Die Versandapotheken warten sehnsüchtig auf die Einführung des E-Rezepts. Das gilt – Stand heute – vor allem für die ausländischen Anbieter, die ihre Kunden mit zusätzlich mit Rx-Boni locken können. Walter Oberhänsli, CEO der Schweizer Zur Rose, erklärte beim Kongress des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA), worauf es bei der Marktdurchdringung ankommt und warum sich kein Produkt besser für den Versandhandel eignet als das Arzneimittel.
Nachdem Morten Elbæk Petersen, CEO der Plattform sundhed.dk, den Kongress mit einem Vortrag über das dänische System der digitalen Gesundheitsversorgung eröffnet hatte, konnte Oberhänsli Markteinblicke geben. In der Schweiz gebe es das E-Rezept bereits seit 2002, allerdings sei die Einführung hier auch leichter gewesen, weil es kein explizites Verbot gegeben habe. Der Markt konnte sich langsam entwickeln.
In Deutschland hat sich die Politik mit Verzögerung aber jetzt sehr aktiv der Sache angenommen – zur Oberhänslis Freude. So eine Chance bekomme man als Unternehmer nur einmal im Leben, hatte unlängst geäußert. Der Zur Rose-Chef rechnet mit einer schnellen flächendeckenden Einführung des E-Rezepts in Deutschland. Der Hebel werde die Honorierung der Ärzte sein. „Wenn der Arzt eine andere Vergütung bekommt, weil er elektronisch rezeptiert, das ist der goldene Weg“, so Oberhänsli.
Goldene Zeiten sieht der Zur Rose-CEO ohnehin für den Arzneimittelversandhandel: „Es gibt kein Produkt, dass sich so gut für den Versand eignet wie das Arzneimittel“, sagte Oberhänsli. Die Packungen seien klein und zum Teil müsse sich der Patient das Produkt nicht einmal selbst aussuchen, weil der Arzt es verordnet habe. Während er nie verstanden habe, warum man sich Schuhe im Internet kaufen sollte, sieht er Arzneimittel als Marktsegment eher als vergleichbar mit Büchern an.
Was eine rasante Zunahme des Versandhandels für die Apotheken in Deutschland bedeuten könnte, dazu wurden beim BVDVA-Kongress gleich zu Beginn Zahlen präsentiert. Darunter die Hochrechnung der Marketingagentur Dr. Kaske, die anhand der jüngsten Entwicklungen und Annahmen zur Digitalisierung das Apothekensterben fortgeschrieben hat: „Mit dem E-Rezept erwarten wir eine deutliche Beschleunigung beim Rückgang der stationären Apotheken“, sagte Fabian Kaske. Nach der Studie könnte es Worst-Case-Szenario im Jahr 2030 nur noch 12.000 Apotheken geben.
Dr. Dominique Ziegelmayer, Geschäftsführer der DatamedIQ, rechnete vor, wie selbst die aktuelle Marktentwicklung im OTC-Geschäft den Apotheken vor Ort zusetzen kann. Denn bei einem Wachstum von 8 Prozent im Onlinehandel hätten die Versandapotheken bei den nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln schon im Jahr 2025 einen Marktanteil von über 20 Prozent. Bei DatamedIQ geht man sogar von durchschnittlichen Steigerungsraten von etwa 13 Prozent aus, was einem Marktanteil von über 30 Prozent in 2025 bedeuten würde.
Bei solchen Hochrechnungen sei allerdings kritisch zu hinterfragen, ob es irgendwann eine Marktsättigung gebe, so Ziegelmayer. Wie viel Prozent Marktanteil sind im Versandhandel mit Arzneimitteln möglich? Dazu lohnt sich dem Experten zufolge ein Blick in andere Branchen. Im CE/Elektro-Markt liege der Versandanteil bereits bei 31 Prozent – und die Umsätze seien zuletzt um 2 Prozent gestiegen. 30 Prozent Versandanteil im Non-Rx-Geschäft seien daher absolut möglich, konstatierte Ziegelmayer.
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