungsleiter Dr. Eckart Bauer beim DAV-Wirtschaftsforum. 2013 war das Betriebsergebnis wieder auf 6,7 Prozent gestiegen, fällt seitdem aber kontinuierlich.
Unter dem Strich blieben einer Apotheke damit im vergangenen Jahr 143.885 Euro. Das ist zwar im Vergleich zu, Vorjahr (143.385) eine leichte Steigerung, kaufpreisbereinigt seien die Gewinne aber seit drei Jahren rückläufig, so Bauer. Die Personalkosten lägen zwar gemessen am Umsatz stabil bei 10,7 Prozent, diese Zahl sei aber irreführend. Denn der Umsatz einer durchschnittlichen Apotheke stieg 2018 – vor allem aufgrund hochpreisiger Arzneimittel – auf 2,381 Millionen Euro, bei den Gewinnen partizipieren die Apotheken aber nicht in diesem Maße. Und so hat sich der Personalkostenanteil am Betriebsergebnis auf zuletzt 45 Prozent erhöht. Zum Vergleich: 2003 waren es 37,5 Prozent.
Und dabei verteilen sich die Umsätze und Gewinne seit Jahren auf immer weniger Apotheken. „Wesentlicher Faktor für Gewinnsteigerungen sind die Marktaustritt anderer Marktteilnehmer“, so Bauer. Die Zahl der Apotheken ist laut DAV-Geschäftsführerin Claudia Korf im ersten Quartal 2019 weiter gesunken: von 19.423 zum Jahreswechsel auf 19.337 Ende März. Der Rückgang um 86 Betriebsstätten lag über dem Vorjahreszeitraum. „Das heißt: Wenn nichts passiert geht’s so weiter und zwar beschleunigt. Und deshalb muss etwas geschehen“, so Korf.
Der DAV beobachtet auch eine nachlassende Dynamik bei der Filialisierung. 2018 haben erstmals mehr Filialapotheken geschlossen als geöffnet (-17). Im ersten Quartal 2019 habe es zwar eine „leichte Belebung“ gegeben. Rückläufig seien aber schon seit zwei Jahren Apotheken mit nur einer Filiale. Größere Verbünde nehmen dagegen zu. Korf über die Filialisierungsstrategien der Apotheker: „Entweder du machst es alleine, oder du machst es richtig.“
Der DAV hat im vergangenen Jahr erneut eine deutlich stärkere Dynamik im Versandhandel beobachtet, vor allem bei OTC und Freiwahl. Nach Packungen lag der Marktanteil der Versender bei 13,6 Prozent, nach Umsatz sogar bei 17,7 Prozent (910 Millionen Euro). Dies entspreche einer Steigerung von 8,18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Rx-Geschäft liege nach wie vor bei 1 Prozent Versandanteil, bekanntlich könnten sich die Verhältnisse aber mit Einführung des E-Rezepts schnell verändern.
Zu den Schwierigkeiten, die Preisbindung mit dem von Spahn vorgelegten Apothekenstärkungsgesetz zu retten, hatte sich beim Wirtschaftsforum zuvor schon DAV-Chef Frist Becker geäußert. Korf fügte mit Blick auf die ebenfalls vorgesehene Vergütung neuer Dienstleistungen einige Forderungen der Apotheker hinzu: Zusätzliche Leistungen müssten von anderen Inhalten klar abgegrenzt werden und keinesfalls den Versandhandel zu stärken. „Wir bewegen uns hier in der Kohlenstoffwelt, mit Anfassen und so“, stellte Korf klar.
Weitere Bedingungen der ABDA: Jede qualifizierte Apotheke müsse teilnehmen können und weder Kasse noch Arzt müsse die Leistung veranlassen. Diese müssten zudem retaxsicher und bürokratiearm sein, das Honorar müsse dynamisiert werden. Die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) nannte Korf als ein Kernelement. „Das ist unsere Chance in diesem Jahr, die letzte auf absehbare Zeit, ein zweites Standbein aufzubauen“, so die ABDA-Geschäftsführerin. Die Apotheker sollten deshalb mutig einsteigen – etwa beim Thema Impfungen keine kleinen Einzelverträge mit der „BKK Löwensenf“ schließen, sondern mit den Kassen auf Landesebene verhandeln.
Korf lenkte die Aufmerksamkeit noch auf einen anderen Gesetzentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), das „Faire-Kassenwahl-Gesetz“. Es sei die größte Reform der gesetzlichen Krankenversicherung seit dem GSG aus dem Jahr 1993, als der Geist von Lahnstein beschworen und die freie Kassenwahl eingeführt wurde. „In der Gesamtschau ist das cool, was sich der Herr Spahn da traut“, kommentierte Korf trocken. Die Kassen befasse das naturgemäß enorm, in Verhandlungen könne man deren Vertreter womöglich mit dem Thema abholen.
Ein Vorhaben ist etwa, alle Kassen bundesweit zu öffnen. „Wenn das so käme, hätte das extreme Effekte auch auf uns“, so Korf. Denn wenn auf der anderen Seite fast nur noch bundesweite Träger seien, würde das auch die Strukturen innerhalb des DAV nachhaltig beeinflussen“, so Korf.