Künstliche Befruchtung

Kasse bezahlt Patientin statt Apotheke

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Berlin -

Arzneimittel zur künstlichen Befruchtung können in Apotheken schnell für Schwierigkeiten sorgen: Gegenüber den Krankenkassen darf nur die Hälfte der Kosten abgerechnet werden, den Rest müssen die Patienten zahlen. Doch selbst wenn die Kasse den gesamten Betrag übernimmt, kann es kompliziert werden, wie in einer Apotheke in Rheinland-Pfalz: Die Apotheke war in Vorleistung gegangen, die Kasse zahlte aber an die Patienten aus. Seitdem wartet der Apotheker auf sein Geld.

Im September des vergangenen Jahres gab Apotheker Rolf Jägers Arzneimittel zur künstlichen Befruchtung an eine Patientin ab. Sie ist bei der Knappschaft versichert, die als eine von wenigen Kassen die vollen Kosten übernimmt. Auf dem Rezept wird trotzdem – wie üblich – nur die Hälfte des Preises veranschlagt. Den zweiten Teil bezahlt entweder die Patientin und holt sich das Geld von ihrer Kasse zurück, oder sie unterschreibt in der Apotheke eine Abtretungserklärung.

Diesen Weg wählte die Patientin von Jägers. Er schickte die Erklärung mit den zusätzlichen Unterlagen an die Knappschaft und wartete. Vergeblich. Als er sich später nach dem Verbleib seines Geldes erkundigte, stellte sich heraus, dass die Knappschaft es direkt an die Patientin überwiesen hatte.

Jägers' Versuche, die rund 600 Euro von der Kasse oder der Patientin zurückzubekommen, verliefen bislang erfolglos. „Wir haben die Kundin schon zweimal angemahnt, aber sie hat das Einschreiben gar nicht angenommen“, berichtet der Apotheker. Nun hat er sich ein weiteres Mal an die Knappschaft gewandt, die Unterlagen erneut gefaxt und hofft auf ein Einsehen.

Zu dem Einzelfall kann sich die Knappschaft aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht äußern. „Allgemein können wir sagen, dass die Abtretungserklärung ein gutes und legitimes Mittel ist, unsere Versicherten finanziell zu entlasten“, so eine Sprecherin. In der Regel gebe es mit dem Verfahren keine Probleme. „Ganz im Gegenteil – es funktioniert sehr gut.“ Was im konkreten Fall schief gelaufen sei oder bei wem der Fehler liege, könne nicht beurteilt werden.

Im Sozialgesetzbuch (SGB V) regelt §27a die künstliche Befruchtung. Anspruch auf Leistungen haben nur Frauen zwischen 25 und 40 Jahren beziehungsweise Männer bis 50 Jahre. Vor Beginn der Therapie muss ein Behandlungsplan erstellt und von den Kassen genehmigt werden. Die Versicherung trägt dann 50 Prozent der Kosten. Das gilt sowohl für die ärztlichen Leistungen als auch die benötigten Medikamente.

Die Knappschaft übernimmt seit 2013 die gesamten Kosten für eine künstliche Befruchtung – nach eigenen Angaben als erste bundesweit tätige Kasse. Voraussetzung für die volle Erstattung ist, dass beide Ehepartner bei der Knappschaft versichert sind. Inzwischen übernehmen einige Kassen mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen 50 Prozent. Die vollen Kosten erstatten etwa die DAK-Gesundheit, die AOKen Bremen/Bremerhaven, Hessen, Rheinland/Hamburg und Rheinland-Pfalz/Saarland, die IKK Classic sowie verschiedene BKKen.

Damit Rezepte über Arzneimittel zur künstlichen Befruchtung in den Apotheken korrekt abgerechnet werden können, müssen Ärzte sie mit einem entsprechenden Hinweis auf §27a versehen. Übersieht eine Apotheke diesen Hinweis, bleibt sie auf den Kosten sitzen. Das hat zuletzt das Thüringer Landessozialgericht entschieden. In dem Fall hatte eine Pharmazieingenieurin den Hinweis übersehen und der Patientin nur 20 Euro Zuzahlung berechnet.

Die Richter erklärten, dass die Apotheke gegenüber der Kasse nur Anspruch auf die Zahlung der halben Kosten habe. Und über die Zuzahlung sei ein rechtskräftiger Kaufvertrag entstanden: 20 Euro für Arzneimittel im Wert von rund 500 Euro. Da die Patientin aber nicht wissen könne, wie viel die Arzneimittel tatsächlich kosteten, könne ihr nicht vorgeworfen werden, nicht nachgefragt zu haben.

Der Hinweis auf die künstliche Befruchtung wird in der Praxis immer wieder übersehen. Die betroffene Thüringer Apothekerin ärgert sich besonders darüber, dass die Software keine Warnmeldung ausgibt, wenn Arzneimittel der entsprechenden Warengruppe abgegeben werden.

Noch schwieriger ist es für Apotheken in Bremen und Hamburg: Der Arznei-Liefervertrag sieht vor, dass Apotheker nachfragen: „Deutet die Verordnung von Ovulationsauslösern auf eine entsprechende Behandlung hin, hat die Apotheke das Vorliegen einer entsprechenden Genehmigung zu erfragen“, heißt es wörtlich im Bremer Vertrag. Liegt eine Genehmigung vor, muss deren Nummer auf dem Rezept vermerkt werden. Andernfalls muss beim Arzt angerufen und geklärt werden, dass die Verordnung nichts mit einer künstlichen Befruchtung zu tun hat.

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